Steuerreform: Kanton fühlt bei Parteien und anderen Anspruchsgruppen den Puls

Stimmungstest zur Steuervorlage: Linke und Gewerkschaften überwiegend negativ, die meisten übrigen Parteien und Verbände positiv.
Nachgefragt
«Die Umfrage zeigt: Die Stossrichtung stimmt»

Welches Zwischenergebnis ziehen Sie aus der Umfrage ganz generell?
Cornelia Stamm Hurter: Die Umfrage hat gezeigt, dass die strategische Stossrichtung der kantonalen Umsetzungsstrategie stimmt. Im Verbund mit anderen Instrumenten stärkt eine international attraktive Gesamtgewinnsteuerbelastung von 12 bis 12,5 Prozent den Standort Schaffhausen.
Wo sehen Sie noch Korrekturbedarf?
Stamm Hurter: Handlungsbedarf haben wir vor allem noch bei den flankierenden Massnahmen zugunsten der natürlichen Personen. Sodann müssen wir die Auswirkungen der einzelnen Massnahmen näher aufzeigen, um mit einer ausgewogenen Vorlage überzeugen zu können. Es wurden von der linken Seite ja sehr unterschiedliche, teilweise auch sehr weitgehende Forderungen eingebracht. Wir prüfen nun, welche der weiteren vorgeschlagenen Massnahmen den besten Nutzen für die Standortattraktivität bringen und realisiert werden können. Es zeichnet sich ab, dass es bei den flankierenden Massnahmen, wie bei der Vorlage generell, Kompromissbereitschaft von allen Seiten bedarf.
Wie geht es jetzt weiter?
Stamm Hurter: Ab der kommenden Woche stehen diverse Gespräche mit Gemeindevertreterinnen und -vertretern an. Bislang kam die vorgeschlagene Verteilung bei der direkten Bundessteuer gut an. Danach werden wir noch in den Dialog mit den Fraktionen und interessierten Kreisen treten. (lbb)
Eine der zentralen kantonale Vorlagen im nächsten Jahr wird zweifelsohne die Umsetzung der Unternehmenssteuerreform sein, die derzeit auf Bundesebene vorbereitet wird. Die Schaffhauser Regierung hat dazu bereits im Sommer ihre Strategie erläutert. Bevor eine definitive Vorlage zu dem komplexen Thema im nächsten Jahr in die kantonale Vernehmlassung geschickt wird, kann es nicht falsch sein, wenn man vorher weiss, wie die Pläne ungefähr ankommen, hat sich die Regierung gesagt.
Und deshalb hat der Kanton eine erste Umfrage gestartet – gewissermassen eine Vorvernehmlassung –, um den Puls bei den zentralen Anspruchsgruppen aus Politik und Wirtschaft herauszuspüren. Resultat: Eine deutliche Mehrheit unterstützt das Kernelement, die Senkung des Gesamtsteuersatzes für alle Unternehmen von heute 16 auf zukünftig 12 bis 12,5 Prozent. Eine Mehrheit stimmt auch der auf sechs Jahre gestaffelten Senkung des Gewinnsteuersatzes auf 2,5 Prozent zu. Widerstand kommt in beiden Punkten von den Gewerkschaften, der SP/Juso und der Alternativen Liste: Sie möchten mit beiden Sätzen nicht so tief herunter.
Knacknuss Dividendenbesteuerung
Im Gegenzug zur grossen Steuersenkung sollen die Gemeinden entlastet werden und mehr Geld aus dem Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer erhalten, der wiederum höher ausfallen soll, sobald die Steuerreform auf Bundesebene umgesetzt ist. Mindestens 45 Prozent von diesem Anteil soll an die Gemeinden gehen, die damit ihre Ausfälle kompensieren sollen – je nachdem wie stark sie betroffen sind.
Differenziert sehen die Umfrageteilnehmer die steuerrechtliche Werkzeugkiste, mit denen Unternehmen zusätzlich entlastet werden sollen, um den Kanton als Firmenstandort attraktiv zu halten, nachdem die international geächteten Steuerprivilegien im Jahr 2021 schweizweit abgeschafft werden müssen. Diese neuen Instrumente (Patentbox, erhöhte Steuerabzüge für Forschung und Entwicklung, minimale Besteuerung der Liegenschaften) finden im Grundsatz Zustimmung, aber die meisten Gruppen befürworten eine Einführung erst nach einer Übergangsfrist. Wenig überraschend ist auch die Dividendenbesteuerung sehr umstritten. Die Vorschläge reichen von 50 Prozent (FDP) bis 100 Prozent (AL, Gewerkschaften). Etliche Teilnehmer haben sich in diesem Punkt enthalten, weil zuerst die Rahmenbedingungen auf Bundes- und die flankierenden Massnahmen auf kantonaler Ebene klar sein müssen.
Und wie soll man Private entlasten?
Für diese flankierenden Massnahmen, mit denen auch die natürlichen Personen steuerlich von der Reform profitieren sollen – gewissermassen das Zückerchen für die natürlichen Privathaushalte – ist die Mehrheit der Umfrageteilnehmer. So wird die Senkung der Vermögenssteuer, höhere Abzüge für Kinderfremdbetreuung, mehr Kinderabzüge befürwortet, und vor allem: eine Erhöhung aller Steuerabzüge auf das Niveau der Nachbarkantone Zürich und Thurgau.
Ganz andere Ideen haben auch hier SP und Juso und wenden sich gegen Steuerabzüge, weil davon nur besser Verdienende profitierten, wie diese Parteien schrieben. Sie fordern stattdessen, dass die Mittel für einen Fonds zur Finanzierung von Kinderbetreuungsangeboten, für höhere Kinderzulagen, mehr Entlastung bei den Krankenkassenprämien für Familien und allgemein mehr Familienförderung eingesetzt werden.
Die Stellungen sind bezogen
So liegen nun erstmals die Positionsbezüge vor. In einem nächsten Schritt will die kantonale Finanzdirektion nun individuell mit den Gemeinden ins Gespräch treten.
Der Anteil der heute privilegiert besteuerten Statusgesellschaften ist im Kanton Schaffhausen deutlich höher als in anderen Kantonen. Diese müssen in Zukunft deutlich mehr Steuern an Bund, Kanton und Gemeinden abliefern als bisher. Um die internationalen Firmen hier zu halten, will die Kantonsregierung einen im Schweizer Vergleich attraktiven Unternehmenssteuersatz einführen. Ein tieferer Unternehmenssteuersatz für alle Firmen im Kanton führt aber zu Steuerausfällen. Wie diese kompensiert und verträglich abgestützt werden sollen, ist Gegenstand der vorliegenden Umfrage.
Wer an der Umfrage teilgenommen hat
Insgesamt erhielt das Schaffhauser Finanzdepartement 16 Eingaben. Stellung nahmen SVP, SP, FDP, AL, CVP, EDU, JUSO und Junge SVP. Von den Verbänden sind es der Gewerkschaftsbund, der Hauseigen- tümerverband, die Industrievereinigung, der kantonale Gewerbeverband, die Vereinigung Schaffhauser Treuhänder und der Gemeindepräsidentenverband sowie die Gemeinde Neuhausen am Rheinfall.