Treuer Begleiter: Das Nati-Shirt und ich
Unser Redaktor Luc Müller schreibt in der neusten Einwurf-Kolumne über sein Nati-Shirt.
Es war schon biergetränkt, tagelang ungewaschen und hat mit mir so einige Emotionen geteilt: mein Trikot der Schweizer Nationalmannschaft. Alle vier Jahre, wenn wieder eine Fussballweltmeisterschaft ansteht, hole ich das rot-weisse Shirt aus dem Schrank. Ob die Schweizer mitkicken oder nicht. Gekauft habe ich es für die WM 1994 in den USA, als sich die Schweizer zum ersten Mal seit 1966 wieder für ein grosses Turnier qualifiziert hatten. Mit dem Trikot war ich an der WM 1998 in Frankreich und 2006 in Deutschland vor Ort. In Dortmund sass ich damals auf der legendären Südtribüne, die steil in die Höhe ragt. Das Stadion war voll mit Schweizer Fans, vom Gegner Togo war kaum jemand zu sehen. Gänsehautatmosphäre gab es schon Stunden vor Spielbeginn zu geniessen. Und zahlreiche Begegnungen, wenn man mit dem Shirt seiner Mannschaft unterwegs war. Mit den deutschen Fans haben wir die schon legendäre Feindschaft bei ein paar Bierchen besprochen – mit Sprüchen auf beiden Seiten. Mit den Brasilianern wird schon mal auf der Strasse getanzt. Mit den Russen gibt es schon mal bierselige Verbrüderungsszenen. Mit den Holländern, wenn sie denn mal dabei sind, wird innig ein Liedchen geträllert. Mit den Argentiniern gibt es ein kleines Fussballspiel mit möglichst vielen eingestreuten Tricks am Ball. Und wer aktuell mit dem Trikot der Schweizer Nati unterwegs ist, erhält viel Zuspruch und sogar Glückwünsche von den Albanern, die uns so richtig ins Herz geschlossen haben. Kritisch wurde ich jeweils ausgerechnet von den eigenen Fans angesprochen. Denn ich trage die Nummer 9 auf dem Rücken, die unseres ehemaligen Knipsers Alex Frei, der die Nation spaltete – für mich ein Unvergessener.
