Den Plan im Kopf

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Portrait bei der Arbeit von Ellada Mechraliieva, 2. Lehrjahr als Eventtechnikerin, beim Aufbau für die Gambling Party im Casino Schaffhausen, am Freitag, 16. Mai 2025. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Die Lernende Ellada Mekhraliieva installiert das Lichtpult, das sie am Abend bedienen wird. Bild: Melanie Duchene

Events kommen nicht ohne Technik aus. Damit die Show oder der Anlass gelingt, braucht es Fachleute, die eine Bühne einrichten, Ton, Licht und Video installieren und bedienen. All das ist im neuen Beruf der Veranstaltungsfachfrau/mann zu erlernen. Ellada Mekhraliieva gibt Einblick beim Aufbau der Gambling Night im Casino Schaffhausen.

von Daniela Palumbo

Die schwarzen, schweren Kisten sind im Innenhof des Casinos Schaffhausen schon von Weitem sichtbar. Eine junge Frau in schwarzer Arbeitskleidung entsperrt die Räder und schiebt eine nach der anderen vorsichtig in den Warenlift, bis alle Kisten aus dem Lastwagen im Aufzug gestapelt nach oben können. Ihr Projektleiter Daniel Stricker in der gleichen Firmenmontur hilft ihr beim Aus- und Einladen. Heute Abend ist Gambling Night in Schaffhausen und der tapezierte Spielraum mit der hell erleuchteten Bar in der Mitte soll anders leuchten und tönen als üblich. In den Kisten sind Kabel, Traversen, Scheinwerfer und alle Utensilien bereit, um die Verwandlung des Ambientes zu ermöglichen.

Ellada Mekhraliieva ist Lernende, im 2. Jahr, bei der Firma Rüeger e-concept, der grossen Eventfirma aus Schaffhausen. Die Ukrainerin hat den Beruf der Veranstaltungsfachfrau beim Schnuppern für sich entdeckt. Auch ihre jüngere Schwester hat dieselbe, vierjährige Lehre gewählt und absolviert diese im Opernhaus Zürich. Ein Beruf, den es so noch nicht lange gibt und mittlerweile jährlich Berufsschulklassen in Zürich und Lausanne füllt. Es ist eine technische Ausbildung, die viel Körperkraft erfordert, und trotzdem wählen ebenso viele Frauen wie Männer diesen Job, zu dem Veranstaltungen jeglicher Art gehören vom Zahnarztkongress und Generalversammlungen bis zu Grossanlässen wie kürzlich der ESC in Basel.

«Der Chef meint, man könne sich das Geld sparen. In diesem Beruf brauche man kein Fitnessstudio.»

Ellada Mekhraliieva, Lernende

Veranstaltungsfachfrau/mann EFZ

Arbeitsort: Theater, Veranstaltungslokale, Studios, Messen
Aufgaben: Technik wie Ton, Licht, Video aufbauen, bedienen, abbauen. Installationen der Bühnen-, Ausstellungs- und Messeräume planen, Bühnenbau, Videokonferenzen übertragen. Sicherheitsvorschriften einhalten.
Lehre:4 Jahre

«Das Geschlecht macht keinen Unterschied. Nur bei der Höhe, da Frauen oft kleiner sind», bestätigt Stricker, der heute mit Ellada im Einsatz ist. «Dann muss eben eine Leiter mit.» Wer diesen Beruf ausübt, ist viel in Bewegung und braucht Ausdauer, denn die Einsätze sind unregelmässig, viele Veranstaltungen finden am Wochenende statt und dauern bis in die Nacht. Ellada darf Spätschichten machen, weil sie schon 21 Jahre alt ist, bei minderjährigen Lernenden gilt trotz Ausnahmeregelungen eine Zeitbeschränkung. Erst seit drei Wochen geht Ellada in der Freizeit auch ins Fitnessstudio, weil alle ihre Kollegen das machen. «Obwohl der Chef immer sagt, man könne sich das Geld sparen. In diesem Beruf brauche man kein Fitnessstudio.»

Ohrenstöpsel zur Sicherheit

Ihr Arbeitstag beginnt heute um 10 Uhr mit Ausladen. Im Casino gelten spezielle Sicherheitsvorkehrungen, darum muss Ellada sich in einer Anwesenheitsliste eintragen und darf den Raum während des Auftrags nicht verlassen. Eine graue Kiste mit gelben und violetten Chips steht unbewacht zwischen einem Roulette- und einem Munot-Game- und Lindli-Game-Tisch. An der Wand hängt ein Schwarzweissfoto mit einer Spielkasino-Szene aus einem James-Bond-Film. Das Duo wird durchgehend arbeiten ohne Mittagspause, bis alles eingerichtet ist. Ellada kümmert sich um die Installation der Lichtanlagen und des -pults, Stricker um die Tontechnik bzw. das DJ-Pult. Seit 2018 findet dieser Event statt und ist seit Jahren immer gleich. Speziell sei, sagt Stricker, dass ein Teil der Haustechnik genutzt werde.

Weil sie diesen Auftrag im Casino schon zum fünften Mal ausführt, hat Ellada den Aufbauplan im Kopf. Sie weiss genau, wohin sie die Teppiche und Bodenplatten legen muss, auf die sie je eine Traverse aufstellt. «Das Ziel in diesem Job ist es, alles schnell und richtig zu machen. Aber ich brauche mehr Zeit und auch Zeit für Fehler», sagt Ellada. «Jetzt wird es laut», sagt sie und steckt sich gelbe Ohrenstöpsel rein. Erst danach schlägt sie mit dem Hammer die Bolzen in die Traverse. Eine der vielen Sicherheitsvorkehrungen, die in diesem Job einzuhalten sind. Auch die Sicherheitsschuhe gehören dazu. Und die Wasserflasche kommt überall mit.

Molton als Sichtschutz

Ruhig und konzentriert sitzend schiebt Ellada anschliessend einen Scheinwerfer in die Traverse, der nach oben strahlen soll, sowie ein Kabel und stülpt danach über das Gerüst eine Art weissen Molton, der abends das Innenleben verbergen wird und die ganze Traverse durch den reflektierten Strahl zum Leuchten bringt. Oben auf der Traverse kommt ein zweiter Scheinwerfer. Erst da merkt Ellada, dass die Holzleiter nicht im Gepäck war. Noch etwas fehlt heute: die silbernen Bodenplatten, auf denen der obere Scheinwerfer stehen soll. Stricker ruft im Lager in Herblingen an, um beides nachzubestellen. Ellada arbeitet unterdessen weiter und steigt auf eine Kiste, die leicht hin- und herwackelt. Ihr Kollege interveniert. Und noch auf etwas weist er sie hin: Immer die entleerten Wagen umkehren, damit sie nicht aus Versehen draufsteht und ausrutscht.

Es gibt genug zu tun. Ellada greift das gerüstete Material aus den Kisten. Eine Wifly-Box, die sie an die Steckdose hinter einer Traverse anschliesst. Im Handy sucht sie nach einem Foto, um die Scheinwerfer zu konfigurieren, denn nicht alles ist verkabelt, so auch diese Scheinwerfer nicht.

Danach verlegt sie das Kabel für das Lichtpult möglichst unauffällig hinter den Vorhängen und den Wänden entlang. Ihr Kollege wirft das Kabel unter die Bühne hindurch und kriecht mehrmals unter den Tisch des DJ-Pults, damit alle Kabel am richtigen Ort sind und er schliesslich den übergrossen, roten, berührungssicheren Stecker in die zentrale Stromeinheit stecken kann. Abends wird der DJ gleich loslegen, weil alles parat ist. «Es ist eine zusätzliche Anlage eingestellt, weil diese mehr Leistung hat als die bestehende», sagt Stricker. Am Schluss wird er die Technik mit einem schwarzen Molton unsichtbar machen. «Meistens ist Ton schneller als Licht», sagt Ellada. Dann helfen die Tönler beim Licht mit, bis alles fertig installiert ist.

«Der Beruf beinhaltet Technik und Kunst»

Daniel Stricker, Porjektleiter

Lichtshow für Stimmung

Inzwischen sind die Holzleiter und die Bodenplatten eingetroffen. Etwa vier Stunden wird der Aufbau im Casino dauern mitsamt dem Testen der installierten Anlage. Wenn etwas beim Licht oder beim Ton nicht funktioniert, muss Ellada den Fehler am Anfang des Signalflusses suchen und beheben, so hat es ihr der Oberstift erklärt, eine wichtige Bezugsperson für Ellada. Ihrem Unterstift hilft sie jeweils weiter. «Es ist cool, dass wir drei Lernende sind. So können wir uns austauschen.» Was Ellada an ihrem Job mag, ist wenn sie weiss, was sie machen muss. Stimme der Plan, sei der Job nicht stressig, sonst schon. Und sie mag es nicht, «wenn Leute Stress haben».

Portrait bei der Arbeit von Ellada Mechraliieva, 2. Lehrjahr als Eventtechnikerin, beim Aufbau für die Gambling Party im Casino Schaffhausen, am Freitag, 16. Mai 2025. (Melanie Duchene / Schaffhauser Nachrichten)
Bild: Melanie Duchene

Rüeger e-concept

Der grösste Veranstaltungstechnikbetrieb der Region wurde 2006 von Christoph Rüeger aus Schaffhausen gegründet. Das Team besteht aus 11 Mitarbeitenden, davon sind 3 Lernende. Zu deren Aufgabenbereichen gehört zur Hälfte die Veranstaltungstechnik an Konzerten, Kongressen, GVs, Open-Airs, Stadtfesten und Messen und zur Hälfte die Festinstallationen in Mehrzweckhallen, Schulhäusern, Kirchen und der Unterhaltungsgastronomie. Das Einsatzgebiet von Rüeger e-concept mit Hauptsitz in Schaffhausen und einer Filiale in Winterthur umfasst die ganze Nordostschweiz.

Abends wird Ellada das Lichtpult während der Gambling Night bedienen und farbige Akzente setzen. «Der Beruf beinhaltet Technik und Kunst», sagt Stricker. Er sei zwar sehr Technik-lastig, aber beim Operating auch sehr künstlerisch. Er selbst ist Quereinsteiger und war ursprünglich Automatiker. «Grundsätzlich muss man sehen und hören, was schön ist.» Zwischen Aufbau und Event kann Ellada heim. «Ich werde essen und schlafen.» Sie würde gern mehr Ton ausprobieren, aber das steht erst ab dem 3. Lehrjahr auf dem Programm und beinhaltet auch die Abmischung für komplette Bands. Spannend findet sie, dass sie das Lichtpult bedienen darf. «Ich bin froh, dass sie mir diese Chance geben.» Abends sei viel Energie da und nach dem Event kommt die Anerkennung. «Ich kann besondere Momente für andere Menschen schaffen, zum Beispiel Konzerte, an die sie sich erinnern. Es macht mich sehr froh, ein Teil davon zu sein – sei es beim Aufbau der Bühne oder bei der Gestaltung von Licht und Ton. Wenn ich sehe, dass Menschen das Licht fotografieren oder sagen, dass die Akustik sehr gut war, freut mich das besonders.»

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