Büsinger sorgen sich um ihre Schwäne

Dario Muffler | 
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Margrit Güntert (links) und Ursula Weiss füttern ab und an auch mal «ihre» Schwanenfamilie. Bild: Dario Muffler

Viele Büsinger würden sich um Schwäne kümmern und sie auf keinen Fall essen, betonen zwei Schwanliebhaberinnen. Der Bürgermeister fordert derweil eine Debatte über die Bestandsregulierung.

«Auf keinen Fall!», entfährt es Mar­grit Güntert. «Nicht einmal im Krieg wurden in Büsingen Schwäne gegessen», ist sie überzeugt. Vielmehr lebe man in der Enklave am Rhein mit diesen schönen und stolzen Tieren. Die SN-Schlagzeile «In Büsingen landen Schwäne auch mal auf dem Teller» vom Donnerstag habe sie deshalb tief getroffen und zu einigen Gesprächen unter den Nachbarn geführt. Wie der Büsinger Bürgermeister Markus Möll sagt, habe auch er diverse Reaktionen bekommen. «Wir haben von niemandem gehört, dass in deren Familien jemals so ein Vogel auf dem Teller gelandet sei», betont Ursula Weiss. Sie und Margrit Güntert sind Nachbarn und wohnen direkt am Rhein. Von ihrer Terrasse sind sie in wenigen Schritten am Ufer.

Im Sommer tummeln sich die Schwäne praktisch in ihrem Garten. «Als bei Hochwasser der Garten halb überschwemmt war, mussten wir mit Gartenstühlen eine Barrikade errichten, damit die Schwäne nicht bis auf den Sitzplatz kommen», erinnert sich Ursula Weiss. Die Schwäne seien nach wie vor Wild- und keine Haustiere, betonen beide Frauen. So komme es schon vor, dass man von einem Schwan in die Wade gebissen werde. Trotzdem füttern die Frauen die Schwanenfamilie auch mal mit Fallobst.

Margrit Güntert und Ursula Weiss sprechen von «ihrer» Schwanenfamilie. Sie wissen genau, welches Paar mit seinem Nachwuchs das Revier hier hat. «Die Tiere verteidigen ihr Revier stark», sagt Ursula Weiss. «Das ist zwar nicht immer schön anzusehen, aber natürlich.» Ganz im Gegensatz zum Abschiessen von Schwänen, nur um sie zu verspeisen, sagt sie. «Vor vielen Jahren, daran kann ich mich erinnern, musste ein Schwan krankheitshalber geschossen werden», so Ursula Weiss.

Das Nest vor den Wellen gerettet

Als die beiden Frauen am Rhein stehen und mit Rufen und ein paar zerstampften Äpfeln die Aufmerksamkeit der Schwanenfamilie auf sich ziehen, sieht man, wie zutraulich die grossen Vögel sind. Ursula Weiss zeigt auf die Überreste eines Nestes. Rund angeordnete Äste deuten noch immer darauf hin, dass dort im vergangenen Frühling ein Schwanenpaar seine Eier ausgebrütet hat. «Wir mussten das Nest vor dem Wellengang schützen», sagt Margrit Güntert. Deshalb haben sie mit Holzbrettern einen Wellenbrecher gebaut. Stolz zeigt Ursula Weiss ein Foto der Schwanenmutter mit vier kleinen Küken auf dem Rücken.

«Wir müssen diskutieren, ob man die Schwanen­population regulieren muss.»

Markus Möll, Bürgermeister

Margrit Güntert ist fast so etwas wie eine Schwanenmutter. «Ja, ich schaue den Schwänen im Sommer gut», sagt sie. «Im Sommer ermahne ich die Hundespaziergänger regelmässig, dass sie ihre Tiere nicht einfach auf die jungen Schwäne loslassen dürfen.» Zudem sorge sie dafür, dass bei der Uferpflege jeweils genügend Schlamm übrig gelassen werde, damit die Schwäne ausreichend Futter hätten.

«Höchstens kulinarisches Experiment»

Besonders traurig machte die Frauen die Geschichte der verstorbenen Schwanenbabys in Schaffhausen. Diese waren an Unterernährung gestorben, wie man später herausfand. «Die Schwanenbabys hatten keine Möglichkeit, an Land zu gelangen», so Ursula Weiss. «Dabei können sich die Jungtiere viel weniger lang als die erwachsenen über Wasser halten.»

Dass sich die Schwäne überhaupt in einem ungeeigneten Gebiet aufhielten, liege daran, dass die Population am Rhein zu gross sei. Dieser Überzeugung ist Büsingens Bürgermeister Möll. Auch ist er der Meinung, dass es bestimmt keinen Büsinger gibt, der bewusst Schwäne jagen geht und isst. «Ich kann mich aber daran erinnern, dass ein Büsinger vor vielen Jahren einmal kulinarisch mit Schwan experimentierte, es aber wieder aufgab», so Möll.

Dass die drei im Winter 2016/2017 geschossenen Schwäne verspeist wurden, streitet er nicht ab. Möll macht einen Vergleich zum Kormoran, der in Deutschland nicht gejagt werden darf, in der Schweiz aber sehr wohl. «Ist es besser, wenn man getötete Tiere direkt entsorgt, wie man es bei Kormoranen macht?», fragt der Bürgermeister. «Eine berechtigte Frage ist auch, ob es ethisch vertretbarer ist, Schwanen­eier anzustechen, als die Tiere zu schiessen», sagt Möll.Es brauche einen runden Tisch mit Politikern und Tierschützern, fordert er. «Wir müssen diskutieren, ob man die Schwanenpopulation entlang des Rheins und am Untersee regulieren muss.» Da der Schwan keinen natürlichen Feind kenne, müsse der Mensch regulativ eingreifen. «Ansonsten müssen wir akzeptieren, dass die Badis voll Schwanenkot sind und dass auch mal einige Jungvögel sterben, weil sie zu wenig zu essen finden», sagt Möll.

 

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