Ein Gerichtsfall, Stacheldraht und Maikäfer an der Leine

Janosch Tröhler | 
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Symbolbild: Pixabay

Was schrieben die Schaffhauser Nachrichten eigentlich am 5. Mai? Wir haben im Archiv gestöbert und sind auf drei skurrile Meldungen gestossen.

Der moralische Zeigefinger

Am 5. Mai 1880 berichteten die SN «aus dem Gerichtssaale». Vor dem Kantonsgericht stand Joh. Heller, Schreinergeselle von Büsigen, und Heinrich Hartmann, Schustergeselle von Main. Das Gericht hat die beiden «wegen des im Complotte begangenen Raubanfalles, ausgeführt gegen die Frau Oechslin, Wirthin zur Rheinhalde, bei Schaffhausen, je zu 3 Jahren Zuchthaus und den üblichen Folgen verurtheilt».

Soweit scheint es sich um eine simple Meldung zu halten, doch dann begann der Autor dieser Zeilen den moralischen Zeigefinger zu schwingen:

«Heller ist nunmehr 20, Hartmann 22 Jahre alt. Der erstere wurde früher schon wegen Diebstahls hierorts bestraft. Bis an ihr Lebensende können diese Verbrecher die Bekanntschaft noch mit vielen Strafrichtern und Zuchthäusern machen, wenn sie auf der betretenen Bahn vorwärts schreiten!»

Heute kaum mehr vorstellbar.

 

 

Der inhumane Stacheldraht

Anno 1887 findet sich eine Meldung zum äusserst gefährlichen Stacheldraht: «Die Drahtstacheldrähte, deren Anwendung bereits in einigen Kantonen untersagt worden, scheinen auch in unserm Kanton ihre verderblichen Früchte zu tragen.»

Schon damals wusste man: Eine Geschichte muss emotional mitreissen, wenn sie etwas bewegen soll.

«Während wiederholt harmlos passierende Kinder nicht bloss an Kleidern, sondern auch körperlich beschädigt worden sind, ist dieser Tage an einer öffentlichen Dorfstraße ein Stück Vieh dadurch durch aufreissen der Haut arg geschädigt worden, so dass es zur Stunde noch ungewiss ist, ob dasselbe nicht abgeschlachtet werden muss!»

Und natürlich kommt auch hier der klare Aufruf an die Behörden:

«Bevor grösseres Malheur passiert, würde sich die Polizeidirektion grossen Dank erwerben, die Anbringung solcher Drahtstacheln zu untersagen, in der Meinung, daß solche bestehende Zäune sofort zu entfernen sind; diese Einrichtung ist unter allen Umständen eine inhumane und verwerfliche!»

 

 

Die angeleinten Maikäfer

Am 5. Mai 1900 fanden wir wohl die skurrilste aller Kurzmeldungen. Lustig ist es nicht, denn es geht um Tierquälerei. Die SN schrieben:

«In der gegenwältigen Maikäferzeit muß man leider vielfach die Beobachtung machen, dass Kinder mit den Maikäfern ein rohes Spiel treiben, indem sie ihnen Faden an die Beine binden, sie wieder fliegen lassen. Wir machen Eltern und Lehrer auf diese verrohenden Vorkommnisse im Interesse der Kinder angelegentlich aufmerksam.»

 

 

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