Warum müsst ihr ständig streiten?

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Die kompetente zweifache Mutter weiss, wovon sie spricht. Bild: Andrée Lanfranconi

Unter Geschwistern wird oft über Kleinigkeiten heftig gestritten. An einem Vortrag in Rüdlingen ging es darum, wie Eltern in einem solchen Fall am besten reagieren.

von Andrée Lanfranconi

Das Team Elternbildung der Schule Buchberg-Rüdlingen hatte Christina Witzig, Diplomierte Fachfrau Erziehung und Elterncoach, in die Aula des Schulhauses Chapf in Rüdlingen eingeladen. Ihr Vortragsthema lautete: «Geschwister – ich habe dich zum Streiten gern.» Gut 30 interessierte Personen besuchten den Vortrag. Gekommen ­waren mehrheitlich Mütter, die gerne mehr über die Hintergründe der teilweise zermürbenden Streitereien unter Geschwistern lernen wollten.

Streiten ist wichtig

Christina Witzig bezog sich auf die Studien des Psychotherapeuten Alfred Adler und erklärte: «Streiten ist unter Kindern eine normale, gesunde und wichtige Tätigkeit. Kinder lernen im Streit, ihre Grenzen zu akzeptieren, und gewinnen an sozialer Kompetenz.» Kurz nach einem heftigen Gefecht könnten sie wieder miteinander spielen, als wäre nichts gewesen. Die Eltern litten meist stärker unter der Auseinandersetzung als ihre Kinder.

Liebe und Eifersucht nannte sie als zentrale Streitgründe. Die Kinder fordern damit ihre Eltern auf, Stellung zu beziehen, und möchten oft ihre Vorurteile bestätigt sehen. Die kindlichen Vorurteile hängen stark mit der Geschwisterreihenfolge zusammen: Das älteste Kind misst sich an den Erwachsenen und stellt deshalb hohe Erwartungen an sich selbst. Meist ist es eher ängstlich und oft zu ehrgeizig. Bekommt es ein Geschwisterchen, so verspürt es Eifersucht. Es verliert seinen Platz im Mittelpunkt der Familie.

Bei mehreren Geschwistern regelt sich die Familienstruktur immer wieder neu. Für das Kind sind die Gefühle in der Zeit zwischen null und sechs Jahren prägend. Hier ist das geschickte Lenken der Eltern gefragt.

Kampfarena bestimmen

Die Referentin empfahl, die Kinder in ihrem Selbstwert zu stärken, mit altersgerechten Aufgaben und der Festlegung klarer Regeln. Die Kinder sollen lernen, über ihre Gefühle zu sprechen. Für die Kinder sei eine «Kampfarena» sinnvoll, ein sicherer Ort ohne Verletzungsgefahr, wo sie ihren Streit austragen und sich verausgaben können. «Bei jedem Kampf gibt es Gewinner und Verlierer. Es kann auch mal eine Schramme absetzen. Das verstehen die Kinder sehr wohl. Die einzigen Kinder, die wirklich beschützt werden müssen, sind Babys.»

Sie warnt die Eltern davor, Partei zu ergreifen oder herabsetzende Worte zu benutzen. Oft ist es das scheinbar schwächere Kind, das mit gezielter Provokation das stärkere herausfordert und sich dann beklagt, es sei das Opfer. Parallel zur Schaffung einer Kampfarena empfiehlt sie einen Rückzugsort für die Eltern. Damit können sie sich räumlich und mental aus dem Streit heraushalten, auch wenn das anfänglich für die besorgten Eltern ziemlich schwierig sein dürfte.

Christina Witzig zeigte sich überzeugt: Die Methode wirke und erleichtere das Zusammenleben in der Familie deutlich.

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