Wo gute Vorsätze zum Schwitzen führen

Ulrich Schweizer | 
Noch keine Kommentare

Der Mensch erfand im Laufe der Geschichte Maschinen, die ihm die körperliche Arbeit abnehmen – dann entdeckte er, dass seine Muskeln zu verkümmern drohen. Flugs werden ­Maschinen ­erfunden, an denen er seine Muskeln stählen und sein Fett schmelzen kann. Bericht von einem Selbstversuch nach den Festtagen.

Im Fitnessstudio sind Ähnlichkeiten mit dem Strampeln im Hamsterrad unvermeidlich, doch wenn Kraft und Beweglichkeit als Lohn winken, Gesundheit und ein buchstäblich leichteres Leben, ewige Jugend vielleicht gar … Und wie war das noch mal mit der guten alten Eitelkeit und den guten neuen Vorsätzen fürs neue Jahr?

Jedenfalls bin ich in bester Gesellschaft: Im Eurofit am Rheinweg trainieren am Bächtelistag alte, in Ehren ergraute Kämpen neben grazilen Gazellen mit Rossschwänzchen auf dem Laufband und jungen, muskelbepackten Wilden. Hinten rechts ist die Ecke für die schweren Jungs mit schwerem Gerät und scharfen Tattoos. Ein Stadtpräsident hobelt seinen beneidenswerten Waschbrettbauch glatt, ein drahtiger Jurist zieht am Kabel Gewichte in die Höhe, eine durchtrainierte Regierungsrätin grüsst mit verschmitztem Lächeln. Die drei sind in drei verschiedenen Parteien zu Hause, hier trainieren sie friedlich unter einem Dach.

Am Anfang nichts überstürzen

Mein Instruktor ist Tom Gasser, ein Mann mit glatt rasiertem Kopf und Muskeln zum Anbeissen. Er checkt meinen Gesundheitszustand anhand meines Anmelde­bogens und fragt nach meinen Zielen. Die sind rasch aufgezählt: weniger Bauch, mehr Kraft und Fitness – das bedeutet, den Stoffwechsel anregen. «Nicht voll ausgelastet anfangen, den Körper lieber langsam an die neuen Aufgaben heranführen», rät Tom. Bei den Übungen also nicht schwere Gewichte mit nur wenig Wiederholungen, sondern leichtere Belastung, dafür mehr Wiederholungen. «Mit zu hohen Gewichten riskiert man, sich zu überfordern – und verdirbt sich damit die Laune. Dabei sind Erfolgserlebnisse am Anfang wichtig», so Tom.

Aufwärmen, Kraft und Ausdauer

Wir stellen einen Kraftblock und einen Ausdauerteil zusammen, die miteinander etwa eine Stunde in Anspruch nehmen sollten. Aber halt, zuerst aufwärmen! Zum Aufwärmen empfiehlt Tom Ganzkörperübungen. Am Crosstrainer oder Stepper wird eine Mischung von Wassertreten und einem schwebenden Lauf durch eine Hügellandschaft simuliert, mit realem Blick auf den Rhein und die Flurlinger Reben. Achtung: Wenn man beim Antreten nicht bewusst nach vorne strampelt, gerät man dabei leicht in den «Hindersigang». Der Name Stepper ist Programm, denn die Beine steppen deutlich mehr als die Arme, die eher passiv mitgezogen werden. Das ist an der Rudermaschine ganz anders: Hier werden die Muskeln in den Armen und im Rücken mehr gefordert als die Beine. Wichtig ist hier ruhiges, regelmässiges Atmen.

Beim anschliessenden Krafttraining gilt es zunächst herauszufinden, mit welchem Anfangsgewicht 15 Wiederholungen der einzelnen Übungen gut zu bewältigen sind. Bei künftigen Besuchen wird gesteigert: jedes Mal eine Wiederholung mehr bis 20, dann wird beim Gewicht ein Zacken zugelegt.

Beine, Po und Bauch

An der Medizinischen Beinpresse wird deutlich, was für ein Langzeitgedächtnis die Muskeln haben. 40 Jahre ist es nun her, dass die Oberschenkel dreimal pro Woche im Skilehrertraining am Morgen früh geschunden wurden, bis sie zu pfeifen anfingen – und noch heute stemmen sie locker 95 Kilo. Und da ist es wieder, nach zehn Wiederholungen, das Glühen der Oberschenkelmuskeln an der Schmerz-Lust-Grenze wie beim Tiefschneefahren! Tags darauf ­rächen sie sich allerdings mit einem ausgewachsenen Muskelkater, der aber, ­wieder einen Tag später, im zweiten Training beim Warmlaufen auf dem Stepper rasch verschwindet.

Die Pomuskeln, politisch korrekt die Abduktoren und Adduktoren der Hüfte, sind da weitaus vergesslicher: Sie scheinen sich im Training überhaupt nicht mehr daran zu erinnern, dass es sie gibt, geschweige denn, was für wichtige Aufgaben sie haben. Aber auch sie erreichen die Schmerz-Lust-Grenze, allerdings bereits bei einem Trainingsgewicht von 37,5 Kilo.

Die Muskeln der Brust und der Schultern führten beim Skifahren immer ein Mauerblümchendasein, wenn man nicht gerade ein zweites Paar Ski buckeln oder ein Kind auf der Piste auflesen musste. Sie erschrecken gehörig, als sie beim sogenannten Bankdrücken an der Brustpresse plötzlich aus ihrem Dornröschenschlaf unter der ansehnlichen Fettschicht geweckt und danach zusätzlich von Kurzhanteln gefordert werden.

Die obere Rückenmuskulatur wird mit sogenanntem Freiem Rudern gestärkt, die untere auf dem Rückenstrecker, der «Back Extension Machine». Die seitlichen Bauchmuskeln bekommen eine fein dosierte Rotation mit 10 Kilo Anfangsgewicht zu spüren, zuerst nach rechts, dann nach links.

Als Ausdauertraining ist Velofahren angesagt, beim zweiten Mal wähle ich das Liegevelo. Hier die technischen Daten: Auf Stufe 10 mit einem Puls von 145 bei 70 Umdrehungen pro Minute werden 100 Kalorien verbraucht. «Man sollte sich dabei immer noch unterhalten können», bemerkt Trainer Tom. Am Schluss wird mein persönlicher Trainingsplan in der grossen Hänge­registratur abgelegt – und wartet dort auf meinen nächsten Besuch …

Fitnesstraining: Ein sanfter Einstieg bringt oft grösseren Erfolg

Wer sich entschliesst, etwas für seine Fitness zu tun, sollte sachte anfangen. Bei den Übungen also lieber leichtere Belastung und dafür mehr Wieder­holungen wählen als schwere Gewichte mit wenig Wiederholungen. Was die Trainingshäufigkeit betrifft, sollte man sich ebenfalls keine zu hohen Ziele setzen: «Lieber nur zweimal pro Woche, das bringt schon schöne Fortschritte, wenn man’s auch wirklich durchhalten kann. Und das ist besser, als sich in der Anfangseuphorie vorzunehmen, täglich zu trainieren, und dann aufzuhören, weil man’s zeitlich nicht durchhalten kann», sagt Fitnessinstruktor Tom.

Nach zwei, drei Monaten ist es dann Zeit, den Gesamtzustand neu zu erfassen für eine Trainingsanpassung: Sind wir auf dem richtigen Weg? Wo sind höhere Belastungen möglich? Eventuell braucht es neue Übungen, bevor die alten anfangen, langweilig zu werden.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren