Den Bikern drohen bald Fahrverbotstafeln

Alfred Wüger | 
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Das Biken im Wald auf dem Chroobach will die Gemeinde Hemishofen verbieten. Das muss nicht sein, finden Biker, und die Gemeinde Merishausen zeigt, dass es auch anders geht.

Von der Chroobachhütte verläuft via Soldatenweglein eine der in Bikerkreisen attraktivsten Strecken im Kanton. Ein Eindruck von der Abfahrt gewinnt man – wenn man nicht selbst fährt – auf YouTube im Internet. Diese Filme haben in Bikerkreisen eine Werbewirkung ausgeübt, sodass bereits im Jahr 2014 der Hemishofer Gemeinderat dem Treiben Einhalt gebieten wollte. «Wir sind nicht gegen Mountainbiker», sagte der damalige Gemeindepräsident Jürg Biedermann. «Auf den breiten Flur- und Waldwegen sollen sie weiterhin fahren dürfen. Aber wir sind nicht gewillt, für 98 Prozent deutsche Biker einen schmalen Waldweg zu öffnen›», schrieben die «Schaffhauser Nachrichten».

«Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Biker sich bedanken, wenn man auf die Seite geht.»

Peter Tensfeldt, passionierter Wanderer aus Singen

Inzwischen hat die Gemeinde Hemishofen das auf nächstes Jahr geplante Fahrverbot im Amtsblatt ausgeschrieben, worauf die Interessengemeinschaft Trail Solution Schaffhausen mit ihrem Präsidenten Marco Schönenberger aktiv wurde, den Kontakt zu den Medien suchte und auf der Homepage einen Aufruf postete. Darauf gingen rund 150 Einsprachen beim Gemeinderat Hemishofen ein.

Fahrverbot zum Selbstschutz

Der Gemeinderat Hemishofen beruft sich – und darin wird er unterstützt von der Jägerschaft unter der Ägide von Edi Schwegler, Stein am Rhein – auf das Strassenverkehrsgesetz, § 43, wo es heisst: «Wege, die sich für den Verkehr mit Motorfahrzeugen oder Fahrrädern nicht eignen oder offensichtlich nicht dafür bestimmt sind, wie Fuss- und Wanderwege, dürfen mit solchen Fahrzeugen nicht befahren werden.» Eine klare Sache, könnte man meinen, und der für Forst, Jagd und Strassen zuständige Gemeinderat Giorgio Calligari sagt denn auch: «Das Fahren auf den Wanderwegen ist von Gesetzes wegen verboten. Was wir machen wollen, ist an diesen Wegen Velofahrverbotsschilder aufstellen, damit niemand sagen kann, er habe nicht gewusst, dass er hier nicht fahren dürfe.» Nicht zuletzt aus versicherungstechnischen Gründen will die Gemeinde diesen Schritt machen. «Dass wir uns bei einem Unfall aus der Verantwortung nehmen können.»

Ein Augenschein vor Ort zeigt: Der Weg zwischen Herrentisch und Chroobachhütte ist schmal, und auf der einen Seite fällt der Hang sehr steil ab. Eine Wandergruppe teilt mit, sie sei soeben Bikern begegnet, ein Problem sei das nicht gewesen, und auch Peter und Hannelore Tensfeldt aus Singen, die regelmässig hier oben unterwegs sind, sagen: «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Biker sich bedanken, wenn man auf die Seite geht.»

«Ich befahre das Soldatenweglein nicht mehr mit 40 Kilometern pro Stunde. Aus dem Alter bin ich raus.»

Olaf Pleli, Einheimischer Biker aus Öhningen

Beim Herrentisch hat Olaf Pleli sein Bike abgestellt. Er stammt aus Öhningen, befährt die Wege auf dem Schienerberg seit seiner Kindheit und sagt: «Wenn alle Rücksicht nehmen, ist es kein Problem.» Auch sei er aus dem Alter raus, wo er mit 40 Kilometern pro Stunde das Soldatenweglein hinuntergefahren sei.

Wie es sich anfühlt, wenn ein schneller Biker den Wandernden überholt, weiss der Reporter: Man hört ein lauter werdendes Rauschen, wendet sich um, merkt: Das Geräusch kommt von den Rädern, und sieht den Biker an sich vorbeizischen und alsbald verschwinden.

Das Velo darf, wo es kann

Noch einmal: Wie ist das jetzt mit der Legalität? Kantonsforstmeister Bruno Schmid: «Rechtlich ist es so, dass ein Velo fahren darf, solange es auf einem Weg fährt, wo es fahren kann.» Die Velos seien eben immer besser geworden. «Ein Mountainbike kann auch auf einem ganz schmalen Weg fahren. Unsere Meinung ist, dass das vom Gesetz her möglich ist. Wenn man das nicht zulassen will, dann muss die zuständige Instanz ein Fahrverbot für Velos setzen.» Genau das hat jetzt der Gemeinderat von Hemishofen vor, und zwar weil es auf dem Verhandlungsweg nicht gelungen ist, mit allen betroffenen Waldnutzern eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Ganz anders in Merishausen. Dort betreibt Hansueli Russenberger ein Velogeschäft. Er sagt: «Es gab Differenzen mit den Jägern und den Landwirten und mit uns Bikern. Dann setzten wir uns an einen runden Tisch, alle sind einander entgegengekommen, und jetzt gibt es zwei, drei Strecken, die wir nicht mehr fahren.» Zum Beispiel den Gratweg auf dem Eselsrücken, denn der führe durch ein Naturschutzgebiet. Und auch Gemeindepräsident Herbert Werner ist zufrieden mit der gefundenen Lösung: Er sieht zurzeit keinen weiteren Handlungsbedarf.

Wann die Verbotstafeln auf dem Chroobach kommen, ist noch offen, voraussichtlich nächstes Jahr. Beim Regierungsrat sind noch drei Einsprachen hängig von den ursprünglich einmal 150. Alle übrigen wurden nach einem Antwortschreiben der Gemeinde an die Einsprecher gar nicht erst an den Regierungsrat weitergezogen.

Klar ist jedenfalls, so Gemeinderat Calligaro, «dass wir keine Polizisten auf dem Chroobach postieren können. Spontane Kontrollen, ob das Fahrverbot auch eingehalten wird, sind indes nicht ausgeschlossen.»

Schienerberg: Lebensraum für Mensch und Tier

Natur Auf dem stark bewaldeten bis zu gut 700 Meter hohen Schienerberg zwischen Hemishofen, ­Arlen, Bankholzen, Horn, Gaienhofen, Öhningen und Stein am Rhein liegen mehrere Landschaftsschutzgebiete, ein Fauna-Flora-Habitat sowie ein Vogelschutzgebiet und zwölf Naturschutzgebiete.

Kultur Der Höhenzug liegt in Deutschland und in der Schweiz. Neben dem Dorf Schienen und den Schweizer Weilern Ober- und Unterwald gibt es hier das ehemalige Kloster Schienen, die Ruine Schrotzburg und die Burg Hohenklingen.

Sport Von Schienen aus führen anspruchsvolle Mountainbike-Fun-Trails nach Bankholzen.(Wü.)

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