Als Frau in einem typischen Männerberuf

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Der Wilchingerin Tina Stoll gefällt an ihrer Arbeit vor allem der Umgang mit den Tieren. Bild: Lia Pescatore

Andere Kinder kuschelten mit Teddybären, Tina Stoll lieber mit ihren Lieblingskühen. Ihre Berufswahl ist deshalb klar familiär vorbelastet.

Von Lia Pescatore

Der Weg zum Bauernhof der Familie Stoll führt raus ins Grüne. Auf dem Hof in Wilchingen, nur einen Katzensprung von der deutschen Grenze entfernt, ist die heute 18-jährige Tina Stoll gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Lisa aufgewachsen. Wie sie später beim Gespräch am Esstisch des Elternhauses erklärt, war für sie schon als Zehnjährige klar, dass sie eines Tages den Hof übernehmen wolle.

Ein Händchen für Tiere

«Tina hatte schon immer eine spezielle Verbindung zu unseren Kühen», erzählt Mutter Virginia. «Sie hat sich gerne so nahe an ihre Lieblinge herangekuschelt, dass ich mir nicht vorstellen durfte, was passiert, wenn diese plötzlich aufstehen.» Lisa Stoll hingegen hantierte lieber mit den Maschinen. Die beiden würden sich bei der Arbeit super ergänzen, sagt die Mutter.

Doch zu einer gemeinsamen Hofübernahme wird es wohl nicht kommen. Lisa Stoll feierte schon 2008 nationale Erfolge als Alphornspielerin und ist auch heute noch viel unterwegs. «Viele fragen mich, ob ich neidisch auf meine Schwester sei», sagt Tina Stoll. «Dabei war ich von Beginn an immer sehr stolz auf sie.» Sie selber könnte sich nicht vorstellen, bis spät am Abend wegen Auftritten unterwegs zu sein. Dabei ist ihr Alltag nicht minder anstrengend. Die 52-Stunden-Woche lässt kaum Zeit für Freunde und Hobbys.

Allein unter Männern

Die Umstellung nach der Sekundarschule war ihr darum auch schwergefallen. Während andere am Samstag den freien Tag genossen, musste Tina Stoll arbeiten. «Mit der Lehre habe ich aber viele junge Landwirte aus der Region kennengelernt, die nichts anderes kennen.»

Ihr erstes Lehrjahr absolvierte sie in Bern. Den Schritt weg von zu Hause empfand sie als wichtig. «Es war sehr happig zu Beginn, aber ich konnte sehr viele Erfahrungen mitnehmen», fasst die 18-Jährige diese Zeit zusammen. Zurzeit ist sie die einzige Frau in ihrer Klasse. Da müsse sie sich eben den einen oder anderen blöden Spruch anhören. Aber im grossen Ganzen seien alle ganz nett.

Auch wenn Tina Stoll mit ihrer Berufswahl zufrieden ist, ist unsicher, wie lange der Hof finanziell bestehen kann. «Die Landwirtschaft ist sehr marktabhängig», sagt sie. Darum ist für sie eine Zweitausbildung als Absicherung nicht ausgeschlossen. Welche Option sie wählen wird, ist für sie aber noch nicht definitiv klar.

Zur Person

Alter: 18

Zivilstand: ledig

Wohnort: Wilchingen

Hobbys: Trompete spielen

Aktuelle Lektüre: «After»-Trilogie von Anna Todd

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