Geniesst die kleinen Notlügen, liebe Eltern – Kinder sind nicht ewig so naiv!

Ralph Denzel | 
Lesenswert
Noch keine Kommentare

Wir schreiben das Jahr 2018. Sohnemann ist knapp drei Jahre alt und watschelt an Papas Hand durch die Schaffhauser Altstadt. Schon von weitem sieht er das goldene «M» in der Vorstadt. Gerade erst hat er seinen ersten «McFlurry» gegessen und ist seither auf den Geschmack gekommen.

Zugegeben, der Tag war bisher sehr anstrengend. Sohnemann hat seinen Mittagsschlaf verpasst (Eltern wissen, was das bedeutet und haben jetzt wahrscheinlich Mitleid mit mir), die Spielplätze, auf denen wir waren, haben nicht gerade dazu beigetragen, die Laune des Kleinen zu heben und Papa hat auch langsam die Nase voll. Was also tun?

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bald Zeit fürs Abendessen ist. Wenn ich Junior jetzt einen «McFlurry» erlaube, wird er abends kaum Hunger haben und spätestens dann, wenn der Zucker nicht mehr in seinem Blutkreislauf ist, noch unzufriedener sein als ohnehin schon und Papas Nerven noch mehr strapazieren.

«Ich will zu McDonalds!», höre ich ihn sagen.

«Welcher Tag ist heute?», frage ich mit Engelszungen zurück.

«Mittwoch!», antwortet Junior, der gerade erst die Wochentage gelernt hat.

In bester Hollywood-Schauspielermanier ziehe ich ein enttäuschtes Leidensgesicht und erkläre dem Kleinen, dass das aber so blöd ist, weil ausgerechnet heute, immer mittwochs, der McDonalds geschlossen hat und wir da jetzt nicht hin können.

Weil Papa das sagt, muss es wohl stimmen und mit etwas Ablenkung merkt Sohnemann auch nicht, dass aus irgendeinem Grund trotzdem ständig Leute aus dem Laden kommen.

Ja, ich habe meinen Sohn angelogen. Aber, liebe Eltern, Hand aufs Herz: Wer tut das nicht? Geht ihr immer lieber auf Konfrontationskurs, als mit einer kleinen Notlüge Diskussionen und Streit zu vermeiden? Habt ihr immer die Energie, über alles zu diskutieren, auch wenn es noch so unwichtig ist? Habt ihr die Nerven, immer konsequent Nein zu sagen, auch wenn der Nachwuchs wütend und zickig ist? Ist es nicht einfacher, einmal kurz zu flunkern und die Sache ist erledigt?

Natürlich habe ich es nie übertrieben. Aber manchmal war meine Energie so erschöpft, dass eine Notlüge die bessere Alternative schien. Manchmal helfen sie sogar: Mein Sohn litt jahrelang unter Albträumen. Irgendwann hatte er Angst, ins Bett zu gehen, weil wieder ein Albtraum kommen könnte. Da ich nicht immer neben ihm liegen wollte und konnte, bis er eingeschlafen war, gab ich ihm irgendwann «Anti-Albtraum-Tabletten». Und siehe da: Er wusste, dass jetzt kein Albtraum mehr kommen konnte, weil Papa ihm die Tabletten gab und er schlief wieder durch. Dass es sich dabei um Zuckerperlen handelte, musste er ja nicht wissen.

Liebe Eltern, geht nicht zu hart mit euch um, wenn ihr auch mal eine Notlüge benutzt. Kein Mensch ist perfekt. Aber benutzt sie mit Bedacht, denn Kinder sind nicht ewig so naiv, dass sie jede kleine Lüge glauben. Mein Sohn zum Beispiel kann heute lesen und wenn ich ihm sage, dass McDonalds am Mittwoch geschlossen hat, dann geht er zum Schild gehen und sieht, dass das nicht stimmt.

Ja, es ist eine wertvolle (und stressfreie) Zeit, in der die Kinder noch eine gewisse Naivität haben.

Hier schreibt Ralph:

 

39 | Alleinerziehender Papi | schreibt über die Alltagstücken als Alleinerziehender

News, Tipps & Tricks für Schaffhauser Familien

 

Erhalte jeden Donnerstag unseren Newsletter «Flaschenpost».

Mit der Anmeldung akzeptierst Du unsere AGB und Datenschutzerklärung.

Ist dieser Artikel lesenswert?

Ja
Nein

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren