«Ein Schwarm Roboter rupft Unkraut aus»

Jeannette Vogel | 
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GVS-Agrar-Projektleiter Nicolas Helmstetter in einem mit «allen Schikanen» ausgerüsteten Fendt-Traktor. Bild: Jeannette Vogel

Im Zentrum von Farming 4.0 steht die digitale Vernetzung der Landwirtschaft. Diverse Zukunftsideen werden heute bereits durch die Schaffhauser GVS Agrar getestet.

Die Digitalisierung hat auch die Landwirtschaft erfasst. Ähnlich dem Begriff Industrie 4.0 heisst es in der Landwirtschaft Farming 4.0. Die Swiss Future Farm in Tänikon greift die Möglichkeit der digitalen Technik auf und erprobt deren Einsatz in der Praxis. Bei diesem europaweit einmaligen Projekt ist auch die Schaffhauser GVS Agrar AG dabei. Auf 82 Hektaren werden Ackerbau, Milchvieh- und Schweinehaltung betrieben. Für den Betrieb, der die Möglichkeiten von GPS, Robotern und Drohnen in der Landwirtschaft ausschöpft, hat mit dem Herbstanfang die aktive Phase begonnen.

Der Beruf des Landwirts verändert sich laufend. Der Gebrauch von Tablets und Smartphones ist auch beim Bauern als Privatperson gang und gäbe. Die digitale Vernetzung soll aber auch vermehrt in die Bewirtschaftungsmethoden eingebunden werden, dadurch diverse Arbeitsschritte optimieren und Einsparungen in den Aufwendungen von Saatgut, Dünger- oder Pflanzenschutzmittel bringen.

«Vor rund 20 Jahren gab es die ersten Traktoren mit Klimaanlage», sagt Projektleiter Nicolas Helmstetter, der für die Entwicklung von GVS Agrar zuständig ist. Die meisten Landwirte winkten damals ab: «Das ist zwar schön, aber zu teuer.» Heute sei eine Klimaanlage Standard, «kein Traktor mit Kabine verlässt mehr ohne das Werk». So normal wie Klimaanlagen bei der Arbeit auf dem Feld werden auch in naher Zukunft selbstfahrende Traktoren sein: «Menschen werden müde, Maschinen nicht», sagt Helmstetter. Die satellitengesteuerte Spurführung mit GPS ermöglicht es, den ganzen Tag exakt zu säen oder zu düngen – das spart Material, und der Dieselverbrauch wird reduziert.

Das ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten. Theoretisch könnte der Landwirt auf einem Bänkli sitzen und auf seinem Smartphone in Echtzeit zusehen, wie seine Maschine die Ernte einfährt. Gleichzeitig werden alle wichtigen Parameter aufgezeichnet und an die entsprechenden Stellen weitergeleitet – beispielsweise weiss der Abnehmer, dass er anderntags einen Anhängerzug Getreide angeliefert erhält, gleichzeitig wird der Logistikunternehmer avisiert, dass er frühmorgens die Ware abholt.

Roboter zupfen Unkraut

Auch Drohnen kommen zum Einsatz. Beim Überfliegen eines Feldes oder eines steilen Rebhangs können sie Krankheiten erkennen und punktuell ein entsprechendes Mittel zur Bekämpfung einsetzen. Roboter könnten auch zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden, sagt Helmstetter: «Stellen Sie sich einen ganzen Schwarm von 10 PS starken Robotern vor, die gezielt Unkraut ausrupfen.»

Ist Landwirtschaft 4.0 wirklich ein gangbares Zukunftsmodell? «Ja, aber Technik nützt nur, wenn sie einfach zu bedienen ist und die Kosten dafür tragbar sind», so Helmstetter. Kann der Landwirt seine Hände in Zukunft in den Schoss legen? «Ohne den Menschen geht es nicht», sagt der Projektleiter. Für die Feinjustierung bleibe weiterhin der Landwirt zuständig. Maschinen sollen ihm auch keine Entscheidungen abnehmen, sondern durch das Sammeln und Analysieren von Daten helfen, gute Lösungen zu finden.

«Das Konzept der Swiss Future Farm bietet grosses Potenzial in der Entwicklung der digitalen Landwirtschaft und eröffnet neue Synergien zwischen Agrarforschung und Technik», schliesst Helmstetter.

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