Ermittlungen im Departement Gobbi

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Der Tessiner Sicherheitsdirektor Norman Gobbi informierte gestern zu den Festnahmen von Mitarbeitern des Tessiner Migrationsamt im Fall von Menschenhandel. Bild: Key

Ein Mitarbeiter und zwei ehemalige Angestellte des Tessiner Migrationsamtes wurden verhaftet. Sie haben sich angeblich bestechen lassen, um Aufenthaltsbewilligungen für nicht berechtigte Personen zu erteilen.

von Gerhard Lob

Im Rahmen einer Strafuntersuchung wegen Menschenhandels und des Erschleichens unberechtigter Aufenthaltsbewilligungen haben die Tessiner Staatsanwaltschaft und Polizei gestern und vorgestern insgesamt sechs Personen im Bellinzonese verhaftet.

Die Affäre erschüttert die Tessiner Kantonsbehörden, weil sich unter den Festgenommenen ein 28-jähriger Mitarbeiter und zwei ehemalige Mitarbeiterinnen im Alter von 28 und 23 Jahren des Migrationsamtes befinden. Sie sollen Geld angenommen haben, um Aufenthaltsbewilligungen für Personen zu vermitteln, die kein Anrecht darauf hatten.

Den Verhafteten wird passive Bestechung, Diebstahl und Verstoss gegen das Ausländergesetz vorgeworfen. Gemäss Mitteilung der Ermittler arbeiteten sie mit einem 25-jährigen Schweizer kosovarischen Ursprungs zusammen, der ebenfalls in Untersuchungshaft gesetzt wurde. Gegen ihn wird wegen Menschenhandels, aktiver Bestechung, Urkundenfälschung und Verstoss gegen das Ausländergesetz ermittelt.

Hinweise aus dem Ausland

Er hatte im Raum Bellinzona eine Baufirma gegründet, die jedoch nie wirklich aktiv war. Es dürfte sich um eine Scheinfirma handeln, um über Arbeitsverträge Aufenthaltsbewilligungen B für Ausländer zu erhalten. Für die Vermittlung dieser Bewilligungen soll er jeweils 1000 Franken verlangt haben. Einen Teil der Gelder gab er offenbar den beiden mutmasslichen Komplizen im Migrationsamt. Diese erhielten für ihre Dienste gemäss Staatsanwaltschaft «mehrere Tausend Franken». In wie vielen Fällen und über welchen Zeitraum gemauschelt wurde, ist bis anhin nicht bekannt. Der Hinweis auf Unregelmässigkeiten kam im vergangenen Frühjahr von Bundesbehörden, die ihrerseits Hinweise aus dem Ausland erhalten hatten.

Der Direktor des zuständigen Justiz- und Innendepartements, Norman Gobbi (Lega), ein Hardliner in Ausländerfragen und SVP-Bundesratskandidat im Jahr 2015, zeigte sich gestern bestürzt: «Dies bedeutet einen schwerwiegenden Vertrauensbruch.» Für das Image seiner Behörde sind diese Vorfälle natürlich nicht gut. Gobbi erklärte, dass die beiden Mitarbeiter 2009 als Hilfskräfte und 2010 fest eingestellt wurden. Das Migrationsamt sei eine sehr heikle Abteilung. «Ich habe nach meiner Wahl 2011 und der Übernahme des Departements umgehend angeordnet, dass nur noch Schweizer hier arbeiten dürfen», sagte Gobbi, mit dem Hinweis, dass der jetzt Verhaftete bei seiner Anstellung noch Italiener war.

Mehr als 70000 Anträge im Jahr

Zudem trüge die vor wenigen Tagen angekündigte Neuorganisation des Amts bereits dem mutmasslichen Betrugsfall Rechnung. Auf jeden Mitarbeiter müsse Verlass sein. Bei der Bearbeitung von mehr als 70 000 Anträgen pro Jahr sei es nicht möglich, jedes Gesuch von zwei Mitarbeitern prüfen zu lassen.

Tatsächlich steht das Tessiner Mi­grationsamt nicht zum ersten Mal im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Anfang des Jahrtausends sorgte im Zusammenhang mit der Affäre um den korrupten Richter Franco Verda die Bewilligung für den mutmasslichen Zigarettenschmuggler Gerardo Cuomo und andere zwielichtige Gestalten für rote Köpfe. Damals ging es um den Leiter der Behörde. Der Grosse Rat bildete sogar eine Untersuchungskommission.

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