Vorwärtsschauen statt mit dem Rückspiegel arbeiten

Beat Rechsteiner | 
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Erfolgversprechende Strategieentwicklung ist kein Sonntagsspaziergang. Bild: Pixabay.com

Strategiearbeit wird bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen vernachlässigt – nicht wenige halten sie für unnütze Beschäftigung im Elfenbeinturm, andere produzieren statt greif- und umsetzbaren Strategien die klassischen Papiertiger. Wir vom Wirtschaftsnewsletter Zahltag versuchen, mit ein paar Dos und Don’ts den Einstieg in eine zukunftsgerichtete Strategiearbeit zu vereinfachen.

Die Schweiz ist ein Land der kleinen und mittleren Unternehmen. Gemäss dem Bundesamt für Statistik arbeiteten 2020 von rund 4,5 Millionen Beschäftigten in der Schweiz nur ein Drittel bei Grossunternehmen und fast die Hälfte bei kleinen (zehn bis 49 Mitarbeitende) oder sogar sehr kleinen Firmen (weniger als zehn Mitarbeitende). Wir sind also so etwas wie die KMU-Champions!

Grund zur Freude? Irgendwie ja, denn die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind ein stabiles Fundament unserer Wirtschaft. Andererseits: In Sachen Strategiearbeit sind KMU alles andere als Champions.

Eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz und des Strategylab mit über 1800 Teilnehmern (vorgestellt 2021) befasst sich mit der Strategieentwicklung von Schweizer Unternehmen im digitalen Zeitalter. Die wichtigsten Erkenntnisse mit Blick auf KMU:

  • 24% der teilnehmenden Unternehmen führen nie eine Marktanalyse durch, 24% alle zwei bis drei Jahre oder seltener.
  • Die Hälfte weist keine digitale Strategie auf.
  • 69% betrachten ihre Unternehmensstrategie als flexibel. 
  • 56% sind mit ihrem Digitalisierungsfortschritt zufrieden.
  • Ein Drittel der KMU sehen sich durch Konkurrenten mit digitalen Strategien bedroht.
     

Konzentration auf die Vergangenheit

Prof. Dr. Thomas Zellweger, der an der Universität St. Gallen das Institut für Klein- und Mittelunternehmen leitet und sich intensiv mit strategischem Management befasst, sagte jüngst in einem Interview mit dem Magazin «Schaffhauser Wirtschaft»: «Zu viele Unternehmen arbeiten mit dem Rückspiegel: Sie bezeichnen das als ihre Strategie, was in der Vergangenheit Erfolge mit sich gebracht hat. Das ist gewissermassen eine nachträgliche Strategieformulierung.» Dabei sollte Strategiearbeit in erster Linie ein zukunftsgerichteter Lernprozess sein, bei dem man sich laufend hinterfragt und das Marktumfeld und die eigenen Antworten darauf analysiert.

Auf die Frage, warum KMU die Strategiearbeit häufig vernachlässigen, hat Thomas Zellweger ebenfalls eine Antwort: «Es fehlt an Ressourcen. Es mangelt an Management-Know-how und an Geld, um einen aufwendigen Strategieprozess durchzuführen.»

Das ist aber nicht die ganze Wahrheit. Die Strategieschwäche hat auch strukturelle Gründe. Laut Thomas Zellweger haben viele Unternehmer umfassende Entscheidungsbefugnisse und geniessen in der Unternehmensführung eine hohe Flexibilität. Strategien würden in diesem Zusammenhang zu einem Autoritätsverlust führen: «Plötzlich muss sich der Unternehmer festlegen, es wird ihm Verbindlichkeit abverlangt, was nicht selten seinem Naturell zuwiderläuft.»

 

Prof. Dr. Thomas Zelllweger. Bild: profifoto.ch/Mike Kessler

Den Königsweg gibt es nicht

Soweit also die Ausgangslage. Doch was schafft Abhilfe? Vorneweg: Einen einfachen Königsweg zur richtigen Strategie gibt es nicht. Wir haben aber gemeinsam mit Thomas Zellweger versucht, mit einigen wenigen Dos und Don’ts Eckpunkte für eine erfolgversprechende Strategieentwicklung zu definieren. Natürlich nimmt einem das die Arbeit nicht ab: Jeder Strategiefindungsprozess ist aufwendig und intensiv. Aber immerhin können die Eckpunkte den Einstieg erleichtern.

Dos

  • Strategiearbeit nicht vom Tagesgeschäft trennen.
  • Der Startpunkt in eine gute Strategiearbeit ist folgende Frage: Wie werden sich unser Markt und unsere Produktlandschaft entwickeln? Die daraus entwickelten Annahmen explizit ausformulieren und diese dann an der Realität überprüfen und aus den Antworten lernen.
  • In der Erarbeitung auf einige Tools aus der Betriebswirtschaftslehre setzen wie SWOT-Analysen, Deckungsbeitragsrechnungen, Kundenattraktivitäts- und Trendanalysen.
  • Es braucht zwingend ein Controlling, eine Messung des Strategieerfolgs bzw. -misserfolgs.
     

Don’ts

  • Keine Nabelschau betreiben: Offen sein für andere Meinungen, Ideen und Einflüsse.
  • Keine Papiertiger produzieren: Strategien müssen mit konkreten Plänen, Projekten und Massnahmen verbunden sein.
  • Strategien nicht in Stein meisseln, sondern auf Lernprozesse ausrichten: Annahmen treffen, Rückmeldungen aus dem Markt einholen, pragmatische Anpassungen vornehmen.
  • Die Kommunikation nicht vergessen: Im Unternehmen müssen alle wissen, wie die wichtigsten strategischen Grundsätze aussehen und wohin man steuert.
     

Wir vom Wirtschaftsnewsletter Zahltag wünschen viel Erfolg!

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