Parlament spricht sich für Dampfschiff und Berufslehre aus: Die Debatte im Kantonsparlament zum Nachlesen

Das Schaffhauser Kantonsparlament trifft sich am heutigen Montag zur fünften Sitzung des Jahres. Auf der Traktandenliste stehen sehr unterschiedliche Themen. Zu Beginn geht es um ein Dampfschiff auf dem Rhein, später um Lehrbetriebe und Energiezulagen. Wir halten hier die spannenden Teile der Debatte und die wichtigsten Eregbnisse für Sie fest.
Politik muss nicht trocken und langweilig sein. Aber ja, sie kann abstrakt und manchmal weit weg vom Alltag der Schaffhauserinnen und Schaffhauser sein. Wir versuchen immer, Ihnen die Themen so zu erklären, dass Sie einen Nutzen daraus ziehen können. Deshalb berichten wir nicht mehr nur chronologisch über die Debatten im Parlament, sondern setzen Schwerpunkte und beleuchten einzelne Themen aus verschiedenen Blickwinkeln: Mal schreiben wir für Sie ein Frage-Antwort-Spiel, mal lassen wir das Gesagte von einem Experten einordnen, mal begleiten wir Betroffene bei Ratsdebatten. Wenn Sie diese Berichterstattung, die es so umfassend nur in den SN gibt, unterstützen wollen, können Sie das jetzt mit einem Abo tun.
Ticker
An dieser Stelle beenden wir den Ticker für heute. Danke für Ihres Interesse.
Das Postulat findet fast nordkoreanischen Zuspruch: 55 Parlamentsmitglieder stimmten für den Vorstoss, nur Walter Hotz dagegen. Severin Brüngger (FDP) enthielt sich der Stimme beim Vorstoss seines Parteikollegen.
Diego Faccani (FDP) spricht als Lehrmeister: «Ich kann meine Lehrlinge nicht behalten, für wen bilde ich dann auch? Nicht für mich, sondern für die gesamte Wirtschaft.» Er entgegnet Walter Hotz, dass die Unterstützung solcher Betriebe sinnvoll seien. Und er appelliert an die Regierung, dass die Unterstützung den Betrieben direkt zugute kommen müssen.
Walter Hotz (SVP) tritt ans Rednerpult und spricht von verfehlter Wirtschaftspolitik. Unternehmen bilden Lehrlinge nicht aus Nächstenliebe aus, so Hotz. «Das ist kein Wohlfahrtsprojekt, sondern ein betriebswirtschaftlicher Prozess, der sich langfristig rechnet.» Mit Steuergeldern sollen Firmen nun für etwas belohnt werden, was ihnen längerfristig sowieso hilft. «Es ist nicht Aufgabe des Staates, dieses Prinzip staatlich zu verzerren.» Und er fordert auf, eine Lesergruppe zu liberaler Wirtschaftspolitik zu gründen.
Angela Penkov (SP) spricht sich grundsätzlich für Lorenz Laichs Anliegen aus. Sie bring jedoch fünf Punkte vor, die aus Sicht der SP bei der Prüfung von Massnahmen berücksichtigt werden sollten. Es sollten auch Unternehmen unterstützt werden, die bisher noch keine Lehrstellen anbieten können. Zudem soll die Ausbildungsqualität sichergestellt werden. Die Unterstützung soll zudem die Lernenden im Fokus haben und nicht die Unternehmen. Wichtig sei ihr auch, dass EBA- und EFZ-Ausbildungen gleich behandelt würden.
Für die GLP-EVP-Fraktion spricht Raphael Kräuchi. «Unsere Berufsbildung ist das Rückgrat unserer Gesellschaft», sagt der Rektor der Kaufmännischen Schule in Schaffhausen. Der Kanton leiste bereits einen namhaften Beitrag. «Nur reichen die Massnahmen nicht aus.» Was ihn aufhorchen lässt: Immer weniger Schulabgänger würden direkte Anschlusslösungen finden. Zuletzt war es fast ein Viertel aller Schulabgängerinnen und Schulabgänger.
Andrea Müller (SVP) spricht sich für ihre Fraktion für den Vorstoss von Lorenz Laich aus. «Die Lehrlingsausbildung trägt zu einer dezentralen Entwicklung bei, da viele Lehrbetriebe sich ausserhalb der Stadt befinden.» Die Lehrlingsausbildung sei der Königsweg in die Berufswelt. «Betriebe investieren viel Zeit, um Lernende an die Arbeitswelt heranzuführen», so Müller. Der Aufwand nehme stetig zu. «Eine gezielte Unterstützung kann dazu beitragen, dass bestehende Lehrbetriebe bleiben.»
Erziehungsdirektor Patrick Strasser (SP) hält fest, dass die Ausbildungskosten für die Betriebe eine finanzielle Herausforderung seien. Es hätten bereits Arbeiten für eine Berufsbildungsstrategie gestartet. Dazu würden bereits 24 Interviews geführt. «Es werden bereits diverse Massnahmen in Erwägung gezogen», so Strasser. Er erwähnt einen Berufsbildungsfonds, wie es ihn in anderen Kantonen gebe. «Es ist aber nicht so, dass bisher nichts gemacht wurde», betont Strasser. Schaffhausen sei über dem Minimum, was das angeht. Dennoch wolle der Regierungsrat überprüfen, wo es weiteres Potenzial gibt.
Lorenz Laich begründet seinen Vorstoss mündlich nochmals. «Ausbildungsbetriebe sind heute viel mehr gefordert», so Laich. Betriebe setzen auch Energie ein, welche sich mit persönlichen Problemen der Auszubildenden beschäftigen.
Er habe von verschiedenen Unternehmen gehört, wie die Herausforderungen zunehmen würden. «Unser duales Bildungssystem müssen wir pflegen», so Laich. Ihm gehe es nicht um den Staat um Hilfe zu rufen, sondern die Regierung offen prüfen zu lassen, wie die Untenehmen unterstützt werden können. Die Idee würde zudem von den Verbänden wie IVS und KGV unterstützt.
Als nächstes geht es um die Frage, ob der Kanton Unternehmen unterstützen soll, die Berufslehren anbieten. Lorenz Laich sorgt sich um die Betriebe im Kanton.
Nun schaltet der Kantonsrat die halbstündige Pause ein. Und wir verabschieden uns für einen Moment von der Debatte und schalten uns wieder ein, wenn es um die Unterstützung von Lehrbetrieben im Kanton Schaffhausen geht.
Jetzt kommt es zur Abstimmung über das Postulat. Und das Parlament ist gespalten. 27 zu 27 steht es am Schluss, drei Personen haben sich enthalten. Die Ratspräsidentin gibt den Stichentscheid zugunsten einer Überweisung. Kurzer Applaus brandet von der Tribüne auf.
Matthias Freivogel blickt in die Vergangenheit zurück. Er zitiert aus der Machbarkeitsstudie, die einst erstellt wurde und spricht über die Zusammenarbeit der Schifffahrtsgesellschaft und dem Verein. Da interveniert SVP-Kantonsrat Arnold Isliker mit einem Ordnungsantrag. Die grosse Mehrheit des Parlaments will Freivogel ausreden lassen - und schon steht er wieder am Rednerpult.
Corinne Ullmann (SVP) spricht nochmals: «Der immer tiefere Wasserstand des Rheins wird uns immer stärker beschäftigen.» Die Vorarbeit des Vereins solle genutzt werden. «Packen wir den Stier bei den Hörnern.»
Nun spricht Hannes Knapp (SP) für den Vorstoss aus. Er sei zuerst skeptisch gewesen, könne mit dem offenen Prüfungsantrag nun aber leben. Er sagt, dass die Schifffahrtsgesellschaft einen Tritt brauche, um die Dekarbonisierung anzugehen.
Markus Müller (SVP) spricht von Pingpong-Spiel im Parlament, von dem nur wenige etwas verstehen. «Und trotzdem äussere ich mich jetzt dazu.» Er sei Oldtimer-Fan, aber hier werde ein «billiger Nachbau» angestrebt. «Wir investieren kein Geld, aber Energie. Der Wirkungsgrad dieses Motors wird schlecht bleiben, das ist Physik.»
Corinne Ullmann (SVP) bricht eine Lanze für den Verein Pro Dampfer. Die Stadtpräsidentin von Stein am Rhein betont, wie wichtig die Schifffahrt für Stein am Rhein sei. Sie betont: «Es geht nur um einen Prüfungsauftrag, wir verteilen noch keine Gelder», so Ullmann.
Jetzt spricht der Regierungspräsident Martin Kessler (FDP). «Aus meiner Sicht ist es falsch, wenn die Politik dem Unternehmen eine Flottenstrategie aufdrücken will», so Kessler.
Kessler kommt noch auf die Absichtserklärung zu sprechen, die Hotz kritisiert hat. «Diesen Vertrag hat Reto Dubach 2015 als höchster Vertreter der Schifffahrtsgesellschaft URh abgeschlossen, und nicht als Regierungsrat.» In der Zwischenzeit sei diese Absichtserklärung aufgekündigt worden. Das ist aber erst wenige Tage her.
Die URh rüste ihre Flotte aktuell bereits um. Ein Schiff soll statt eines Dieselmotors einen Hybrid-Antrieb erhalten. «Das braucht Zeit, weil die URh nicht stemmen kann in kurzer Zeit» und Kessler appelliert an die Mitglieder des Dampfer-Vereins, die Schifffahrtsgesellschaft unterstützt zu werden.
Dann interveniert Ratspräsidentin Eva Neumann (SP) und bittet Rohner, zum Schluss zu kommen. «Mir ist nicht mehr klar, ob sie als Verwaltungsrat oder Mitglied des Parlaments sprechen.»
Rohner ist pikiert und betont, dass er als Mitglied des Kantonsrats frei sei, zu dieser Angelegenheit zu sprechen. Doch so lange war das im Anschluss auch gar nicht mehr der Fall...
Raphaël Rohner (FDP) gibt Walter Hotz recht. «Es ist eine sehr gute Idee, aber sie ist nicht fertig gedacht», sagt er. Rohner ist Mitglied des Verwaltungsrats der Schifffahrtsgesellschaft. «Wenn ein Verwaltungsrat Ja sagt zu einem Projekt, dann muss er die Konsequenzen für das Unternehmen bedenken.»
Rohner erinnert daran, dass es nicht nur um die Anschaffungskosten von 14 Millionen Franken, sondern auch um die Betriebskosten gehe. Und Rohner sagt, dass die Schiffe auf dem Rhein aufgerüstet werden, dabei fallen Kosten in der Höhe von 30 Millionen Franken an.
Für Roland Müller (Grüne) ist ein Dampfschiff nicht ökologisch. Ein Dampfschiff habe einen schlechten Wirkungsgrad. Aber auch die aktuellen Schiffe der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein hätten schlechte Wirkungsgrade. Deshalb stimme er dem Prüfungsauftrag zu.
Christian Di Ronco (Die Mitte) erinnert das Plenum daran, dass das Parlament eine Machbarkeitsstudie für das Dampfschiff in Auftrag gegeben habe. Die Studie zeigte: Es ist grundsätzlich möglich. Er fordert, dass mit der Überweisung des Postulats den ehrenamtlich engagierten Mitglieder des Vereins Pro Dampfer ein positives Signal ausgesandt werde.
Maurus Pfalzgraf (Grüne) betont, dass ein Dampfschiff nur einen ökologischen Mehrwert habe, wenn es ein Motorschiff ersetze. Wenn dies nicht der Fall sei, stimme er nicht zu.
Nun tritt Walter Hotz (SVP) als Sprecher nochmals ans Pult. «Manche Ideen sind so charmant verpackt, dass man vergisst, nach der Rechnung zu fragen.» Das treffe auch auf das Projekt des Schaufelraddampfers zu. Er betont, dass die Schifffahrtsgesellschaft nichts mit der Wartung und dem Betrieb zu tun haben möchte, was alles über die Wirtschaftlichkeit aussage. «Wer Steuergelder beantragt, soll sich zuerst überlegen, ob die öffentliche Hand auf Dauer für Verluste aufkommen muss», so Hotz. «Wenn dieser Schaufelraddampfer ein Goldesel wäre, müsste es ein leichtes sein, private Investoren zu finden. Doch das ist es eben nicht.» Der Kanton sei nicht die Sparkasse für romantische Träumereien, sagt Hotz.
Hotz kritisiert den Regierungsrat, dass er eine Absichtserklärung unterzeichnet habe, ohne dass das Parlament jemals etwas davon gehört habe. «Vielleicht sollten wir in Zukunft nicht nur Drehbuchänderungen diskutieren, sondern die ganze Geschichte kennen», sagt der SVP-Parlamentarier.
SP-Kantonsrat Daniel Meyer spricht sich für die finanzielle Unterstützung aus. Er spricht von einer Bereicherung der Flotte auf dem Rhein. Dem schönsten Rheinabschnitt täte ein solcher Raddampfer gut. Er betont, dass das Projekt im Rahmen der Flottenstrategie der Schifffahrtsgesellschaft vorangetrieben werden müsse.
Der Antrag von Hotz unterliegt und Freivogel darf sprechen.
Der SP-Kantonsrat will das Postulat abändern und erklärt nun, dass es darum geht, zu prüfen, wie eine finanzielle Unterstützung des Kantons an einem Schaufelraddampfer möglich wäre. Dabei soll eine Kooperation mit dem Kanton Thurgau und den anderen Eigentümern der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein ebenfalls geprüft werden.
An der letzten Parlamentsdebatte stellte Matthias Freivogel (SP) sein Postulat vor, mit dem er die Regierung zu folgendem auffordert:
Der Regierungsrat wird eingeladen, eine namhafte finanzielle Mitbeteiligung des Kantons Schaffhausen an der Finanzierung des konkret vorliegenden Projektes «Bau eines eleganten/ ökologischen und klimaneutralen, mit Holz befeuerten Schaufelraddampfers für Untersee und Rhein» zu prüfen, wie es vom Souverän des Kantons Thurgau bereits bewilligt worden ist, und dem Kantonsrat darüber Bericht und Antrag vorzulegen. Darin sollen auch die Möglichkeiten bzw. Modalitäten für den Unterhalt und Betrieb eines solchen Schiffes aufgezeigt werden.
Der Regierungsrat hat sich das letzte Mal ablehnend zum Text geäussert.
Jetzt geht es ums erste Traktandum, das mit einer Überraschung beginnt. Eva Neumann ruft Matthias Freivogel (SP) ans Pult, damit er sich nochmals zum Thema äussert, das letztes Mal gestartet wurde. Doch SVP-Kantonsrat Walter Hotz greift mit einem Ordnungsantrag ein. Er wehrt sich dagegen, dass Freivogel nochmals die Möglichkeit erhält, eine Begründung für seinen Vorstoss vorzutragen.
Die erste Fraktionserklärung kommt von einer nicht-politischen Fraktion, wie Eva Neumann sagt. Und zwar berichtet Lorenz Laich vom Parlamentarier-Skirennen. Der Kanton Schaffhausen belegte den vierten Platz in der Kantonswertung. Und der Kanton Schaffhausen stellte mit 14 Personen die grösste Delegation - und stellte damit auch den Bergkanton Graubünden in den Schatten.
Neo-Regierungsrat Marcel Montanari lässt sich für die Sitzung entschuldigen. Und zwar nicht etwa, weil er krank ist, sondern weil er am Freitag zum zweiten Mal Vater geworden sei. Eva Neumann gratuliert ihm herzlich - und wir schliessen uns an.
Ratspräsidentin Eva Neumann eröffnet nicht ganz pünktlich die fünfte Sitzung des Parlaments. Traditionellerweise mit dem Läuten einer Glocke.
In der Debatte, wie das Geld verteilt werden soll, fühlt sich vor allem die Stadt Schaffhausen benachteiligt. Eine von ihr in Auftrag gegebene Studie gibt ihr nun recht: Städterinnen und Städter bezahlen zum Wohle anderer Gemeinden Steuern.
Die Debatte wirkt abstrakt und ist wohl auch kompliziert. Doch im Kern geht es um Geld, um viel Geld, das verteilt werden soll. Was hinter dem Finanzausgleich steckt und worüber aktuell diskutiert wird, lesen Sie hier:
Die Haltung gewisser Parlamentarierinnen und Parlamentarier sorgte für Unverständnis bei den beiden Frauen, die sich mit einer Petition ans Parlament gewandt hatten. Lesen Sie hier nochmals das Interview:
Der Fall Fabienne W., der national für Schlagzeilen gesorgt hat, beschäftigte über die Parlamentsdebatte hinaus. So wurden zugleich mit der Debatte im Kantonsrat neue Gerichtsentscheide bekannt. Hier finden Sie unsere ausführliche Berichterstattung dazu:
Die letzte Kantonsratsdebatte war emotional. Der Fall Fabienne W. beschäftigt die Parlamentsmitglieder ebenso wie die Bevölkerung. Doch auch der Finanzausgleich innerhalb des Kantons beschäftigte. Eine Lösung dafür, wie das Geld unter reicheren und ärmeren Gemeinden verteilt werden soll, ist noch nicht gefunden.
Hier können Sie die ganze Debatte nachlesen:
Oder hier die kompakte Zusammenfassung dazu.