Ringen um Positionen und Parolen

Einmal wöchentlich treffen sich alle Mitglieder der Redaktion, um sich auszutauschen, Parolen zu fassen – und gelegentlich Kritik von aussen entgegenzunehmen.
Jeden Mittwoch findet im Zunftsaal zun Kaufleuten an der Vordergasse 58 für alle Redaktoren und redaktionellen Mitarbeitenden die wöchentliche Redaktionssitzung statt. Während die täglichen Frontseitensitzungen in der Cafeteria im Erdgeschoss abgehalten werden, diskutiert die Redaktion mittwochs jeweils auf einer übergeordneten Ebene. Nebst internen Informationen zu Personalien oder Geschäftsgang wird hier vor allem Inhaltliches debattiert: Welche grossen Themen stehen an? Wo braucht es einen Leitartikel? Sollen die US-Wahlen oder doch die Pläne für die Rhybadi den grossen samstäglichen Meinungsbeitrag ergeben? Oder ist die Misere des FCS nicht doch das Thema, welches besonders viele Schaffhauserinnen und Schaffhauser bewegt? Stoff genug für eine gute Debatte.
In der Regel wird auch an Mittwochssitzungen besprochen, welche Haltung die Redaktion in Abstimmungsfragen und bei Wahlen einnimmt. Jeweils drei Wochen vor einer Abstimmung publizieren die SN eine Abstimmungsempfehlung. Das wird bisweilen von einzelnen Lesern kritisiert. Die Redaktionsleitung ist aber überzeugt vom Konzept, eine Zeitung mit einer Haltung zu sein. Im Vorfeld einer Abstimmung kommen Befürworter und Gegner angemessen zu Wort und dürfen ihre Argumente darlegen. Oft führen die SN auch ein Streitgespräch durch, bei dem sich je ein Befürworter und ein Gegner einer Vorlage direkt verbal duellieren. Zum Schluss aber legt auch die Redaktion ihre Überlegungen dar. Einerseits als Beitrag zur Debatte, andererseits legen wir unsere Haltung auch bewusst offen – man kann uns daran messen.
Eine Parolensitzung läuft folgendermassen ab: Angenommen, es geht um eine Abstimmung in der Stadt Schaffhausen. In diesem Fall stellt der zuständige Redaktor die Vorlage vor. Er referiert, worum es geht, wie das Geschäft im Parlament behandelt wurde, wer dafür und wer dagegen ist und aus welchen Gründen. Dann stellt er im Namen des Ressorts einen Antrag an die Redaktionsleitung. Nun ist die Diskussion für Nachfragen, weitere Argumente und deren Würdigung offen. Wer anderer Meinung ist, kann einen Gegenantrag formulieren. Zum Schluss zählt nicht einfach die Quantität der Pro- oder der Kontrameinungen, sondern auch eine qualitative Würdigung der Argumente. Und die Parole soll mit den Grundwerten zu vereinbaren sein, welchen sich die SN verpflichtet sehen: Dazu gehören eine liberale Grundhaltung und eine Stärkung des Föderalismus sowie des Subsidiaritätsprinzips, das besagt, dass Entscheide möglichst auf der untersten staatlichen Ebene gefällt werden sollen. Bei inhaltlich sehr umstrittenen Themen gibt es oft eine zweite Runde, in der die Redaktion einen Experten einlädt, der offene Fragen klärt.
Wenn keine Parolendiskussionen anstehen, werden in unregelmässigen Abständen Gäste für eine externe Blattkritik eingeladen. Die Redaktion erhält so wertvolle Aussenperspektiven auf die Zeitung. Es gibt Lob und Tadel, in jedem Fall aber neue Anregungen, was die SN noch besser oder noch öfter machen könnten.
Bestandteil jeder Mittwochssitzung ist eine Blattkritik durch Chefredaktor Robin Blanck. Dabei wird diskutiert, was in der aktuellen Ausgabe gelungen ist und was nicht – sowohl in Bezug auf Texte wie auch auf Bilder. Und auch handwerkliche Fragen haben Platz. Den Abschluss bildet eine Umfrage: Jeder Redaktor und jede Redaktorin wird aufgerufen und kann Probleme vorbringen oder einen Denkanstoss geben – auf dass die Debatten nie versiegen.