Armenien: Mit Schaffhauser Hilfe zu einer neuen Tagesklinik

Zeno Geisseler | 
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Rund 270 000 Franken hat die Stiftung «Hilfe für ­Armenien» in eine Tagesklinik in einem abgelegenen Dorf investiert. Das Geld stammt auch aus dem Kanton ­Schaffhausen.

Wo das kleine armenische Dorf Aygehovit liegt, dürften die wenigsten Schaffhauser wissen. Wo hingegen Schaffhausen liegt, das wissen in Aygehovit alle. Denn seit rund drei Jahren ist die Schaffhauser Stiftung Hilfe für Armenien in Aygehovit tätig. Letztes Jahr konnte der Norbert-Neininger-Kindergarten eingeweiht werden, diesen Sommer wurde die Wasserversorgung erneuert, und Anfang Oktober konnten die Erneuerung und Erweiterung einer Tagesklinik gefeiert werden. Sie ist nach dem Dörflinger Ehepaar Jessica und Martin Blumer benannt, welches die Armenienhilfe seit Jahren sehr grosszügig unterstützt. «Wir wissen», sagt Martin Blumer, «dass bei der Armenienhilfe das Geld eins zu eins dort ankommt, wo es gebraucht wird.»

Ein Teil der rund 270 000 Franken, welche die Erneuerung der Tagesklinik kostete, stammt auch aus Mitteln des Kantons Schaffhausen: Der Kantonsrat hatte die Stiftung Ende 2016 mit dem Schaffhauser Preis für Entwicklungszusammenarbeit bedacht. Die Auszeichnung ist mit 25 000 Franken dotiert.

Schüsse an der Grenze

Gut ein Dutzend Gäste aus der Schweiz nahm an der Eröffnung teil, darunter der Schweizer Botschafter in Armenien, Lukas Gasser. «Es ist sehr erfreulich, dass sich Private aus der Schweiz in einem Land wie Armenien engagieren», sagte er. Denn gerade in Dörfern an der Grenze zu Aserbaidschan sei die Situation nicht einfach.

Armenien und Aserbaidschan seien zutiefst verfeindet, immer wieder komme es zu Zusammenstössen, bei denen Menschen sterben würden – zuletzt im April 2016, als es schwere Gefechte in der umstrittenen Region Bergkarabach mit Artillerie, Panzern und Kampfhubschraubern gegeben habe. Der Waffenstillstand sei auch jetzt brüchig. «Es gibt regelmässig Schusswechsel», sagt Gasser, «und die Konfliktparteien versuchen sich gegenseitig bei der Ernte zu stören.» Ein Priester der armenischen Kirche, der die Einweihung des Schaffhauser Projekts in Aygehovit begleitete, dankte in seiner Ansprache denn auch «den Soldaten, die uns nur wenige Hundert Meter von hier beschützen».

 

 

Doch so schwierig die Lage in Aygehovit auch sein mag: Blickt man auf den Kindergarten, auf die neue Wasserleitung und auf die Tagesklinik, kommt die Frage auf, wie fair es ist, wenn das eine Dorf mit viel Schweizer Geld unterstützt wird, ein anderes ein paar Kilometer weiter aber nicht. Ist das nicht einfach eine Lotterie? Mike Baronian und Pino Ciaccio, die beiden treibenden Köpfe hinter der Armenienhilfe, winken ab.

«Es ist sehr erfreulich, dass sich Private aus der Schweiz in einem Land wie Armenien engagieren.»

Lukas Gasser Schweizer Botschafter

«Wir unterstützen mit diesen Projekten die ganze Region. Aygehovit ist das grösste Dorf mit rund 5000 Einwohnern, die anderen Dörfer sind kleiner», sagt Baronian. Schon bei der Einweihung des Kindergartens habe er klargemacht, dass dieser nicht nur für die Kinder aus Aygehovit sei, sondern auch für die Familien aus der Umgebung. «Das gilt auch für die Klinik.»

Der Bürgermeister von Aygehovit, Levon Grigorian, bestätigt dies: «Die Armenienhilfe und vor allem Jessica und Martin Blumer unterstützen nicht nur unsere Gemeinde, sondern die ganze Region.»

Als Vertreter des Kuratoriums des Preises des Kantons Schaffhausen waren die alt Kantonsräte Alfred Tappolet und Richard Altorfer nach Armenien gereist. Sie seien beeindruckt, sagten sie. «Mit relativ wenig Geld kann man viel erreichen», betonte Altorfer bei der Besichtigung der Klinik.

«Die Armenienhilfe und vor allem Jessica und Martin Blumer unterstützen die ganze Region.»

Levon Grigorian Bürgermeister von Aygehovit

Vorderhand wird die Stiftung keine weiteren Grossprojekte in Aygehovit mehr unterstützen – zu gross ist die Not auch in anderen Regionen. «Eigentlich bräuchte es eine solche Hilfe in jedem Dorf», sagt Manfred Hirt von der Stiftung. «Dank unseres Netzwerks in Armenien werden wir wieder ein Dorf finden, wo wir helfen können.»

Ganz abgeschlossen sind die Arbeiten aber auch in Aygehovit noch nicht. Noch fehlen einige Geräte wie ein Ultraschall – eine aus kulturellen Gründen nicht unproblematische Maschine (siehe dazu auch Kasten unten). Vor allem aber legt die Stiftung Wert darauf, auch abgeschlossene Projekte immer wieder zu besuchen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. So wurden bei der im Sommer eingebauten Wasserleitung in Aygehovit viel zu kleine Rohre eingebaut – möglicherweise wollte der Bauunternehmer so mehr Geld für sich herausholen. Jetzt muss er die Leitung auf eigene Kosten nachbessern.

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