Hauptsache, es schmeckt: Wenn das Kind «zu dünn» ist

Ralph Denzel | 
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«Da müssen ein paar Kilo runter». Diesen Satz hört man nicht nur in Reality-Shows wie «Switzerland’s next Topmodel», sondern manche Eltern sicher auch bei einem Besuch beim Kinderarzt. Ja, es ist ein leidiges Thema, Kinder bewegen sich zu wenig, werden zu dick, sitzen zu viel, essen zu viel Süsses – das Übliche eben.

Ich habe genau das andere Problem: Mein Sohn sollte unbedingt ein paar Kilo zunehmen!

Sohnemann war schon immer eher auf der «dünnen» Seite. Seine Rippen kann man mühelos zählen, er hat den Körperfettanteil eines durchtrainierten Profisportlers. Dabei muss er sich nicht einmal anstrengen. Er rennt, tobt und bewegt sich viel zu gerne, um auch nur ein Gramm Fett anzusetzen. 

Klar, das ist einerseits gut – aber nur bis zu dem Punkt, an dem es nicht problematisch wird. Vor einigen Wochen machte ihm eine Lungenentzündung schwer zu schaffen. Die Folge: Appetitlosigkeit, total. Ein Kind, das ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hat, kann das sicher verkraften, aber für meinen Sohn, der ohnehin keine Reserven hatte, war das ein echtes Problem. Er kam ins Krankenhaus und musste künstlich ernährt werden. Jeder Bissen war damals ein Kampf, der mir im Herzen weh tat, aber so wichtig war, weil Junior sonst noch schwächer geworden wäre und die ganze Prozedur wahrscheinlich noch länger gedauert hätte. 

Ja, ich habe mich sogar auf Anraten der Ärzte, dass jede Kalorie helfen kann, in der absurden Situation ertappt, meinen Sohn anzuflehen, doch noch Schokolade zu essen.

Ich glaube, das ist ein Satz, den Eltern, wenn überhaupt, nur sehr selten zu ihren Kindern sagen: «Bitte, iss doch noch etwas Schokolade!»

Seit seiner Erkrankung steht mein Sohn nun unter «ärztlicher Beobachtung». Um klarzustellen: Gesundheitlich fehlt ihm nichts. Er hat keine Krankheit, keinen Defekt, keine Allergie – er isst nur sehr, sehr schlecht. 

Seine Kinderärztin will nun dringend, dass er zunimmt, auch damit er gesund bleibt. Eine Gratwanderung, denn Gemüse und Obst stehen, wenig überraschend, nicht ganz oben auf seinem Speiseplan. Mein Sohn ist eher ein Fan von Nudeln mit Sosse. Aber das kann man ihm auch nicht ständig geben, vor allem hat das nicht unbedingt die Kalorienzahl, die er braucht. So ist es also ein ständiges Abwägen zwischen «isst er am Ende des Tages genug» und «isst er am Ende des Tages gesund genug» – meist kann nur einer der beiden Punkte erfüllt werden.

Vielleicht werden jetzt einige sagen, ich sollte ihm mehr Süssigkeiten geben, damit er wenigstens Kalorien zu sich nimmt. Ich wünschte, ich könnte das. Mein Sohn isst genau eine Sorte Schokolade. Das ist alles. Keine Gummibärchen, keine Schokoriegel – seine einzige Sünde ist ab und zu eine Kaffeesahne-Schokolade. 

Ich glaube, dieses Kalorienzählen hätte mich früher oder später in den Wahnsinn getrieben, wenn ich nicht irgendwann gedacht hätte: Kein Kind verhungert freiwillig und Kinder holen sich die Energie, die sie am Ende des Tages brauchen. Zumindest hat mir das seine Hebamme gesagt, als er auf die Welt kam. 

Mit diesem Mantra versuche ich nun, meinen Sohn ein wenig aufzupäppeln – und blicke manchmal neidisch auf Eltern, deren Kinder ein paar Gramm zu viel auf den Rippen haben…

Hier schreibt Ralph:

 

39 | Alleinerziehender Papi | schreibt über die Alltagstücken als Alleinerziehender

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