Wie die Trumpschen Zölle Schaffhauser Firmen belasten

Trump hat für Freund und Feind weitreichende Zölle auf Stahl und Aluminium angekündigt. Die Handelshemmnisse aus Washington ziehen auch Unternehmen in der Region in Mitleidenschaft.
Wäre der Welthandel ein Blutkreislauf, so könnte ein gerade hinzutretender Doktor eine Arteriosklerose diagnostizieren: Die Bahnen verstopfen, der Fluss gerät ins Stocken, Herz und Lunge mögen sich auf einmal nicht mehr und wollen sich vor allem auf sich selbst besinnen. Der neue amerikanische Präsident scheint von dieser Diagnose freilich nicht viel zu halten und die Symptome eher noch fördern zu wollen.
Für März hat er einen Zoll von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium angekündigt – einerlei, woher die beiden Schlüsselwerkstoffe kommen. Die Europäische Union müsse sich zudem auf zusätzliche Zölle gefasst machen; ob er auch die Schweiz ins Visier nehmen will (die mit den USA eine ausgeglichene Handelsbilanz hat), liess er offen.
Die Preise steigen
Die an den Merkantilismus erinnernde Handelspolitik hat auch Auswirkungen auf Firmen in der Region. Ferroflex betreibt vier Produktionen, welche rostfreien Stahl und Massenstahl weiterverarbeiten. «Selbstverständlich bringen solche Zölle für alle diese Werkstoffe Aufwärtstendenzen im Preis mit sich», sagt Thomas Busenhart, CEO von Ferroflex.
«Die Periode des weltweiten Freihandels und der möglichst offenen Märkte ist infrage gestellt.»
Betroffen seien auch Produkte in den eigenen Shops, welche als Grundmaterial einen hohen Stahlanteil haben. «Beispielsweise das ganze Sortiment in der Befestigungstechnik.» Indirekt spüre man zudem die Schwäche des Nachbars im Norden, der durch Zollankündigungen nicht wiederaufgerichtet werde.
Busenhart bekundet ein «grosses Unverständnis über die Art und Weise, wie Präsident Trump agiert». Immerhin habe man in der Pandemie und während des Ukraine-Kriegs, der den Stahlsektor ebenfalls stark getroffen habe, mit Ausnahmesituationen reichlich Erfahrung sammeln können oder müssen. Um auf das veränderte und unsicher gewordene Umfeld zu reagieren, wolle man nun operative Anpassungen ins Auge fassen. Wie diese aussehen, führte Busenhart nicht aus.
Auch GF ist betroffen
Georg Fischer kann auf Anfrage noch nicht abschätzen, inwieweit namentlich die eigenen Gussprodukte von den Handelshemmnissen betroffen sein werden. «Wir sind daran, die detaillierten Auswirkungen zu eruieren», schreibt Mediensprecher Beat Römer. Wahrscheinlich werde «ein tiefer bis mittlerer einstelliger Prozentsatz» des eigenen Umsatzes unter den bekannt gewordenen Zöllen aus Washington leiden.
Der überschaubare Schaden sei auch einer Verstärkung der eigenen Aktivität in Amerika zu verdanken. «GF Piping Systems, GF Building Flow Solutions und GF Casting Solutions produzieren bereits heute mit verschiedenen Betrieben vor Ort oder planen dies.» Eine Auswirkung auf Arbeitsplätze in Schaffhausen sei derzeit, so Römer, nicht zu befürchten.
Die Not macht flexibel
Phoenix Mecano geht davon aus, dass vor allem eine von drei Sparten unter Druck gerät. Diese produziert Komponenten für elektrisch verstellbare Komfortmöbel sowie für Spital- und Pflegebetten und werde die Trumpschen Eskapaden am stärksten zu spüren bekommen, so Firmensprecher Philipp Eberhard. Dabei sei man den Entwicklungen nicht einfach ausgeliefert, sondern könne Teile der Produktion auf Kundenwunsch an andere Standorte verlagern – beispielsweise nach Vietnam oder Ungarn.
Derzeit seien alle relevanten Konkurrenten in der Möbelbranche in China verankert. «Deshalb erhält keiner durch die Zölle einen Wettbewerbsnachteil.» Anders ausgedrückt: Alle werden gleichermassen benachteiligt. Allerdings würden die Endkunden im Hauptmarkt USA höhere Preise für die von Phoenix Mecano ausgerüsteten Möbel bezahlen müssen. «Das hat einen dämpfenden Effekt auf die Nachfrage.»
Neue Handels-Ära
Christoph Schärrer, Delegierter für Wirtschaftsförderung im Kanton Schaffhausen, blickt aus der Vogelperspektive auf die jüngsten Entwicklungen. «Die Periode des weltweiten Freihandels und der möglichst offenen Märkte ist durch das Powerplay in Washington infrage gestellt.» Für kleine und global vernetzte Länder wie die Schweiz seien Hemmnisse und Unsicherheiten in Bezug auf den Aussenhandel besonders schmerzlich.
Die meisten Unternehmen könnten bei Exportschwierigkeiten nicht einfach auf den Binnenmarkt ausweichen. «Vielfach sind Kunden im Land auch wieder Exportunternehmen.» Zur Einordnung: Exporte von Waren und Dienstleistungen machen hierzulande etwa 65 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus, in Deutschland belaufen sie sich (je nach Berechnung) auf rund 50 Prozent, in den USA sind es nur gut 10 Prozent.
Powerplay der Grossen
Auch auf die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer blickt Schärrer kritisch. Mit einer gleichen Besteuerung für grössere internationale Unternehmen sollte eigentlich ein ebenes Spielfeld für alle geschaffen werden. Trump will das globale Abkommen nun aber nicht achten. Schärrer: «Die Besteuerung sollte fairer und transparenter werden, momentan ist jedoch das Gegenteil der Fall. Sie ist weder fair noch transparent.»
Wie bei der Handelspolitik setze die USA einfach die eigenen Interessen durch. Da nütze es wenig, sich vorbildlich an die Spielregeln zu halten, die nach Gutdünken der Grossen – auch der EU – manipuliert oder ausser Kraft gesetzt werden.
Eröffnen sich durch den neuen Präsidenten womöglich auch Chancen? «Generell haben sich republikanisch geführte Regierungen für die Schweiz als vorteilhafter erwiesen», sagt Schärrer, «wobei für mich noch unklar ist, wo im politischen Spektrum sich Trump genau einordnen wird.»
Schaffhausen komme möglicherweise zugute, dass im Kanton viele Unternehmen mit US-Bezug angesiedelt sind. «Vielleicht können sie von der Verteidigung der amerikanischen Interessen profitieren, von einem über sie gespannten Schutzschirm.» Inwiefern das auch Schaffhausen selbst nützen könnte, sei aber zumindest fraglich.