Knatsch an der IVF-Generalversammlung trotz Sonderdividende – jetzt wird eine Untersuchung geplant

Kay Fehr | 
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Verwaltungsratspräsidentin Cornelia Ritz Bossicard muss sich wohl auf eine Sonderuntersuchung – initiiert durch IVF-Minderheitsaktionäre – gefasst machen. Bild: Roberta Fele

Einige Minderheitsaktionäre der Neuhauser IVF Hartmann AG sind unzufrieden und wollen mehr Geld – obwohl der Verwaltungsrat an der Generalversammlung vom Dienstag eine Sonderdividende durchgebracht hat. Wie es weitergeht, wird wohl eine Untersuchung klären.

Die Ausgangslage vor der Generalversammlung des Neuhauser Herstellers von Medizinalgütern IVF Hartmann AG war gleichzeitig spannend und doch eine Formsache. Denn: Die deutsche Paul-Hartmann-Gruppe ist Mehrheitsaktionärin und kann somit eigentlich alleine entscheiden, ob sie die Geschäfte annehmen oder ablehnen will. Dennoch hat sich im Vorfeld eine Gruppe aus Minderheitsaktionären um Erhard Lee gebildet, die eine höhere Dividende fordert – und eine Sonderuntersuchung.

«Tropfen auf den heissen Stein»

Schon im Vorjahr war es Lee, der eine höhere Dividende und zusätzlich eine Sonderdividende beantragte. Heuer schien ihm der Verwaltungsrat entgegengekommen zu sein: Traktandiert war neben einer ordentlichen Dividende von 3.20 Franken (Vorjahr: 2.50 Franken) eine Sonderdividende, also eine einmalige Ausschüttung von weiteren 5 Franken.

«Wir haben mit dem Antrag bereits viel erreicht, ohne ihn gäbe es die zusätzliche Ausschüttung wohl nicht.»

Erhard Lee, Vertreter einiger Minderheitsaktionäre

«Wir haben mit dem Antrag bereits viel erreicht, ohne ihn gäbe es die zusätzliche Ausschüttung wohl nicht», sagte Lee vor Beginn der Generalversammlung. Es sei zwar viel weniger, als sie sich erwünscht hätten, einen «Tropfen auf den heissen Stein», er sei aber erfreut, dass sich der Verwaltungsrat offenbar Gedanken gemacht habe. Nichtsdestotrotz soll die Sonderuntersuchung stattfinden, dafür braucht es 5 Prozent des Aktienkapitals. «Wir sind der Meinung, dass der Hauptaktionär rund 3,5 Millionen Franken zu wenig Zins auf das von IVF gewährte Darlehen bezahlt hat», so Lee. Je nach Resultat der Untersuchung würden dann weitere Schritte eingeleitet werden. Das könnte auch in einer Klage gegen den Verwaltungsrat münden.

Anliegen bleiben chancenlos

Im Vorfeld der Versammlung ist aus den Reihen der Anwesenden – fast 400 Aktionärinnen und Aktionäre nahmen in der Neuhauser Rhyfallhalle Platz – Unterschiedliches zu hören. «Ich glaube nicht, dass sich Erhard Lee durchsetzen kann», sagt ein Mann. Anders sehen das wiederum Monika und Gianbattista Vavassori, die seit 15 Jahren zu den Aktionären zählen; sie würden die Sonderdividende begrüssen. «Wenn das Geschäft gut läuft, warum nicht?», sagen sie. Es habe schon länger keine grössere Auszahlung mehr gegeben, jetzt sei es doch an der Zeit. «Wir werden dem Antrag zustimmen.» Wieder ein anderer sagt, er habe sich noch nicht informiert und lasse sich nun überraschen.

Somit war alles angerichtet für die IVF-Generalversammlung, die von Verwaltungsratspräsidentin Cornelia Ritz Bossicard eröffnet wurde. Sie hob, wie auch Interim-CEO Martin Walther, der den an Krebs erkrankten Claus Martini vertrat, das äusserst erfolgreiche Geschäftsjahr 2023 hervor. Weil das Betriebsergebnis um fast 25 Prozent verbessert wurde, könne IVF Hartmann nun fast 20 Millionen Franken ausschütten. Zu mehreren Traktanden ergriff Lee das Wort und forderte, dass die Minderheitsaktionäre ein grösseres Stück vom Kuchen erhalten sollten. Vom überschüssigen Kapital von 110 Millionen Franken, so Lee, seien 72 Millionen nicht notwendig für den Betrieb; diese könnten in Form einer grösseren Sonderdividende in der Höhe von 30 Franken ausbezahlt werden. Eine solche Dividende wurde hingegen im Vorfeld vom Verwaltungsrat aufgrund fehlender Reserven als unzulässig bezeichnet und somit nicht traktandiert, was der Votant wiederum als inkorrekt kritisierte.

Lees Anliegen sowohl einer höheren Grunddividende (5 anstatt 3.20 Franken) als auch einer höheren Sonderdividende (15 anstatt 5 Franken) blieben erwartungsgemäss chancenlos, mit Ja-Anteilen von 8,77 und 7,16 Prozent. Somit blieb es bei den kumuliert 8.20 Franken pro Aktie. «Wir hätten gerne mehr gehabt als die 5 Franken, zu denen sich der Verwaltungsrat durchringen konnte», sagte der Vertreter der Aktionärsgruppe. Die Ausschüttung betrage nämlich nur 2 Franken pro Aktie mehr, als die Gesellschaft eingenommen hat. Sein Schluss daraus: «Die IVF müsste jetzt 15 Jahre lang diese Sonderdividende ausschütten, um die Liquidität abzubauen.» Dem widersprach Ritz Bossicard – einig werden konnte man sich gestern Vormittag nicht.

Verwaltungsrat aus Mutterkonzern

Abgesehen von Stefan Müller, der sich per Ende 2023 aus dem Verwaltungsrat zurückzog, wurde das gesamte Gremium wiedergewählt. Zudem neu an Bord ist Oliver Neubrand, Finanzchef und Vorstandsmitglied der Paul-Hartmann-Gruppe. Nicht zuletzt wurden die Statuten ans neue Recht angepasst.

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