«Ich liebe den Berufsstolz der Schweizer»

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Emeli Sandé tritt am Samstag, 12. August, am «Stars in Town»-Festival auf. Bild: zvg

Die schottische Soulsängerin Emeli Sandé (30), die am 12. August am «Stars in Town» in Schaffhausen auftreten wird, spricht über die Reise zu ihren afrikanischen Wurzeln, die Verarbeitung ihrer Scheidung und ihren speziellen Look.

Von Reinhold Hönle

Emeli Sandé, seit wann können Sie unter Wasser atmen?

Emeli Sandé: Der Titel «Breathing Underwater» kam mir beim Schreiben des Songs plötzlich in den Sinn, weil ich merkte, dass ich in meine Ängste eintauchen, mich ihnen stellen muss, wenn ich sie überwinden will. Wenn du dann merkst, dass alles nicht so schlimm ist und du wieder glücklich sein kannst, ist das ein unheimlich befreiendes Gefühl – als ob du unter Wasser atmen könntest.

Was haben Sie aus den Höhen und Tiefen seit Ihrem Durchbruch mit «Heaven» gelernt?

Ich versuche jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt, am Boden zu bleiben, nie ex­trem nach links oder rechts auszuscheren, sondern meine Balance zu finden. Das war meine wichtigste Lektion.

Nennen Sie Ihre CD «Long Live the ­Angels», weil Sie in den letzten Jahren oft einen Schutzengel benötigten?

Ja, und diese Schutzengel waren die Leute in meinem Umfeld.

Wie schwierig ist es, die schmerzvolle Erfahrung einer Scheidung in ein Lied wie die aktuelle Single «Hurts» zu verwandeln und immer wieder zu singen?

Diesen Song in einer Zeit zu schreiben, in der die Gefühle stark waren, fiel mir leicht. Ihn nun live zu interpretieren, tut mir nicht weh – im Gegenteil, ich geniesse es sogar, weil er für mich als Künstlerin in verschiedener Hinsicht von Bedeutung ist und durch die künstlerische Verarbeitung eine andere Qualität bekommen hat.

Wie wichtig war es für Sie, dass Sie ­zuvor erstmals die Heimat Ihres Vaters besucht hatten?

Die Reise nach Sambia war für mich von grosser Bedeutung und hat in mir viel ausgelöst. Ich denke, ich musste sie machen, um mich komplett zu fühlen.

Welche Erfahrungen haben Sie dort ­gemacht?

Ich lernte viel über die Gemeinschaft. Ich beobachtete, wie sich die Teenager um die jüngeren Geschwister kümmerten und welche Rolle die Grossmütter in der Grossfamilie und im Dorf spielen. In Grossbritannien ist das verloren gegangen.

Welche musikalische Inspiration ­haben Sie verspürt?

Wenn abends gemeinsam a cappella gesungen wurde, fühlte ich mich durch diese rituelle Erfahrung den Wurzeln der Soulmusik, die letztlich in Afrika liegen, sehr nahe.

Unterstützen Sie dieses Dorf nun?

Ja, ich lasse neue Brunnen und Häuser bauen, finanziere einen Generator für die Elektrizität und einen Schulbus. Ich kann es kaum erwarten, wieder hinzufliegen und zu schauen, wie sich alles verändert hat. Vielleicht kann ich dort sogar einmal ein Konzert geben. Das wäre toll!

Welche Beziehung haben Sie zur Schweiz?

Ich war beeindruckt, wie schön alle Dinge aussahen und mit wie viel Liebe zum Detail jede Veranstaltung vorbereitet ist. Ich liebe diesen Berufsstolz, den die Schweizer haben müssen.

Sie haben schon Songs für Alicia Keys, Rihanna und Katy Perry geschrieben. Sind Sie ihnen schon begegnet, seitdem Sie selbst ein Star geworden sind?

Ja, ich habe sie getroffen. Es hat mich sehr gefreut, dass sie mir als Künstlerin und Songwriterin Respekt zollten, da sie noch immer eine Inspirationen für mich sind. Ausserdem war es hilfreich, von ihnen Ratschläge zu bekommen, wie man mit den Schattenseiten der Musikindustrie umgeht, da sie logischerweise viel mehr Erfahrung haben.

Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie vor Ihrer Auszeit so von der Musik besessen gewesen seien, dass Sie daneben kein anderes Leben mehr gehabt hätten. Wie ist es jetzt?

Ich habe versucht, neue Interessen zu entwickeln. Ich habe mich für die bildenden Künste begeistert und eine Menge über Mode gelernt. Im Moment mag ich die Fotografie. Ich könnte mir aber auch vorstellen, Drehbücher zu schreiben.

Wann haben Sie eigentlich Ihren ­speziellen Look entwickelt?

Ich habe immer gerne mit ­meinen Haaren experimentiert und Tattoos geliebt. Im Medizinstudium waren sie jedoch verpönt. Erst als ich nach London kam und mich voll auf die Musik konzentrierte, konnte ich meine kleine Rebellion leben. Die Frisur verdanke ich meiner Coiffeuse in Südlondon, die als Erste meine Haare blond färbte und sie in diese Form schnitt.

Welches ist Ihre neueste Tätowierung?

Da mir meine Eltern – anders als meiner Schwester – keinen sambischen Vornamen gegeben haben, liess ich mir nach meiner Reise den Namen meines Ururgrossvaters auf die Finger tätowieren – ein Symbol meiner Verbundenheit mit dem Dorf, in dem meine Cousins und meine Grossmutter bis heute leben.

Emeli Sandé: Medizinerin, Songwriterin und Sängerin

Emeli Sandé, die am 10. März 1987 als Adele Emily, Tochter eines sambischen Vaters und einer englischen Mutter, geboren wurde und in Schottland aufwuchs, studierte Medizin und schrieb zuerst Songs für etablierte Künstlerinnen, ehe sie 2011 ins Rampenlicht trat und mit ihrer Sopran-Soul-Stimme für Furore sorgte. Ihr Debütalbum «Our Version of Events» verkaufte sich fünf Millionen Mal und stand 80 Wochen in der Schweizer Hitparade. Dagegen scheiterte ihre Ehe, die sie kurz darauf mit ihrer Jugendliebe schloss, nach nur einem Jahr. Mit ihrer zweiten CD «Long Live the Angels» (Universal Music) tritt Sandé am 1. April in Zürich (Samsung Hall) und am 12. August in Schaffhausen (bei «Stars in Town») auf.

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