Kennen Sie das Bruttonationalglück?

Janosch Tröhler | 
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Was ist Glück? Ein nur schwer definierbares Gefühl. Bild: Ben White/unsplash.com

Seit 2013 begeht die Welt am 20. März den Internationalen Tag des Glücks. Es ist ein offizieller Tag der Vereinigten Nationen. Manch einer mag sich fragen, wozu es einen Weltglückstag gibt. Die Hintergründe machen nachdenklich.

«Don’t worry, be happy» – Es ist nicht immer so einfach, den Worten von Bobby McFerrin gerecht zu werden. Krieg, Hunger, Vertreibung und eine ungewisse Zukunft lasten auf der Welt. Wie kann man da glücklich sein?

Glück ist ein vielschichtiger Begriff. Wir alle definieren Glück individuell und abhängig von verschiedenen Faktoren. Es ist ein diffuses Gefühl, das wir nur schwer beschreiben können. Ein emotionales Mysterium.

Die Naturwissenschaft bezeichnet das Glücksgefühl als eine Mischung verschiedener Botenstoffe: Endorphine, Oxytocin, Dopamin und Serotonin. Unser Hirn schüttet diese Stoffe zu verschiedenen Gelegenheiten aus. Beim Essen, beim Sex oder dem Sport. Das klingt furchtbar unromantisch. Nüchtern betrachtet kippt sich das Hirn jeweils selbst eine Landung Drogen rein. Das macht die Sache aber auch nicht viel spannender.

Allerdings ist der heutige Weltglückstag nicht da um das Glücksgefühl durch neurowissenschaftliche Vorlesungen zu entmystifizieren. Hinter dem Feiertag der Vereinigten Nationen steht harte Politik und Wirtschaft.

Der Glücksbegriff fand erstmals in der Verfassung der USA politische Relevanz. Thomas Jefferson schrieb vom individuellen Freiheitsrecht des Pursuit of Happiness – dem Streben nach Glück.

Doch Jefferson ist nicht für den Weltglückstag verantwortlich. Wenn es überhaupt jemanden gibt, ist es Jigme Singye Wangchuck. Es war 1979, als der damalige König des kleinen Landes Bhutan im Himalaya-Massiv, das Bruttonationalglück in einem Interview erwähnte.

Bruttonationalglück? Richtig. Der König wollte das allgemein verwendete Bruttoinlandprodukt ersetzen. Mit dem neuartigen Index wollte Wangchuck zeigen, dass er sich einem Wirtschaftswachstum verpflichtet fühlt, das mit den buddhistischen Grundwerten vereinbar ist.

Damals war der Begriff noch eine strukturlose Worthülse. 2008 schrieb Bhutan das Bruttonationalglück aber in seine Verfassung, wohlwissend, dass es nur schwer messbar ist. Anhand von Befragungen wird seither das Bruttonationalglück ermittelt.

Auf das Drängen von Bhutan führte die UNO dann 2013 den Weltglückstag ein.

Mehr als Ökonomie

Zugegeben, das Konzept des Bruttonationalglücks klingt wie die Cannabis-umnebelte Idee einer Hippie-Kommune. Es lohnt sich aber, darüber etwas intensiver nachzudenken. Ist es richtig, die Leistung der Gesellschaft nur am ökonomischen Erfolg festzumachen? Oder gäbe es da noch andere, vielleicht soziale, kulturelle und ökologische Aspekte, die zu einem nachhaltigen Wachstum beitragen?

Einfacher gesagt: Was macht Sie persönlich glücklicher – eine Lohnerhöhung oder ein gemütliches Abendessen mit Freunden?

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon sagte zum ersten Weltglückstag: «Wir brauchen ein neues Paradigma für die Wirtschaft, welches die Gleichwertigkeit der drei Nachhaltigkeitssäulen beachtet. Wohlergehen in puncto Sozialem, Wirtschaft und Umwelt sind nicht voneinander zu trennen. Zusammen definieren sie das globale Brutto-Glück.»

Das Bruttonationalglück taugt vermutlich ebenso wenig wie das Bruttoinlandprodukt als Index mit dem Anspruch, die Komplexität einer Gesellschaft zu erfassen. Aber es ist eine spannende Alternative, die einen wenigstens ins Grübeln bringt: Ist unsere Leistungsgesellschaft wirklich das Ende der Weisheit?

 

Fünf Songs, die glücklich machen. Oder zumindest gute Laune.

 

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