Schaffhausen bleibt für Hauskäufer «hochattraktiv» – in diesen Gemeinden gibt es die günstigsten Eigenheime zu kaufen

Iris Fontana | 
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Kaufen wird vermehrt wieder günstiger als Mieten. Bild: ZVG

Das Thema Wohneigentum erhitzt dieser Tage wieder die Gemüter: Knapp, heiss begehrt und unbezahlbar seien die eigenen vier Wände geworden, wird moniert. Just dieser Tage veröffentlicht die Schaffhauser Kantonalbank ihren halbjährlichen Eigenheim-Index, der perfekte Moment also für ein Gespräch mit André Merz, Leiter Firmen & Immobilien der Bank: Er erklärt, was es braucht und warum es nicht nur ums Geld geht.

Was wohl alle Kaufwilligen am meisten interessiert: Ihrer persönlichen Meinung nach, soll man vom heutigen tiefen Hypothekarzins profitieren und Wohneigentum kaufen oder noch weiter zuwarten?

André Merz: Die Entscheidung, Wohneigentum zu erwerben, sollte nicht ausschliesslich vom Zinssatz abhängig gemacht werden. Klar, der Leitzins ist nun um ein Viertelprozent gesunken und viele erwarten dieses Jahr noch mindestens einen weiteren Zinsschritt der Schweizerischen Nationalbank. Allerdings können sinkende Zinsen dann auch wieder zu steigenden Preisen führen. Aus diesem Grund empfehle ich einen Kauf, wenn ein geeignetes Objekt gefunden und die Finanzierung gesichert ist. Rechnet der Käufer mit weiteren Zinssenkungen, kann dies ja im Rahmen der Finanzierung berücksichtigt werden, indem das Objekt ganz oder teilweise durch eine SARON-Hypothek finanziert wird.

Eine der aktuell grossen Fragen ist, ob sich heute eine junge Familie überhaupt noch eigenes Wohneigentum leisten kann. Wie präsentiert sich die Situation in Schaffhausen?

Merz: Wir haben in Schaffhausen im Vergleich zum Rest der Schweiz einen hochattraktiven Eigenheimmarkt für Käufer. Die Preise haben zwar auch bei uns in den letzten Jahrzehnten deutlich zugelegt, aber immer noch viel weniger stark als in anderen Kantonen (siehe Grafiken). Wenn es um den Kauf von Eigentum geht, sind die Voraussetzungen in Schaffhausen also sehr gut.

EigentumswohnungenEinfamilienhäuser

Aber es stimmt, auch in Schaffhausen liegt der Preis für ein durchschnittliches Wohneigentum zwischen 600’000 bis über 1,3 Mio. Franken (siehe nachfolgende Grafiken). Wenn mein Objekt eine Million Franken kostet, muss ich für den Kauf 200'000 Franken Eigenkapital aufbringen. Wenn vorhanden, kann ich dafür 100'000 Franken aus der Pensionskasse oder der Säule 3a nehmen. Ist dies geschafft, müssen aber auch die restlichen 800'000 Franken noch tragbar sein. Als Faustregel gilt dabei, dass die Aufwendungen fürs Wohneigentum nicht über einem Drittel des Bruttoeinkommens liegen sollten. In unserem Beispiel würde dies ein Jahreshaushaltseinkommen von etwa 180'000 Franken voraussetzen. Dies ist gerade für eine junge Familie fast unmöglich oder nur mit Hilfe von Familie, Erbvorbezug oder weiteren Unterstützungen erreichbar. Wenn keine Finanzierungshilfe von ausserhalb zur Verfügung steht und der Wunsch nach den eigenen vier Wänden sehr gross ist, rate ich, mit einem preisgünstigen Objekt einzusteigen. Eine Immobilie mit einem Kaufpreis von 700'000 Franken kann sich, zumindest auf dem Papier, über die Hälfte der Schaffhauser Bevölkerung leisten.

Preis Eigentumswohnungen

Preis Einfamilienhäuser

In welcher Gemeinde im Kanton besteht Ihrer Ansicht nach das beste Preis-Leistungsverhältnis für einen Kauf?

Merz: Auch hier rate ich, nicht nur auf die Immobilienpreise zu schauen, sondern vor allem die persönliche Lebenssituation für eine Entscheidung miteinzubeziehen. Was ist mir wichtig? Zentrumsnähe, guter ÖV-Anschluss, viel Platz, Natur, die Nähe zur Schule und Arbeit, Einkaufsmöglichkeiten oder ein tiefer Steuersatz? Dabei sollte jedoch nicht nur ein Faktor den Ausschlag geben: Der Steuersatz kann sich ändern, ein Schulhaus verlegt werden. In unserem Eigenheim-Index findet sich ein Preisvergleich einiger Gemeinden im Kanton sowie zu einigen Gemeinden in den Nachbarkantonen.

Preisvergleich Wohnung

Preisvergleich Haus

Die Leerstandsquote hat auch in Schaffhausen abgenommen und liegt heute gar unter dem Schweizer Durchschnitt. Was für Haustypen stehen heute noch leer und wo befinden sich diese?

Merz: Im Kanton stehen zurzeit rund 500 Wohneinheiten leer. Ein knappes Viertel davon steht zum Verkauf, Dreiviertel zur Vermietung. Darunter sind nur wenige Neubauten. Diese gehen – insbesondere, wenn sie vermietet werden – sehr gut weg. Am schwierigsten sind sanierungsbedürftige Liegenschaften zu vermitteln, ganz besonders dann, wenn die Rahmenbedingungen einer Sanierung unklar sind: Ist der Ersatz einer bestehenden Gasheizung überhaupt noch zulässig? Macht eine PV-Anlage Sinn? Welche Fördermittel stehen bereit, was kostet mich die ganze Sanierung und wie lange dauert diese? Konkret weist Siblingen mit einer Leerstandsquote von 5.4 Prozent den höchsten Wert auf, gefolgt von Wilchingen mit 3.85 Prozent und Schleitheim mit 3.5 Prozent.

Die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt in Schaffhausen das Angebot. Weshalb steigen die Preise für Wohneigentum nicht stärker an?

Merz: Die Anzahl Hausverkäufe ist sowohl regional als auch national in den letzten Monaten deutlich gesunken. Gleichzeitig ist der Mietsektor gewachsen. Ja, die Leerstandsquote ist tief, aber es ist in der jüngeren Vergangenheit auch viel Wohnraum geschaffen worden, wie beispielsweise mit der Stahlgiesserei, dem Breitipark und den RhyfallTower. Ausserdem sind die Wohnungen, die auf dem Mietermarkt angeboten werden, vielfach qualitativ hochwertig und die Mieten ziemlich wettbewerbsfähig, will heissen, weniger stark gestiegen als die Kosten für den Erwerb von Wohneigentum. Aus diesem Grund läuft die Vermietung von Neubauten auch überdurchschnittlich gut.

André Merz

Andre Merz

Der 44-jährige André Merz arbeitete in verschiedenen leitenden Positionen bei der Commerzbank in Deutschland, Hongkong und seit 2013 in der Schweiz, zuletzt als Managing Director der Zweigniederlassung der Commerzbank AG in Zürich. Er verfügt über einen Master of Science mit Vertiefungsrichtung Finance der Frankfurt School of Finance & Management, hat verschiedene Fach- und Führungsausbildungen absolviert und übt eine Lehrtätigkeit mit Schwerpunkt Kredit- und Firmenkundengeschäft aus. Seit 2021 ist er bei der Schaffhauser Kantonalbank als stellvertretender CEO für die Leitung des Bereichs Firmen & Immobilien verantwortlich. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Stetten.

Wird die Situation längerfristig so bleiben?

Merz: Das denke ich nicht. Die Situation kann sich sehr rasch wieder ändern. Die Zahlen des Kantons weisen beispielsweise für 2023 im Vergleich zum Vorjahr 90 Prozent weniger Baubewilligungen für Mietwohnungen aus. Auch wenn die Zahlen eine Stichtagsbetrachtung darstellen, wird diese Entwicklung meines Erachtens zu weiter steigenden Mieten für neu ausgeschriebene Wohnungen führen und damit auch dazu, dass das Thema Eigenheimfinanzierung wieder stärker in den Fokus rückt. Als Schaffhauser Kantonalbank spüren wir schon erste Anzeichen. So haben in den letzten Monaten – und verstärkt noch seit dem letzten Zinsentscheid im März – die Finanzierungsanfragen deutlich zugenommen: Kaufen wird vermehrt wieder günstiger als Mieten. Die Kombination aus sinkenden Zinsen, steigenden Mieten, einer hohen Zuwanderung und einer abnehmenden und durch Einsprachen und Auflagen verzögerten Bautätigkeit wird dann allerdings auch die Preise für Wohneigentum wieder ansteigen lassen.

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