Die «Godmother of Punk» wird 70

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Mit 70 mehr Energie denn je: Sängerin Patti Smith bei ihrem Auftritt dieses Jahr am Montreux Jazz Festival. Bild: Key

An der Seite des Fotokünstlers Robert Mapplethorpe wurde Patti Smith berühmt, mit ihrem Album «Horses» zum Weltstar. Dabei sieht sie sich nicht als Musikerin, sondern als Autorin. Jetzt wird Smith 70 Jahre alt.

VON CHRISTINA HORSTEN

Ihr Nobelpreis war es nicht, trotzdem bekam Patti Smith bei der Verleihung in Stockholm die ganz grosse Bühne. Ihr alter Freund Bob ­Dylan hatte «andere Verpflichtungen», also sang Smith an seiner Stelle seinen Klassiker «A Hard Rain’s A-Gonna Fall» – höchst nervös, aber vom Publikum wie stets mit Jubelstürmen gefeiert.

Smith scheint dieser Tage präsenter als je zuvor, dabei wird sie morgen Freitag 70 Jahre alt. «Ich habe viel Energie und arbeite gerne», sagte Smith jüngst der «New York Times». «Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und arbeite, seit ich 13 bin, Babysitting, Blaubeeren pflücken, Fabrikarbeit bis hin zur Arbeit im Buchladen.» An Ruhestand denke sie nicht, sagte sie dem britischen «Guardian».

Unzertrennlich bis zum Schluss

Smiths Weggefährten und grosse Lieben von einst sind tot: Der Fotokünstler Robert Mapplethorpe, an dessen Seite sie berühmt wurde, starb 1989 an Aids. Der Musiker Fred Smith, mit dem sie in Detroit eine Familie mit zwei Kindern gründete, 1994 mit nur 45 Jahren an Herzversagen. Aber Smith arbeitete sich durch die Trauer zurück, steht wieder auf den Bühnen der Welt und hat jüngst sogar zwei gefeierte Bücher herausgebracht: «Just Kids» und «M Train».

Geboren wurde Smith 1946 in Chicago und wuchs dann in New Jersey auf. Die Familie hatte nicht viel Geld, aber Smiths Eltern versorgten die Kinder trotzdem mit Zugang zu Büchern und Musik. Mit knapp über 20 wird Smith schwanger, gibt das Kind aber zur Adoption frei. Sie zieht nach New York und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, bis sie ihre erste grosse Liebe kennenlernt: Robert Mapple­thorpe.

Kennengelernt habe sie ihn per Zufall, als sie eigentlich auf der Suche nach Freunden an einer Wohnung klopfte, erinnert sich Smith. «Ich bin in einen Raum gegangen, und da schlief ein Junge auf einem kleinen Eisenbett, mit einer Masse dunkler Locken. Als ich reinkam, wachte er auf und lächelte mich an.» Die beiden werden ein Paar, bis Mapplethorpe klar wird, dass er schwul ist. Unzertrennlich bleiben die beiden trotzdem.

Durchbruch mit «Horses»

Smith versucht mit allen Mitteln, ihre Karriere als Künstlerin voranzutreiben, schreibt täglich und gibt ­Lesungen. «Das ist ein Mysterium, das ich nie lösen konnte. Was zieht mich immer auf die Bühne, wo ich doch kaum eine Dinnerparty durchstehe?» Eher zufällig kommt Musik zu den Auftritten dazu, und 1975 schafft Smith mit dem Album «Horses» den Durchbruch – auch wegen des heute weltberühmten Titelfotos, das Mapplethorpe von ihr macht. Bald wird Smith als «Godmother of Punk» bekannt. Dabei hat sich die Rockikone, die noch ein paar weitere Alben herausbringt, selbst nie als Musikerin gesehen.

«Die Menschen schätzen mich falsch ein», sagt Smith. «Ich weiss, wie es sich anfühlt, ein Rock-’n’-Roll-Star zu sein, mit Limousine und schreienden Mädels. Mädels, die meine Haare abschneiden wollen. Aber ich laufe nicht herum und sehe mich als Rock-’n’-Roll-Star und sicher auch nicht als Musiker, denn ich kann gar nichts spielen, nur anfängerhaft.» Sie sehe sich als Schreiberin.

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