Keine Plätze für Fahrende im Kanton

Mark Liebenberg | 
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Wenn es um Durchgangsplätze für Fahrende geht, ist man in anderen Kantonen weiter als in Schaffhausen: Eine Gruppe Fahrender machte im vergangenen Oktober in der Zürcher Gemeinde Feuerthalen halt. Archivbild: Mark Gasser

Der Kanton müsste laut Raumplanungsrecht einen Durchgangsplatz für Fahrende planen. Davon ist man in Schaffhausen weit entfernt - jetzt soll das Projekt in Angriff genommen werden.

Anfang Oktober haben in der Gemeinde Feuerthalen 20 Wohnwagen haltgemacht: Es waren Fahrende auf der Durchreise, die bei einem Bauer ein Feld mieten konnten und einige Tage vor Ort blieben. Die Feuerthaler Bevölkerung reagierte wohlwollend auf diese Visite, nur vereinzelt wurde von Anwohnern Lärm, Schmutz oder die Missachtung von Fahrverboten beanstandet .

Die rund 30'000 Schweizer Fahrenden – wovon rund 3000 nomadisch leben – haben als anerkannte kulturelle Minderheiten Anspruch auf Stand- und Durchgangsplätzen in den Kantonen. Als Teil der Raumplanung müssen die Kantone geeignete Flächen für die vorübergehende Nutzung bezeichnen. Im Kanton Schaffhausen setzte man dazu bisher auf die Gemeinden; sie sollten im Rahmen von Nutzungsplanrevisionen definitive Flächen finden. Bis diese definitiven Plätze gefunden sind, müssten auch Flächen für die temporäre Nutzung bezeichnet werden.

Kantonsrat entscheidet demnächst

Im Kanton Schaffhausen jedoch verlief die Suche nach geeigneten Plätzen bisher im Sand. Eigentlich müsste ein Platz mit zehn Stellplätzen zur Verfügung gestellt werden. Im neusten Richtplanentwurf, der noch vor Jahresende im Kantonsrat zur Abstimmung kommt, räumt der Regierungsrat ein, dass die Suche «bisher erfolglos» geblieben ist. Er verweist auf eine spätere Richtplanrevision, um dieses Thema anzugehen. «Der Kanton prüft weiterhin Massnahmen zur Erfüllung dieses Auftrags», heisst es da.

Gegenüber den SN sagt Baudirektor Martin Kessler: «Im konkreten Fall müssten wir zurzeit zusammen mit der Standortgemeinde und eventuell dem Grundeigentümer ad hoc eine Hilfestellung geben, damit für die Dauer des Aufenthaltes ein geordneter Betrieb gewährleistet ist.» Gemäss neuster Fassung der Richtplanvorlage muss der Kanton zusammen mit den Gemeinden Flächen prüfen, die sich für einen Durchgangsplatz eignen könnten. «Weil neu der Kanton die Kosten für die Einrichtung des Durchgangsplatzes übernehmen würde, ist die Wahrscheinlichkeit, dass zeitnah eine Lösung gefunden wird, realistischer geworden», sagt Kessler.

Der Bund indes hat den Kanton wiederholt aufgefordert, eine aktivere Rolle bei der Suche nach einem Durchgangsplatz für Aufenthalte bis circa 30 Tage während der Reisesaison einzunehmen. Die Plätze müssen in der Bauzone oder der Zone der öffentlichen Hand liegen und über eine entsprechende Ausstattung verfügen: Trinkwasser, Abwasser, Strom und Abfall.

Standplätze für Fahrende, Sinti und Roma waren auch Thema einer Fachtagung des Schweizerischen Gemeindeverbands. Dessen Präsident, der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann, beklagte dort ebenfalls die vielerorts noch fehlenden offiziellen Plätze. In die Standortsuche im Kanton Schaffhausen wolle er sich aber nicht einmischen, sagt er auf Anfrage. «Das ist Sache des Regierungsrates und der Gemeinden. Selbstverständlich sollten auch Vertreter der Fahrenden angehört werden», sagt Germann auf Nachfrage. «Geordnete Verhältnisse sind in jedem Fall besser, als wenn es zu einer wilden Aktion von Fahrenden auf der Durchreise kommt», sagt Germann.

«Es wäre gut, wenn sich der Kanton Schaffhausen ­einen Termin ­setzen würde.»

Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende»

Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der vom Bund gegründeten und getragenen Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende, ist gleicher Meinung: «Offizielle Halteplätze bieten eine gute Möglichkeit, ­Regeln mit der Gemeinde und der Nachbarschaft zu vereinbaren.» Erhebungen der Stiftung zeigten, dass auch Schaffhausen von Fahrenden für die Durchreise genutzt wird. Andere Kantone seien aber viel weiter als Schaffhausen. Der Aargau zum Beispiel hat insgesamt sechs Plätze geschaffen, weitere sind in Planung. Der Kanton Zürich hat ein Konzept erstellt und eine eigene Fachstelle geschaffen. Und auch im Kanton Thurgau sehe man Fortschritte, sagt Röth­lisberger: «Uns ist klar, dass der Kanton die Plätze meist nicht im Alleingang realisieren kann. Dazu braucht es die Gemeinden, denn die Plätze stehen schliesslich immer in einer Gemeinde.» Vom Kanton Schaffhausen wünschen sich die Betroffenen eine aktivere Rolle. «Will der Kanton seiner ­Verpflichtung nachkommen, wäre es gut, wenn er sich einen Termin setzt, zum Beispiel 2022», meint Röthlisberger.

Wenn Fahrende in den letzten Jahren im Kanton Schaffhausen Rast gemacht haben, dann war dies etwa in den Gemeinden Wilchingen (auf Privatgrund) oder in Neuhausen am Rheinfall. In der am letzten Wochenende an der Urne abgelehnten Neuhauser Nutzungsordnung fand das Thema Durchgangsplätze keine Erwähnung.

Immer wieder aufgetaucht ist der Name des Areals Oberwiesen in der Gemeinde Schleitheim. Nach dem vorerst gescheiterten Umzug der dort untergebrachten Trainingsanlage für den Zivilschutz ist dort jedoch zurzeit alles unklar. Widerstand gegen einen Durchgangsplatz hat die Gemeinde bereits angekündigt und in der Vernehmlassung erfolgreich für die Streichung des Standortes Oberwiesen votiert.

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