Die Welt atmet auf und wir gleich mit

Jurga Wüger | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare
Die kahlen Äste der Bäume, einst wie müde Arme dem Himmel entgegengestreckt, beginnen zu pulsieren. Bilder: zVg/Hans Widmer

Nach langen Tagen des bleichen Lichts kehrt die Sonne zurück und erweckt das Land. Am Ufer des Rheins bei Eschenz beginnt die Natur zu leben, die Bäume spüren die Wärme, das Wasser glitzert im goldenen Schein. Die Schatten tanzen, der Frühling ist nahe. Fotografiert von Hans Widmer aus Stein am Rhein.

Die Sonne kehrt zurück. Nach langen Tagen des bleichen Lichts, nach Wochen der Stille und des Rückzugs durchdringt ihr goldener Schein das wintermüde Land.

Die Welt atmet auf. An den Ufern des Rheins bei Eschenz, dort, wo die Klosterinsel Werd seit Jahrhunderten in zeitloser Gelassenheit ruht, regt sich das Leben. Die kahlen Äste der Bäume, einst wie müde Arme dem Himmel entgegen gestreckt, beginnen zu pulsieren, als könnten sie die Wärme bereits fühlen.

Dann kommt dieser Moment – eine Berührung der Wärme, ein leiser Windhauch der Veränderung – und wir wissen: Es ist Zeit.

Das Wasser funkelt, als ob es die Ankunft eines alten Freundes feiere. Die Schatten sind noch lang, doch sie tanzen schon, als ahnten sie den Frühling. Die Natur ist ein Gleichnis für unser eigenes Sein. Wir kennen die dunklen Tage, das Erstarrtsein, das Warten auf ein Licht, das endlich alles durchbricht.

Dann kommt dieser Moment – eine Berührung der Wärme, ein leiser Windhauch der Veränderung – und wir wissen: Es ist Zeit. Zeit aufzublühen. Die Wege, die wir für vergessen hielten, zeichnen sich wieder ab.

Ein alter Baumstamm am Ufer, von Wasser und Zeit gezeichnet, liegt dort als Zeugnis des Wandels.

Die Strukturen des Lebens, so lange verborgen, treten aus der Dämmerung und laden uns ein, sie zu beschreiten. Ein alter Baumstamm am Ufer, von Wasser und Zeit gezeichnet, liegt dort als Zeugnis des Wandels. Doch selbst er ist nicht tot – aus ihm wachsen neue Zweige, kleine Triebe, die den Mut haben, in den Himmel zu greifen.

Und so sitzen wir auf einer Bank, mit Blick auf das glitzernde Wasser, lassen die wärmenden Strahlen auf unsere Haut treffen und begreifen: Die Sonne war nie wirklich fort.

Das Leben endet nicht, es verwandelt sich. Und so sitzen wir auf einer Bank, mit Blick auf das glitzernde Wasser, lassen die wärmenden Strahlen auf unsere Haut treffen und begreifen: Die Sonne war nie wirklich fort. Sie war immer da – wir mussten nur lange genug ausharren, um sie wiederzusehen.

Die Pointe? Vielleicht, dass die Sonne nicht nur die Natur, sondern auch uns selbst erweckt. Vielleicht, dass jeder Frühling eine Einladung ist, unser eigenes Licht nicht zu vergessen. Oder vielleicht, dass das Leben selbst ein unaufhörliches Erwachen ist.

Das Wasser funkelt, als ob es die Ankunft eines alten Freundes feiere.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren