Musik lindert Schmerzen

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Musik kann Schmerzen mindern. Symbolbild: Pixabay

Musik zur Behandlung von chronischen Schmerzen wurde bisher offenbar unterschätzt. Studien zeigen, dass die Klänge einen heilsamen Hormon-Cocktail im Körper freisetzen, der nicht nur das Wohlbefinden steigern, sondern auch Schmerzen lindern könne.

Mediziner auf der Jahrestagung der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) in Zell am See berichten von eine schmerzlindernde Wirkung von Musik.«Musik entspannt und verbessert die Stimmung», sagte Günther Bernatzky, Dozent an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg und Tagungs-Präsident. «Dabei werden auch eine ganze Reihe körpereigener Hormone aktiviert.» So sorgen schon ein paar Takte harmonischer Musik für die vermehrte Ausschüttung der Glückshormone Serotonin und Dopamin.

Diese Behandlung war schon in der Antike bekannt. So liess etwa König Saul gerne den Harfenspieler David zur Linderung seiner Schwermut herbeirufen. Auch in der griechischen Medizin setzten Ärzte Heilgesänge ein, um Leiden zu mildern. Was damals aus reiner Intuition geschah, lässt sich mittlerweile wissenschaftlich gut belegen: «Zwar wissen wir noch nicht genau, auf welchen Wegen Musik im Einzelnen wirksam wird, dennoch zeigen viele neue Studien, dass bereits das selektive Hören von bestimmter standardisierter Musik sowohl bei akuten als auch bei chronischen Schmerzen oder bei Stress eine deutliche Verbesserung bringt», erklärte Bernatzky.

50 Prozent Schmerzreduktion

Wie wirksam ein paar Takte Musik sein können, zeigte sich etwa in einer Studie mit 65 Patienten, die an schmerzhaften Wirbelsäulensyndromen litten. Alle wurden zwar mit den gleichen Medikamenten und einer standardisierten Physiotherapie behandelt, die Hälfte der Patienten bekam aber zusätzlich einen CD-Spieler und Kopfhörer ausgehändigt. Damit hörten sie täglich 25 Minuten Musik und eine vorangestellte Entspannungsanleitung.

Nach drei Wochen waren die Unterschiede signifikant: Während die Schmerzen in der Musik-Gruppe durchschnittlich um 50 Prozent reduziert werden konnten, war in der Kontrollgruppe ein Rückgang von nur zehn Prozent messbar. Ebenso hatte sich auch die Schlafqualität der Musikhörer deutlich stärker verbessert.

Eine andere Arbeit zeigte, dass bei Patienten, die am Tag vor sowie rund um eine Operation Musik und Entspannungsanleitung hörten, der Verbrauch von Schmerzmitteln um 54 Prozent und jener an Schlafmitteln um 63,6 Prozent sank. Dabei war das Wohlbefinden in der Musikgruppe signifikant grösser.

Lady Gaga wirkt stimmungsaufhellend

Welche Art von Musik diese heilsame Wirkung entfaltet, hängt zwar auch von individuellen Vorlieben ab - dennoch gibt es verallgemeinerbare Muster. Klassische Musik wirkt auf viele Menschen beruhigend, Rock und Pop hingegen haben einen anregenden Effekt und mildern die Wirkung der klassischen «Immunkiller» wie Stress oder Müdigkeit. Lady Gagas Single «Alejandro» oder der U2-Hit «Beautiful Day» haben eine stimmungsaufhellende und leistungssteigernde Wirkung.

Die wissenschaftliche Erklärung dafür liegt im Tempo der Lieder: «Normale Körperfunktionen laufen bei 72 Herzschlägen pro Minute ab. Bei einem Tempo von mehr als 72 Beats per Minute wirkt Musik aufputschend, bei weniger wirkt Musik dagegen beruhigend», erklärt Bernatzky. Der Schmerztherapeut hat deshalb eine Playlist zusammengestellt, die für Linderung sorgen soll. «Ein ein- bis zweimal tägliches Hören dieser standardisierten speziellen Musik fördert den Behandlungserfolg einer multifaktoriellen Schmerztherapie um bis zu mehr als 40 Prozent.»

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