«So etwas hat uns in Schaffhausen gefehlt»


Ein Singletreff 50+ im Hotel Promenade soll es älteren Menschen künftig erleichtern, einen Partner zu finden. Die SN waren beim zweiten Treffen dabei.
Ja, eine Dame habe er schon beim ersten Treffen etwas näher ins Auge gefasst: Werner Wirz aus Schaffhausen ist nicht verlegen, das zuzugeben. Gerade sitzt er in fröhlicher Runde an einem Tisch mit vier Damen. Ob die Auserwählte darunter ist, sagt er jedoch nicht. Seine Haare sind grau, er trägt zur Jeanshose eine Jeansjacke. Wirz ist hier, um eventuell wieder eine Partnerin zu finden. «Man wird sehen», sagt er, «erst muss man sich ja etwas besser kennenlernen.» Dafür wird er diesen Abend nutzen. Rund sechzig Frauen und Männer sind ins Hotel Promenade in Schaffhausen zum zweiten offiziellen Singletreff 50+ gekommen. Das Treffen wird jeden ersten Dienstag im Monat um 20 Uhr stattfinden. Ausserhalb der Innenstadt, ist genügend Diskretion garantiert. An den Empfangstresen links, und schon befindet man sich in der Lounge. Die flauschigen Sessel sind alle besetzt, allerdings sind mehr Damen als Männer da. Das tut der Stimmung keinen Abbruch. Es ist so laut, dass man nah an sein Gegenüber heranrücken muss, damit man etwas versteht.
Rund sechzig Frauen und Männer
Ein Herr in grauem Anzug läuft gut gelaunt umher und verteilt bedruckte Namensschilder zum Aufkleben. Er ist der Initiator des neuen Schaffhauser Singletreffs für ältere Menschen, Erich Heydecker. Der Stettener ist sehr zufrieden. Beim ersten Treffen seien es noch fünfzig Personen gewesen, heute seien ein paar wiedergekommen und noch einige mehr. «Das zeigt doch, dass ein Bedarf da ist», sagt Heydecker. Er selbst ist seit Längerem alleinstehender Pensionär und auf der Suche. Das Internet sei dafür keine Hilfe. Auf den gängigen Seiten sei die Generation 50+ nicht gefragt. Und wenn man eine Bekanntschaft im World Wide Web mache, dann sei das erste Treffen meist auch das letzte. Heydecker beschloss also, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Etwas Unterstützung hat er sich jedoch geholt: Zur Seite steht ihm die Plattform «Dianpawa», was für «Die andere Partnerwahl» steht. In deren Internetauftritt steht: «Wir sind unabhängig und somit keiner Organisation und keiner Glaubensgruppe angeschlossen. Wir verfolgen auch keine kommerziellen Interessen. Wir glauben ganz einfach an unseren – vielleicht übertragbaren – Idealismus.» Treffen und gemeinsame Ausflüge wie ins Theater oder zum Wandern gibt es danach in Romanshorn, St. Gallen, Frauenfeld und Wil. Wer zu einem Stamm kommt, wie die Treffen auch genannt werden, der zahlt zwar fünf Franken, aber damit werden allein die Werbung und der administrative Aufwand beglichen.
Gegründet hat die Plattform vor etwa sechs Jahren Reto Krebser. Auch er war damals auf der Suche nach einer Partnerin. Er ist heute auch im Hotel Promenade zugegen, um Heydecker zur Seite zu stehen. «Als ich damals angefangen habe mit den Treffen, kam die ersten drei Male niemand», erinnert sich Krebser. Das sei schon etwas deprimierend gewesen. Dann habe er gemerkt, wie wichtig Werbung sei: Er habe Anzeigen über die Zeitung geschaltet, und plötzlich seien die Leute gekommen. Und der Erfolg hält an, seine Idee breitet sich langsam aus. Nun gibt es auch in Schaffhausen einen Ableger. Krebser hat zwar mittlerweile wieder ein Partnerin, aber: «Ich mache trotzdem weiter, quasi aus Dank.»
Allerdings ist nicht jeder, der hier ist, auf der Suche nach einer Partnerin oder einem Partner. Manche wollen einfach auch nur Kontakte knüpfen. Eine Dame mit kurzen grauen Haaren sitzt an einem der Tische und unterhält sich rege. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen. «Ich wurde vor ein paar Jahren geschieden, und da ging auch der ganze Freundeskreis in die Brüche», sagt sie. Deshalb sei sie heute hier, um sich wieder Bekanntschaften aufzubauen, mit denen man auch einmal ins Kino könne. «Sonst gibt es ja immer nur was für die Jüngeren», sagt die 60-Jährige, «so etwas hat uns in Schaffhausen gefehlt.» Sie finde Heydeckers Idee daher spitze. Und ein bisschen glänzen ihre Augen dann doch, als einer der Herren im Vorbeigehen ihren Blick streift.
Lockere, entspannte Atmosphäre
Tatsächlich ist hier niemand aufdringlich, vielmehr herrscht eine lockere, entspannte Atmosphäre. Es liegt aber auch ein gewisses Flirren über den weichen Sesseln und den Barstühlen: Da werden neugierig die Hälse gereckt, wenn jemand Neues erscheint, und die eine oder andere Dame errötet leicht, wenn ein Herr sie anspricht. Was einmal mehr beweist: Schmetterlinge im Bauch haben eben kein Verfallsdatum.
Das finden auch zwei Herren, 67 und 59 Jahre alt, die sich gerade bei einem Glas Bier unterhalten. «Es sind schon deutlich mehr Frauen hier», stellt der eine fest. Der andere weiss eine mögliche Erklärung: «Ich glaube, wir Männer brauchen schon etwas länger, bevor wir über unseren Schatten springen.» Seine Frau sei vor zehn Jahren gestorben. «Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich mich wieder getraut habe, an eine solche Veranstaltung zu gehen.» Später wird er mit einer Dame in angeregter Unterhaltung an der Bar sitzen.