80 Grad und mehr: Arbeiten, wo der Schweiss in Strömen fliesst

Iris Fontana | 
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Der Aufguss als Hauptattraktion eines Saunabesuchs. Bild: Iris Fontana

Haben Sie es im Ohr? Dieses unnachahmliche Zischgeräusch, wenn die Saunameisterin Wasser über die glühend heissen Steine giesst – Entspannung pur. Wir vom Zahltag brauchen auch einmal Erholung und haben uns darum an die Fersen von KSS-Saunameisterin Désirée Ruckstuhl geheftet. Sie gibt uns in unserer Serie «Jobwelten» Einblick in ihren Beruf. Schnell wird klar: Das Ganze ist viel mehr als nur ein bisschen Aufguss und Tuchwedelei. Eine heisse Reportage in der kalten Jahreszeit.

Es ist kurz vor 19 Uhr an einem Dienstagabend als mich Désirée Ruckstuhl, verantwortliche Saunameisterin der KSS, in ihrem Reich begrüsst. Unser Start fällt unverhofft frostig aus. Denn der Abend ist bitterkalt und wir müssen zuerst zum Salzen. Nicht fürs Peeling, sondern um den Ausstiegsbereich rund um das Becken des Aussenbads zu sichern. Dieser ist durch die Kälte zu einer Eisbahn mutiert. Ansonsten ist es ein wunderbarer Ort, an dem Désirée ihrem Job nachgeht: Der Schnee liegt märchenhaft über der Wellnesslandschaft, aus der Blockhaussauna strömt warmes Licht.

Desiree Ruckstuhl
Winterwonderland - an einem Winterabend mit Schnee präsentiert sich der Aussenbereich der KSS-Saunalandschaft märchenhaft. Bild: Iris Fontana


Nach dem Salzen starten wir einen Rundgang. Wir legen Kräuter nach, überprüfen, ob der Ruheraum aufgeräumt und die Früchteschale aufgefüllt werden müssen und checken die Musik in den Saunen. Als wir beim Dampfbad ankommen, hält Désirée inne – riecht es hier nicht nach verbranntem Gummi? Auch der Dampfausstoss im Raum ist überdurchschnittlich hoch. Die Vermutung: Flipflops auf dem Dampfofen. Via Funkgerät wird der Badmeister verständigt, der das Dampfbad nach einer Inspektion vorübergehend schliesst. Derweil setzen wir unseren Rundgang fort, der auch dem Zweck dient, das Wohlergehen der Besucher in den Saunen und Bädern zu überprüfen. «Das ist oft eine Gratwanderung», erklärt Désirée, «denn einerseits wollen wir die Gäste nicht stören und müssen doch sicherstellen, dass alles in Ordnung ist.»

Désirée Ruckstuhl

Desiree Ruckstuhl_Portrait

Die 42-jährige Désirée Ruckstuhl ist seit vier Jahren als Saunameisterin im KSS-Wellnesspark tätig und seit drei Jahren als Teamleiterin für Aufgüsse und Saunaevents verantwortlich. Ihren Job führt sie mit viel Leidenschaft aus. Sie geniesst es enorm, in die warm-kalte Welt der Düfte, Pflanzen, Peelings und Musik einzutauchen. Mit den Events frönt sie zudem ihrer Leidenschaft fürs Dekorieren. Neben ihrem Job bei der KSS arbeitet sie im Begleiteten Wohnen bei Pro Infirmis. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Schaffhausen.

Die Sauna-Community – man kennt sich

Nachdem wir in der Blockhaussauna zwei Holzscheite im Saunaofen nachgelegt haben, ist es bereits Zeit für den ersten Aufguss des Abends. Ein Schild kündigt diesen und den Namen der Saunameisterin an – nun schlägt Désirée den Gong. Für die meisten hier ist das jedoch alles nicht wichtig. Sie kennen die Zeiten, Abläufe und die Saunameisterinnen. Denn an den Abenden unter der Woche sind vor allem Stammgäste da – man kennt sich und ist per Du.

Aufguss als Hauptattraktion eines Saunabesuchs

Mit Fächer, Saunatuch, Handschuhen und der Aufgussmischung ausgerüstet, betreten wir die Sauna – und werden bereits von einer Schar erwartungsvoll blickenden Saunisten erwartet. Der Grossteil von ihnen sind Männer. Der Grund: Die KSS bietet jeden Donnerstag eine Damensauna an und diese wird von vielen Frauen bevorzugt.
Und dann geht’s los. Die Tür wird geschlossen, die Aromamischung mit einem Holzlöffel auf die glühend heissen Saunasteine geschöpft. Dadurch wird die Luftfeuchtigkeit in der Sauna erhöht und das Saunaerlebnis verstärkt. Der Dampf öffnet zudem die Atemwege, fördert die Durchblutung und unterstützt die Hautreinigung. Eine angenehme Wärme und Entspannung breiten sich aus. Mit zunehmender Hitze atmen die einen wohlig auf, während andere froh sind, als der Aufguss vorbei ist und sie die Sauna verlassen können.

Ausbildung in Deutschland

Désirée ist als Quereinsteigerin zu ihrer Arbeit gekommen. Da in der Schweiz kein eidgenössischer Fachausweis als Saunameisterin angeboten wird, absolvierte sie nach etwas Praxiserfahrung ihre Ausbildung im deutschen Bielefeld, wo sie die zertifizierte Ausbildung zur Saunameisterin erwarb. In der Ausbildung wird fundiertes Wissen über das Saunieren, dessen Wirken auf Körper, Geist und Gesundheit vermittelt. Natürlich gehört auch der Bereich «Erste Hilfe» dazu wie auch das Wissen über Düfte, deren Herstellung und Wirkung und natürlich die richtigen Wedeltechniken. Der Job ist also durchaus anspruchsvoll. Doch reich wird man nicht damit. Der Verdienst pro Stunde ist vergleichbar mit demjenigen in der Gastronomie, das Umfeld jedoch definitiv angenehm. Allerdings kann die sechsstündige Schicht körperlich sehr anstrengend werden, so ist es auch für die Aufgussmeisterin wichtig, sich nach dem Aufguss abzukühlen und kurz zu ruhen. Schwierig wird es eigentlich nur, wenn die Sauna sehr voll ist und die Stimmung stressig wird, die Sauna aus technischen Gründen nicht läuft oder wenn sich ein Gast auffällig verhält oder der schlimmste Fall, ein gesundheitlicher Notfall eintritt.

KSS-Saunalandschaft

Die KSS bietet im Winter viermal pro Woche Aufgüsse an: Dienstag- und Donnerstagabend sowie Samstag- und Sonntagnachmittag. An den Abenden unter der Woche gibt es drei Aufgüsse, einer pro Stunde, der erste davon startet um 19.15 Uhr. Neben der Finnischen Sauna, in der der Aufguss stattfindet, umfasst der Wellnessbereich ein Sanarium, die Blockhaussauna mit einer Temperatur von 91 Grad, ein Dampfbad mit Lichttherapie, Kneippbecken, eine Fasssauna, die jedoch unter der Woche aus Energiespargründen abgeschaltet ist, und einen Badeteich sowie ein Tauchbecken. Ein Ruheraum mit Leseecke, eine Liegeterrasse, ein Klang- und Lichtraum sowie eine Erlebnisdusche bieten Erholung nach oder zwischen dem Saunieren. Und wer sich etwas bewegen und seinen Körper spüren mag, kann den Barfussweg absolvieren. Mehrmals pro Jahr finden Mitternachtssaunen statt mit auf das jeweilige Thema abgestimmten Aufgüssen und kulinarischen Köstlichkeiten.

Saunatipps

Dem vorzubeugen ist auch eine Aufgabe von Désirée. Es geht darum, die Gäste gut zu beraten. So empfiehlt die Expertin beispielsweise nach dem Saunabad in steter Bewegung die Lungen an der frischen Luft abzukühlen und anschliessend einen Kneippguss zu machen. Geübte Gäste schätzen dabei das Bad im naturnahen Kaltwasserteich. Um die Blutgefässe richtig zu trainieren, lohnt sich zudem ein abschliessendes Fussbad und eine darauffolgende, viertelstündige Ruhezeit. Geduscht wird übrigens immer mit Seife vor dem ersten Saunagang. Nach dem Saunagang sollte man sich nur noch kalt oder warm abduschen. Ebenso zum Schluss. Seife sollte vermieden werden, da das Saunieren den Hautschutzfilm wiederaufbaut.

Saunaaufguss
Wohlfühlen, entspannen, zur Ruhe kommen. Bild: Iris Fontana


Laut Désirée ist es das Hauptziel einer Saunameisterin, dass der Gast sich wohlfühlt, entspannen und zur Ruhe kommen kann. «Das beginnt bei der Ausstrahlung der Saunameisterin, dem gedimmten Licht, der Wärme in der Sauna und den aromatischen Düften des Aufgusses.» Auch Sauberkeit ist wichtig. Einmal pro Schicht reinigt Désirée deshalb mit speziellen Lumpen die Garderobe von Schmutz und Haaren am Boden.

Peeling – ein Wohlgenuss für die Haut

Und schon wieder ist es Zeit, den nächsten Aufguss vorzubereiten. Diesmal steht das Peeling an. Désirée hat eine Leidenschaft für Aromen und versucht, wenn immer möglich, die Peelings selbst herzustellen. Das Peeling soll die Haut von abgestorbenen Hautzellen befreien und die Durchblutung fördern. Ausserdem wird eine glattere, revitalisierte Haut begünstigt, der Teint verfeinert und die Aufnahme von Pflegeprodukten verbessert.

Peeling
Peeling - Rundumservice für die Haut. Bild: Iris Fontana


Neben den Düften liegt Désirée auch die Musik am Herzen, die bei zwei von drei Aufgüssen abgespielt wird. Sie versucht, wenn immer möglich auf die gerade anwesende Gruppe sowie die Art des Aufgusses – entspannend, anregend, erfrischend – einzugehen und eine passende Musik zu finden. Das ist gar nicht so leicht, denn das Stück muss rund neun Minuten lang sein.
Beim Peelingdurchgang wird zweimal aufgegossen, bevor alle die Sauna verlassen und an der frischen Luft das Peeling auftragen können. Danach geht’s nochmals rein in die Wärme und es folgen zwei weitere Durchgänge.

Beruhigender Ausklang

Ein weiterer Rundgang durch die Anlage steht an, bevor die Vorbereitung für den letzten Aufguss beginnt. Dieser soll am Ende des Abends beruhigend ausfallen – die Chefin wählt aus einer langen Liste im Aromaheft Ginko Salbei. Und ja, die Wirkung ist definitiv spürbar.

Sauna als Regenerierung

Nach dem letzten Aufguss geht es nun ans Aufräumen. Désirées Schicht ist bald zu Ende. Gut, denn wirklich Pause hat sie an solchen Abenden nie. Als kleiner Dank übernehme ich den letzten Check. Alles gut und ruhig, die meisten Gäste sind bereits auf dem Heimweg oder begeben sich nach dem letzten Aufguss in die Garderobe. Nur im Ruheraum ist es mittlerweile nicht mehr so ruhig, vielmehr wird engagiert über Neuigkeiten aus den «Schaffhauser Nachrichten» diskutiert. Es scheint ganz so, als dass Saunieren nicht nur beruhigen, sondern auch neue Kräfte und Kreativität mobilisieren kann.

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