Die Sonne hat sich verdunkelt

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Vulkanausbrüche weisen ein grosses zerstörerisches Potenzial auf. Bild: Key

Die Klimageschichte im Wandel – der gewaltige Vulkanausbruch im Jahr 1257 war doch nicht der Auslöser für die mittelalterliche Krise.

Die Eruption des Samalas-Vulkans in Indonesien im Jahr 1257 war einer der grössten Vulkanausbrüche der Neuzeit. Wahrscheinlich war sie jedoch nicht die Ursache für die weltweite sozioökonomische Krise Mitte des 13. Jahrhunderts, sondern hat nur bestehende Krisen verstärkt, wie Forschende der Universität Genf mit internationalen Kollegen berichten.

Der heftige Schwefelausstoss des indonesischen Vulkans bescherte Europa einen Kälteeinbruch und ein «Jahr des Nebels». Diese Eruption gilt als wahrscheinlicher Auslöser für die Hungersnöte und gesellschaftlichen Umwälzungen Mitte des 13. Jahrhunderts.

Ausbruch nicht alleinige Ursache

Das internationale Forscherteam um Markus Stoffel von der Universität Genf hat die klimatischen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Vulkanausbruchs nun erneut untersucht und schlussfolgert, dass der Vulkanausbruch nicht die alleinige Ursache für die historische Krise gewesen sein kann. Dabei stützten sich die Forschenden auf mehr als 200 mittelalterliche Schriftstücke sowie auf Klima-Rekon­struktionen anhand von Baumringen und Eisbohrkernen.

Auswirkungen von kurzer Dauer

«Es gibt in der Tat viele Hinweise auf extreme Wettereignisse nach dem Ausbruch, die schwerwiegende gesellschaftliche Folgen hatten», sagte Studienautor Sébastien Guillet. «Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass die klimatischen Bedingungen in Europa bereits 1259 wieder zur Normalität zurückkehrten.» Obwohl diese extremen Wettereignisse wahrscheinlich mit dem Vulkanausbruch in Zusammenhang stünden, hätten sie die soziale Krise vermutlich nur verstärkt, fügte Stoffel hinzu. Viele historische Texte zeigten, dass die Hungersnöte in England und Japan bereits mehrere Jahre vor dem Vulkanausbruch begannen. Das veranlasste die Forschenden dazu, die Auswirkungen der Eruption auf die Gesellschaft neu zu bewerten.

Mittelalterliche Schriftquellen verzeichneten eine Verdunkelung der Sonne, kalte Temperaturen, lang anhaltende Regenfälle und zunehmende Bewölkung in Europa im Jahr 1258. Die Schriftstücke sprachen von katastrophal geringen Ernteerträgen, sehr später Weinlese und Getreide, das «hart wie Stein» geerntet wurde.

Widerspruch zu Simulationen

Die Chronologien verzeichneten jedoch auch ein wärmeres Klima im darauffolgenden Jahr (1259) und eine Rückkehr zur Normalität während der vier Jahre nach dem Vulkanausbruch von 1257. Dies stehe im Widerspruch zu Modellrechnungen, die vorhersagen, dass die Anomalien bis 1264 angedauert hätten, schreibt die Uni Genf.

Die Forschenden weisen zudem dar­auf hin, dass der Temperatursturz durch die Samalas-Eruption ähnlich ausfiel wie bei späteren Vulkanausbrüchen in geringerem Ausmass. Die Eruption hätte bestehende Krisen verstärkt, sei aber nicht der Auslöser für die Hungersnöte gewesen, schlussfolgern die Forschenden.

Bei seinem Ausbruch förderte der Samalas-Vulkan mehr als 40 Kubikkilometer Magma zutage und spie Schätzungen zufolge eine Säule von 43 Kilometern Höhe. Der in Eisbohrkernen nachgewiesene Schwefeleintrag aus der Eruption war doppelt so hoch wie beim Ausbruch des ebenfalls indonesischen Tambora-Vulkans 1815, der im darauffolgenden Jahr auch in der Schweiz ungewöhnlich kalte Temperaturen auslöste – das «Jahr ohne Sommer». (sda)

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