Über 50 000 Versicherte kriegen Boni für Sport und gesundes Essen

Prämienrabatte für einen gesunden Lebensstil sind gefragt. Um an die Boni der Krankenkassen CSS und Swica zu kommen, versuchen sich bereits über 50 000 Versicherte fit zu halten.
Wenn ich schon gesund lebe, dann sollte ich weniger Krankenkassenprämien bezahlen. Nach diesem Motto sind seit knapp einem Jahr rund 11 000 Kunden dem Schrittzählprogramm der CSS in den Zusatzversicherungen beigetreten, wie CSS-Sprecherin Nina Mayer auf Anfrage der sda sagt. Am stärksten vertreten sei die Altersklasse der 25- bis 40-Jährigen, gefolgt von den 41 bis 60-Jährigen.
Mehr als die Hälfte der Versicherten, die mit einem elektronischen Schrittzähler unterwegs sind, seien Frauen. Maximal können die Teilnehmer eine Vergünstigung von 146 Franken pro Jahr erzielen. Wer mehr als 10 000 Schritte pro Tag zurücklegt, erhält 40 Rappen pro Tag. Mit 7500 bis 9999 Schritten pro Tag winken 20 Rappen.
Daten sollen anonym bleiben
Die CSS hat auf die anfängliche Kritik an den Anschaffungskosten des Schrittzählers reagiert. Wer bestimmte Zusatzversicherungen mit einem Gesundheits-Bonus-Konto hat, erhält alle drei Jahre 50 Franken gut geschrieben. Versicherte registrieren sich auf der Plattform der CSS. Ihre tägliche Bilanz auf dem Schrittzähler wird jede Nacht mit der Plattform synchronisiert.
Laut CSS bleiben die Daten anonym und werden allenfalls für die interne Angebotsgestaltung genutzt. Die Luzerner Versicherung hatte das Programm zusammen mit der ETH Zürich und der Universität St.Gallen über ein Jahr getestet, bevor es letzten Juli erstmals offiziell angeboten wurde.
Auch Rabatte für Raucher
Finanzielle Anreize zu gesundem Verhalten treffen offenbar den Nerv der Zeit. Das Bonusprogramm Benevita der Krankenkasse Swica gibt es seit 2013, letzten August ging es online. Per Ende April dieses Jahres waren 40'000 Versicherte eingeschrieben, wie Swica-Sprecherin Silvia Schnidrig auf Anfrage sagt.
Die Rabatte werden bei Swica mittels einer jährlichen Gesundheitsdeklaration erhoben. Ausschlaggebend sind die Faktoren Rauchen, Blutdruck, Alkoholkonsum, Gewicht, Ernährung, Sport und Entspannung. Maximal beträgt der Rabatt 5 Prozent auf der ambulanten Zusatzversicherung und maximal 15 Prozent auf der Spitalversicherung. Jeweils doppelt so hohe Rabatte einfahren können Kunden, die auch bei Swica grundversichert sind.
Sehr rigide ist das Programm allerdings nicht. Auch Kunden, die rauchen, leicht übergewichtig sind und nur einmal die Woche Sport treiben, können noch in den Genuss von hohen Rabatten kommen. Wenn sie dafür etwa auf ein ausreichendes Entspannungsverhalten und gesunde Ernährung achten. Die Swica-Sprecherin räumt ein, dass die Angaben nicht überprüfbar seien. Erst beim Leistungsbezug, beispielsweise einer Raucherentwöhnung für einen angeblichen Nichtraucher, erfahre Swica allfällige Falschangaben.
Warnung vor dem Preis der Rabatte
Swica rechnet damit, dass Versicherte mit einer hohen Rabattstufe auch weniger Leistungen beziehen. Sowieso würde die Finanzmarktaufsicht (Finma) Rabattmodelle nur erlauben, wenn sich nachweisen lasse, dass Versicherte im Bonusprogramm auch weniger Leistungen bezögen. Laut Finma-Sprecher Vinzenz Mathys geht es in erster Linie darum, dass der Rabatt und die Kriterien gerechtfertigt sind und nicht zu einer Ungleichbehandlung derer Versicherten führen.
Laut Versicherungsexperte Philipp Roth vom Versicherungsbroker Fairsicherung gibt der Kunde bei der Deklaration der Swica viel von sich preis für die Rabatte. Er rechnet mit einer weiteren Zunahme solcher Angebote und warnt: «Der Kunde bezahlt für solche Rabatte oft mit seinen Daten.» Jeder müsse für sich selber rechnen, ob es ihm das wert sei.
Dass es für Gesunde und Fitte einfacher ist, an Rabatte zu kommen, findet Roth nicht problematisch. Die Risikoselektion in der Zusatzversicherung sei ein Fakt und sie sei im Gegensatz zur Selektion in der Grundversicherung auch zulässig. Allerdings sei darum der Abschluss von Zusatzversicherungen schon vor der Geburt sinnvoll und nicht erst «wenn das Haus brennt».
Weitere Rabatt- und Boniprogramme sind in der Branche nicht bekannt. Dafür sieht die CSS Expansionspotenzial. Sie sucht bereits nach neuen Möglichkeiten, die Versicherten «zu einem gesünderen Lebensstil zu begleiten», wie CSS-Sprecherin Nina Mayer sagt. Im Fokus stünde derzeit die Unterstützung von chronisch Kranken wie Asthmatikern oder Diabetikern. (sda)