«Veränderungen sind auch immer eine Chance»

Iris Fontana | 
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Katrin Bär hat keine Angst, dass sich in naher Zukunft in der Schaffhauser Innenstadt nur noch Weltkonzerne tummeln werden. Bild: Roberta Fele

Mit Leder-Locher verliert die Altstadt ein weiteres Fachgeschäft: Bedauerlich, aber kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken, finden City-Manager Lukas Ottiger und Katrin Bär, Shop-Leiterin Gretener Blumen Schaffhausen und Vertreterin Detailhandel von Pro City.

Wie stufen Sie die Schliessung des Traditionsunternehmens Leder Locher ein?

Katrin Bär: Natürlich ist es immer sehr schade, wenn ein Traditionsgeschäft schliessen muss. Aber es ist Realität, dass sich das Kaufverhalten der Kunden in den letzten Jahren verändert und sich hin zum Onlineshopping verlagert hat.

Lukas Ottiger: Grundsätzlich ist eine Ladenschliessung Teil der wirtschaftlichen Normalität. Es gab schon immer Geschäfte, die aus wirtschaftlichen Gründen schliessen mussten, wie auch schon immer neue Geschäfte eröffnet wurden.

Sie würden also nicht sagen, dass in der Innenstadt ein Lädelisterben im Gang ist?

Bär: Es ist ein schwieriger Kampf, in der heutigen Zeit ein Geschäft zu führen. Dabei ist es essenziell, immer mit der Zeit zu gehen und das Verkaufsverhalten und die Nachfrage der Kunden kontinuierlich zu evaluieren. Das ist für ein Geschäft wie das unsere jedoch einfacher als für einen Leder Locher, der ein fixes Sortiment hat und ein Stück weit auch daran gebunden ist. Dennoch würde ich nicht von einem Lädelisterben sprechen. Ich bin überzeugt, dass man heute auch als Traditionsgeschäft in Schaffhausen bestehen kann.

Ottiger: Man kann dies weder bejahen noch verneinen. Ja, es gehen Läden zu, es werden aber auch wieder neue eröffnet. Veränderungen sind auch immer eine Chance. Wir sollten uns darauf konzentrieren. Es ist uns aber bewusst, dass die Herausforderungen gross sind und die Situation sehr anspruchsvoll für die Detailgeschäfte ist. Dies ist aber nicht nur in Schaffhausen der Fall, sondern in ganz Europa.

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Im Statement, das Leder Locher-CEO Valentino Velasquez den Schaffhauser Nachrichten zustellte, bezeichnet er Schaffhausen als schwieriges Terrain. Entspricht dies Ihrer Einschätzung?

Bär: Klar haben wir in einer Grenzstadt mit einer grossen deutschen Konkurrenz zu leben. Das ist jedoch kein neues Phänomen. Als Anbieter im Hochpreissegment hat man es in Schaffhausen wohl schon etwas schwieriger als in Zürich, wo das Geld noch lockerer in der Tasche sitzt. Und trotzdem: Die Konkurrenz ist ja überall.

Ottiger: Spannend wäre die Frage, weshalb Herr Velasquez Schaffhausen als schwieriges Terrain wahrnimmt. Ich persönliche empfinde Schaffhausen nicht so. Im Gegenteil, durch ihre Zentrumsfunktion in der Region hat die Stadt eine wichtige Bedeutung. Die Leute gehen auch heute noch «in die Stadt» um sich zu treffen und zum Einkaufen. Gemäss der GDI Studie «Ausgebummelt» hat sich zudem die Passantenfrequenz in der Nähe von Geschäften in Schaffhausen in den letzten Jahren weniger stark reduziert als beispielsweise in Zürich.

«Als Anbieter im Hochpreissegment hat man es in Schaffhausen wohl schon etwas schwieriger als in Zürich, wo das Geld noch lockerer in der Tasche sitzt.» 

Katrin Bär

Haben es Fachgeschäfte allgemein auch schwerer auf dem Markt. Werden sie vermehrt durch internationale Ketten abgelöst?

Ottiger: Es ist leider schon so, dass gerade Fachgeschäfte besonders stark unter einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld leiden, da sie sich ja explizit auf ein bestimmtes Produkt spezialisieren und damit auch eine grosse Abhängigkeit bezüglich Nachfrage nach diesem Produkt besteht. Da haben es Geschäfte, die diversifizieren können, einfacher. Als Reaktion auf den Wandel ist aber vermehrt zu beobachten, dass neue kooperative Ladenkonzepte entstehen, die verschieden Fachgeschäfte auf einer Verkaufsfläche vereinen – physisch wie auch online.

Bär: Jein. Klar, internationale Player können anders rechnen und Ladenflächen zahlen, die sich kleine Betriebe nicht leisten können. Aber nein, ich habe keine Angst, dass sich in naher Zukunft in Schaffhausen nur noch Weltkonzerne tummeln werden. Insbesondere da wir viele kleine, eigentumsgeführte, innovative und coole Geschäfte haben. Auch wenn man schaut, welche aufgehen, sind dies eher kleine, individuelle Geschäfte.

«Als Reaktion auf den Wandel ist aber vermehrt zu beobachten, dass neue kooperative Ladenkonzepte entstehen, die verschieden Fachgeschäfte auf einer Verkaufsfläche vereinen – physisch wie auch online.»

Lukas Ottiger

Sie sind also optimistisch für die Zukunft?

Ottiger (lacht): Ich hätte den falschen Job, wenn ich nicht optimistisch wäre. Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich der Handel schon immer verändert hat und man sich stetig mit neuen Gegebenheiten arrangieren muss. Ich bin auch zuversichtlich, weil es in Schaffhausen sehr viele engagierte Menschen gibt und bin überzeugt, dass die Altstadt immer ein lebendiger Ort sein wird, an dem man sich trifft und auch einkauft.

Bär: Ja, ich glaube es ist sehr wichtig, positiv in die Zukunft zu schauen und nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Es gilt, sich eine Nische zu suchen und sich zu fragen, wie man sich verändern kann, damit die Leute bei einem bleiben und zusätzliche dazukommen. Ich bin vom Potenzial von Schaffhausen überzeugt.

Worin sehen Sie ihre Aufgabe?

Ottiger: Wir arbeiten eng mit verschiedenen Innenstadtakteuren wie Pro City, Gewerbeverband, Schaffhauserland Tourismus, Einwohnerverein und Gastroverband zusammen. Mit ihnen haben wir verschiedene Handlungsfelder diskutiert und priorisiert, zum Beispiel wie die Altstadt belebt werden oder dem Leerstand entgegengewirkt werden kann. Gemeinsam gehen wir nun vorwiegend Massnahmen zur Belebung der Altstadt an.

Bär: Als Pro City versuchen wir, beispielsweise mit Events wie dem «First Friday», den wir zusammen mit City-Manager Lukas Ottiger organisieren, Leute in die Stadt und in die Läden zu bringen.

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