Trotz Kritik: Neuhausen spricht 100'000 Franken für ÖV-Vergünstigungen für Jugendliche

Saskia Baumgartner | 
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Schaffhauser und Neuhauser Jugendliche erhalten bald eine ÖV-Abovergünstigung. Inzwischen wurde auch ein Postulat im Kantonsrat eingereicht mit der Forderung, Jugendliche im ganzen Kanton zu berücksichtigen. Bild: Melanie Duchene

Führt ein günstigeres ÖV-Abo dazu, dass Jugendliche ihr Velo stehen lassen? Diese Befürchtung wurde im Neuhauser Einwohnerrat geäussert. Dennoch stimmte das Parlament der Vergünstigung zu.

Gemeindepräsident Felix Tenger (FDP) hielt keine flammende Rede für die Vergünstigung der ÖV-Jahresabos für Jugendliche. Er erklärte nicht, wie wichtig diese Massnahme für die Förderung von Bus und Bahn sei. Stattdessen machte er an der Einwohnerratssitzung vom Donnerstag klar, dass die Stadt Schaffhausen Neuhausen unter Zugzwang gesetzt hatte.

Die Geschäfte im Einwohnerrat

Vorsitz: Randy Ruh (GLP)

  • Der Kredit von maximal 100'000 Franken pro Jahr zur Vergünstigung von ÖV-Abos wird bewilligt.
  • Eine 7er-Kommission wird gebildet, um die 21. Teilrevision des Zonenplans zu beraten.
  • Die Investitionsabrechnung zur Neugestaltung der äusseren Zentralstrasse wird gutgeheissen.

Im Oktober 2023 hatte der Grosse Stadtrat beschlossen, eine Jahresabovergünstigung von 200 ​Franken für 12- bis 18-Jährige einzuführen. Dabei geht es um die Nutzung der Ostwind-Zone 810, die Schaffhausen und Neuhausen umfasst. «Somit gibt es eine Ungleichbehandlung», sagte Tenger. Diese müsse beseitigt werden. Der Gemeinderat beantragte deshalb beim Parlament einen wiederkehrenden Kredit von maximal 100'000 Franken jährlich.

«Jugendliche an ÖV gewöhnen»

Tenger erklärte, dass der Gemeinderat nicht an einen grossen Effekt glaube. «Diejenigen, die vorher den Bus nahmen, werden ihn weiterhin nehmen, jene, die vorher Velo fuhren, werden weiter Velo fahren.» Dazu gingen die Meinungen an der Einwohnerratssitzung auseinander. Grünen-Einwohnerrat Urs Hinnen sagte: «Es ist sinnvoll, wenn sich die Jugendlichen an den ÖV gewöhnen.» Er forderte den Gemeinderat dazu auf, die Benutzung des Fahrrads ebenfalls zu fördern. «Auch wenn die Verlockung des günstigen Busfahrens nun gross ist.» Auch GLP-Einwohnerrat Fabian Bolli befürchtete, dass Jugendliche nun vermehrt den Bus nehmen, statt zu Fuss zu gehen oder mit dem Velo zu fahren. Urs Schüpbach (parteilos, SP-Fraktion) glaubte an nachhaltige Folgen: Lerne man den ÖV als Jugendlicher kennen, bleibe man ihm auch als Erwachsener eher treu. Womöglich reduziere sich nun auch die Anzahl der Elterntaxis.

Die SVP/EDU-Fraktion störte sich daran, dass die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) fünf Franken für die Handhabung der Abo-Gutscheine und den Versand der Briefe an die Jugendlichen erhalten sollen. Was, wenn die VBSH die Gebühren in ein paar Jahren verdreifachen, fragte Herbert Hirsiger (SVP). Sein Antrag, die Gebühr zu streichen, wurde mit 12:7 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.

Mehrere Fraktionen betonten die positive Wirkung auf finanziell schwache Familien. Die GLP/Mitte-Fraktion kritisierte hingegen das Giesskannenprinzip. Zum grossen Teil würden Haushalte gefördert, die genug Geld haben. Arnold Isliker (SVP) sorgte sich um die Neuhauser Finanzen und stellte den Antrag, die Vergünstigung auf drei Jahre zu begrenzen. Das Parlament favorisierte jedoch knapp den Gemeinderatsantrag, der kein zeitliches Limit vorsieht. Bei der Schlussabstimmung zum wiederkehrenden 100'000-Franken-Kredit sprachen sich 13 Parlamentarier dafür und 3 dagegen aus, 4 enthielten sich.

Umzonung für Rheinfallhotel verzögert

Das zweite grosse Thema an diesem Abend war die Umzonung des nördlichen SIG-Areals. Rund 38'000 Quadratmeter des einstigen Industriegebiets sollen in drei Sonderzonen umgezont werden. Unter anderem, um das Hotel an der Rheinfallkante voranzutreiben. Zwar steht derzeit eine Gesamtrevision des Zonenplans und der Bauordnung Neuhausens an, diese wird jedoch frühestens 2025 rechtskräftig. Zu spät für die Arealbesitzerin SIG Gemeinnützige Stiftung. Und so sollte der Einwohnerrat am Donnerstag ein letztes Mal eine Teilrevision des veralteten Zonenplans und der Bauordnung genehmigen. Doch dazu kam es nicht.

84 ​Seiten umfasste die Vorlage des Gemeinderats. Thomas Felzmann, Raumplaner Neuhausens, fasste an der Sitzung die wichtigsten Punkte zusammen. Roland Müller (Grüne) und Ernst Schläpfer (parteilos, SP-Fraktion) waren dennoch nicht überzeugt. Es gebe offene Fragen, unter anderem zur Verkehrsbelastung, sagte Schläpfer. Diese sollten vorab in einer siebenköpfigen Kommission geklärt werden, bevor der Einwohnerrat entscheide. Schläpfer warnte: Sollte die Gründung der Kommission abgelehnt werden, ergreife man das Referendum und es komme zur Volksabstimmung.

Die SVP/EDU-Fraktion und die FDP-Fraktion sahen keinen Grund für die Bildung einer Kommission. Diese verzögere den Prozess nur. René Sauzet (FDP) kritisierte Müller und Schläpfer dafür, das Referendum als Druckmittel einzusetzen. Mehrere Einwohnerräte sowie Baureferent Christian Di Ronco (Mitte) verlangten eine verlässliche Aussage dazu, ob eine Kommission das Referendum verhindere. Schläpfer sagte, dass die Chance dafür relativ gross sei. Daraufhin wurde der Antrag Schläpfers zur Bildung einer Kommission mit 13:5 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen.

Sanierung fast 1 ​Million günstiger

Wenig Diskussionen gab es beim letzten Geschäft, der Investitionsabrechnung zur Neugestaltung der äusseren Zentralstrasse. Hier wurden die budgetierten Kosten von rund fünf Millionen Franken um 19 ​Prozent unterschritten. Entsprechend waren alle Parlamentarier einverstanden. Kritik gab es nur für die schlechte Kostenschätzung des Gemeinderats. Die Abrechnung wurde einstimmig gutgeheissen.

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