Ein ­Waldspaziergang mit Pilzheinz

Lucas Blumer | 
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Heinz Weber ist eidgenössisch geprüfter Pilzkon­trolleur. Am Mittwoch half Pilzheinz dabei, drei Apps zur Pilzerkennung zu testen.

An einem überraschend warmen Mittwochnachmittag im September treffen sich drei Angestellte der Meier & Cie AG mit einem Sicherheitstechniker beim Engeweiher. Der Plan ist, drei Apps zur Pilzerkennung zu testen und gleichzeitig einige Bilder davon für eine Herbstseite zu schiessen. Das Ergebnis – oder zumindest eine Hälfte davon – sehen Sie in der Galerie ganz oben.

Für die andere Hälfte müssen wir uns in den Engewald begeben. ­Begleitet werden wir dabei von Heinz ­Weber, dem vorhin erwähnten Sicherheitstechniker, dessen erklärter Ausgleich zum ansonsten sehr technischen Alltag die ­Mykologie oder eben die Pilzkunde ist. Als Sicherheitstechniker installiert er Alarmanlagen und schützt so die Menschen von Schaden aus dritter Hand. Als Pilzkontrolleur in Thayngen schützt er die Menschen vor Schaden, der wortwörtlich aus erster Hand kommt. Daher scheint er uns der perfekte Schiedsrichter für unseren Test von drei Pilz-Apps zu sein, die alle versprechen, Pilze nur durch Fotos erkennen zu können.

Was der App-Test ergeben hat, sehen Sie hier.

Kameras und Schirme

«Ich komme direkt von der Arbeit», sagt uns Pilzheinz – so nennt er sich Online auf seiner Website – und zeigt auf sein Firmenauto. Seinen Wanderstock und Pilzkorb hat er aber trotzdem schon dabei. Pilzapps gehören da noch nicht dazu. «Ich habe zwar eine App, auf der ich die Merkmale eines unbekannten Pilzes eingeben kann, um herauszufinden, was das für einer ist», gibt er zu, «aber das ist für Profis, die etwas von Pilzen verstehen.» Einfach nur ein Foto eines Pilzes zu machen und dieses mit einer Datenbank zu vergleichen, das sei sehr ungenau, meint er.

«Die Apps sind zwar besser als gedacht, aber nicht gut genug, um damit garantiert essbare Pilze zu finden.»

Heinz Weber, Pilzkontrolleur Thayngen

Kaum ein Pilz wurde wahrscheinlich so oft abgelichtet wie der erste, auf den Pilzheinz an diesem Mittwoch unsere Aufmerksamkeit leitet. Der Kameramann für das Video macht eine Nahaufnahme, die Fotografin kniet sich hin und auch der ­Autor dieses Textes testet das erste Mal eine App an diesem Pilz und macht dafür ein Foto. Das Resultat: nicht unbedingt korrekt, aber auch nicht unbedingt falsch. Die App zeigt insgesamt drei mögliche ­Ergebnisse an, jeweils in abnehmender Wahrscheinlichkeit. Das erste Ergebnis, ein Rauchbrauner Schwärz-Täubling, scheint für ein Laienauge zwar korrekt, der Experte sieht hier aber ein Problem: Die App hat die Familie des Pilzes zwar korrekt ­erkannt, ob es sich aber tatsächlich um einen Rauchbraunen handelt, das erkennt nicht mal Heinz mit blossem Auge.

Alle Sinne involviert

Mit der Zeit kommt Heinz immer mehr ins Reden. Seine Faszination und sein Wissen kommen mit jeder Minute mehr zum Ausdruck und zeigen sich auf unterschiedliche Art und Weise. Sei es, indem er Rezepte auflistet oder von verschiedenen Routen erzählt, Pilze zu ­erkennen. Ein Pilz rieche zum Beispiel stark nach nassem Mehl, «wenn man in der Kontrolle genügend von denen vorgesetzt bekommt, schwirrt einem nach einer Stunde der Kopf», sagt Heinz und lacht. Als Pilzkontrolleur in Thayngen ist er während der Saison immer wieder anzutreffen und bestimmt ganze Körbe voll mit Pilzen für alle, die vorbeikommen.

«Um Pilze richtig bestimmen zu können, reicht das Auge allein nicht aus. Man braucht den Tast- und Geruchssinn mindestens so sehr», so Heinz. «Es gibt Pilze, die erkennt man, indem man in den Stamm schneidet und schaut, wie sich der verfärbt und riecht.» Ausserdem werde die Liste von geniessbaren und ungeniessbaren Pilzen immer wieder angepasst, um dem aktuellen Forschungsstand gerecht zu werden. Eine App könne da unmöglich mithalten.

So fällt das Fazit von Pilzheinz nach einer vollen Stunde Pilze suchen aus. «Ich bin zwar überrascht, wie genau sie waren, aber es ist nicht brauchbar, um garantiert essbare Pilze zu finden.» Sein Ratschlag an alle, die mit dem Pilzesammeln beginnen möchten, lautet daher: «Am besten in die Pilzkontrolle kommen, wir machen das schliesslich gratis.»

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