Kanton finanziert Grenzgängern das Studium

Mark Liebenberg | 
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Auf ihre dreijährige Ausbildung hochgerechnet gibt der Kanton demnach 375'000 Franken aus. Symbolbild: Pixabay

Jährlich zwischen fünf und zehn angehenden Lehrern aus dem benachbarten Ausland will der Kanton das Studium an der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen finanzieren.

Der Kanton Schaffhausen hat per nächstes Studienjahr das Ausländerkontingent an der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (PHSH) abgeschafft. Bisher nahm der Kanton pro Jahr maximal zwei ausländische Studierende auf, die zu den gleichen Bedingungen wie Studenten aus den Kanton Schaffhausen an der PHSH studieren konnten. Das heisst, sie mussten nur die Semestergebühr von 600 Franken bezahlen. Die effektiven Kosten eines Studienplatzes betragen gemäss dem Kanton aber 25'000 Franken – dies ist der Betrag, den bisher ein ausländischer Studierender hätte berappen müssen, wenn er in Schaffhausen hätte studieren wollen, das Kontingent jedoch schon ausgeschöpft gewesen wäre. Es ist laut PHSH bisher noch nie vorgekommen, dass jemand diese Kosten selbst übernommen hat.

Das Ausland – konkret geht es vor allem um das Bundesland Baden-Württemberg – trägt naturgemäss nichts an die Studienkosten seiner Bürger bei, die eine Ausbildung als Schweizer Lehrer machen. Für Schweizer Studierende aus anderen Kantonen dagegen sind die Kosten gedeckt: Ihr Heimatkanton überweist die Kosten für ihre Ausbildung an den Kanton Schaffhausen, so wie auch Schaffhausen die Ausbildung von Schaffhauser Studierenden an Hochschulen in anderen Kantonen finanziert.

«Weg vom Gärtchendenken!»

Im kommenden Herbst nehmen nach Angabe der PHSH auch fünf Studierende aus Südbaden das Studium auf. Auf ihre dreijährige Ausbildung hochgerechnet gibt der Kanton demnach 375'000 Franken aus. Das Interesse des Kantons erklärt Erziehungsdirektor Christian Amsler auf Anfrage so: «Die PHSH soll eine offene, vielfältige und zeitgemässe Pädagogische Hochschule sein, ausländische Studierende stellen eine Bereicherung dar. Die Regierung des Kantons Schaffhausen verfolgt damit zudem ihre Strategie, junge Menschen nach Schaffhausen zu bringen.»

Bei der Gründung der PHSH im Jahr 2005 gab es ein Kontingent für sechs Studierende aus dem Ausland – das wurde dann im Rahmen der kantonalen Sparprogramme auf zwei gekürzt. Die Hochschule erhalte regelmässig Bewerbungen von geeigneten Personen aus dem grenznahen süddeutschen Raum, sagt Amsler. «Werden diese Personen bei uns ausgebildet, sind sie für eine Anstellung im Kanton gut vorbereitet, da sie das Schweizer Schulsystem, den Schaffhauser Lehrplan und die Rahmenbedingungen der Schulen im Kanton Schaffhausen bereits kennen.» So hätten die Schulen im Kanton in Zeiten von Lehrermangel mehr Lehrpersonen zur Verfügung und in Zeiten von Lehrerüberfluss eine Auswahl aus vielen gut ausgebildeten Lehrpersonen.

Eine Garantie dafür, dass die PH-Absolventen dann auch im Kanton Arbeit suchten, gebe es nicht, sagt Amsler. «In der schweizerischen Lehrerausbildung gilt natürlich die Freizügigkeit, die Diplome sind gegenseitig in allen Kantonen anerkannt.» Sie gilt für Schaffhauser Absolventen genauso wie für alle anderen. «Ich sage da nur: weg vom Gärtchendenken. Unsere Grenzlage ist eine Chance, packen wir sie auch. Genau das will die Regierung.»

Der Aufnahme Grenzen gesetzt

Mit wie vielen Studierenden aus dem grenznahen Ausland zu rechnen sei, sei schwierig vorauszusagen. «Das schwankt auch immer ein wenig. Fünf bis zehn Anfragen sind meiner Einschätzung nach eine realistische Zahl», sagt Amsler.

Genommen werden dennoch nicht einfach alle. Denn erstens gibt es für alle Interessenten, auch für Einheimische, eine Eignungsprüfung. PHSH-Rektor Thomas Meinen liess gegenüber den SN durchblicken, dass man aus besonders motivierten Bewerbern auslese – und womöglich mit der Auswahl das notorisch ungleiche Geschlechterverhältnis unter den Studierenden ein wenig ausgleichen könnte. «Und des Weiteren haben wir ja klare Bestimmungen hineingenommen: zum einen den Inländervorrang, und zum anderen darf die Aufnahme von ausländischen Studierenden nicht klarerweise zur Bildung eines neuen Klassenzugs führen», erklärt Amsler.

Die Lehrerausbildung ist sehr attraktiv in der Schweiz, auch die Entlöhnung an Schweizer Schulen ist deutlich besser als in Deutschland. Und der Markt ist geschützt: Wolle jemand aus Deutschland in der Schweiz als Lehrer arbeiten, dann sei das Studium an einer Schweizer PH praktisch unumgänglich, erklärt Amsler. «Verfügen Lehrpersonen über kein Schweizer Diplom, dann durchlaufen sie ein Äquivalenzverfahren, das ist meistens sehr langwierig und aufwendig.» Umgekehrt können Schweizer Lehrer auch nicht ohne Weiteres in Deutschland unterrichten.

Gibt es einen Lehrermangel?

Anders stellt sich die Situation für Schweizer Studierende dar, die an deutschen Hochschulen studieren möchten. «Ja, es gibt verschiedene Studierende aus Schaffhausen, die im Rahmen der Freizügigkeit an deutschen Hochschulinstituten studieren, etwa an der Dualen Fachhochschule Baden-Württemberg oder an der Uni Konstanz», sagt Amsler. Dort fallen aber nur Semestergebühren an und kein Schulgeld. Dem Kanton entstehen also auch keine Kosten.

Unklar bleibt, ob im Kanton derzeit eher ein Lehrermangel oder ein Lehrerüberfluss herrscht. «Eher schwierig ist die Situation auf der Oberstufe und auch bei den schulischen Heilpädagogen», sagt Amsler. «Auch für den grossen Primarbereich gilt: Wir haben viele Lehrer, die kurz vor dem Pensions­alter stehen.» Die Bewerbungslage an den verschiedenen Schulen sei demnach sehr unterschiedlich. «Es ist ein Phänomen, das wellenartig verläuft. Entsprechend darf man nicht immer nur panikartig aus dem Moment heraus reagieren.»

An der PH Zürich orientiert

Ausländische Studierende zahlen im Gegensatz zu ihren Kollegen nach revidiertem Reglement 500 Franken mehr pro Semester, das heisst, für Grenzgängerstudenten kostet ein Semester 1100 Franken. Eine klare Begründung dafür fehlt. Amsler: «Wir richten uns da nach der Regelung unseres Kooperationspartners, der Pädagogischen Hochschule Zürich, die ebenfalls die Kontingente aufgehoben hat, aber einen um 500 Franken höheren Beitrag von ausländischen Studierenden fordert.»

Mit 65 Anmeldungen für das neue Studienjahr im Herbst hat die PHSH einen neuen Rekordwert erreicht. Stark wachsen kann die Schule jedoch nicht. «Es gibt ja schliesslich auch gewisse Kapazitätsgrenzen.» 50 bis 60 Studierende pro Jahrgang sei ein realistischer Durchschnitt, das ergebe total rund 150 bis 180 Studierende. «Das familiäre, überschaubare Studienumfeld mit hoher Qualität wird von den Studierenden sehr geschätzt und soll erhalten bleiben», sagt Amsler.

64

Studierende haben sich für Herbst 2018 neu an der PHSH angemeldet – ein neuer Rekordwert (2016: 49, 2017: 47). 11 der neu Angemeldeten sind Männer. 34 Studierende kommen aus dem Kanton Schaffhausen, 5 aus dem Ausland. Geändert hat der Kanton auf das neue Schuljahr hin die Verordnung. War die Zahl ausländischer Studierender bisher auf 2 pro Jahr beschränkt, so gibt es nun keine Einschränkung mehr.

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