Sommerzeit: Eine polemische Kurzgeschichte

Janosch Tröhler | 
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Symbolbild: Selwyn Hoffmann

In der Nacht auf Sonntag wird uns wieder eine Stunde Lebenszeit geklaut. Das kann zu schwierigen Situationen führen. Eine fiktive Kurzgeschichte.

Sonntagmorgen. Die Sonne steht schon hoch am Himmel. Der Wecker zeigt 8 Uhr an. Schlaftrunken torkelt Jonas Huber in die Küche. Dort wartet bereits ein Kaffee auf ihn. Kalt. Verwirrt schaut sich Jonas um. Er hatte seine hypermoderne Kaffeemaschine über die App auf 7:59 Uhr programmiert. Genau richtig, dass ihn das dampfende Gebräu schon mit seinem neckischen Duft erwartet. «Na ja, wahrscheinlich hatte der Server ein Übertragungsproblem», denkt sich Jonas, während er den kalten Kaffee in den Abfluss kippt.

Jonas steigt unter die Dusche. Nur kaltes Wasser. Da war doch was mit einer dringenden Arbeit an der Warmwasserleitung. Aber doch erst um 8:30 Uhr. Jonas markiert für die Gummiente auf der Ablage den harten Typen und wäscht sich halt mit Eiswasser die Müdigkeit aus den Haaren.

8:45 Uhr. Durchgefroren setzt sich Jonas auf sein Fahrrad und radelt zum Bäcker. Er freut sich schon auf einen ofenfrischen Zopf. In der Auslage findet er nur noch Krümel. «Wir hätten noch Pumpernickel...», meint der dicke Bäcker aufmunternd. «Nein danke. Davon bekomme ich Pickel...»

Wieder in der Wohnung, fläzt sich Jonas auf sein Sofa. Gerade rechtzeitig für die «Sternstunde Philosophie». Er zappt sich durch die Kanäle bis er beim SRF 1 ankommt. Da verabschiedet die Moderatorin gerade das Publikum: «Wir freuen uns, wenn Sie auch nächsten Sonntag wieder einschalten. Dann zum Thema der kosmischen Bedeutung der Hämorrhoiden – die männliche Menstruation als Chance.»

«Verdammt!» – Jonas kann sich nicht mehr halten, wirft die Fernbedienung frustriert zu Boden. Da klingelt sein Telefon. Sarah, seine Freundin, ist dran.

«Wo bist du?»

«Zuhause.»

«Wir haben doch abgemacht...»

«Ja, um 11 Uhr, oder?»
«Eben.»

«Es ist erst 10:15 Uhr.»

«Nein, es ist Viertel nach elf, Jonas.»

«Verarsch mich nicht.»

«Tu ich nicht.»

Jonas wird langsam ungeduldig.

«Sicher, meine Uhr zeigt 10:15 Uhr. Ich bin doch nicht blind!»

«Du musst immer recht haben, oder?»

«So ein Seich!»

«Mir reicht’s... Ich halte das nicht mehr aus. Es ist vorbei.»

«Aber...»

«Nichts aber...»

Sarah hängt auf. Jonas hat den Hörer immer noch am Ohr. Halb gelähmt, halb wütend, aber doch tieftraurig. Das ergab doch alles keinen Sinn mehr. Dieses Leben meinte es einfach nicht gut mit ihm.

Und die Moral von der Geschicht': Vergessen Sie die Zeitumstellung nicht.

Umstellung zur Sommerzeit

In der Nacht auf Sonntag werden um 2 Uhr morgens die Uhren um eine Stunde vorgestellt auf 3 Uhr. Dafür bleibt es am Abend wieder länger hell. Die Sommerzeit dauert bis zum 29. Oktober. In der Schweiz wurde die Sommerzeit 1981 eingeführt. Sie folgte damit den umliegenden Ländern und verhinderte so, zur «Zeitinsel» zu werden. Ihren Ursprung hat die Sommerzeit aus dem Weltkrieg:


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