Der Weg in die Schule soll sicherer werden

Zeno Geisseler | 
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Auf dieser Strasse ohne Trottoir oberhalb der Breite sind die Kinder von Barbara Hermann jeden Schultag unterwegs. Viele Autos fahren schneller als mit 30 km/h an ihnen vorbei. Bild: Zeno Geisseler

Macht die Polizei genügend Verkehrskontrollen rund um Schulen und auf Schulwegen? Diese Frage muss der Schaffhauser Kantonsrat beantworten.

Von ihrem Hof oberhalb der Breite hat Barbara Hermann einen wunderbaren Blick auf die Stadt Schaffhausen. Weniger wunderbar ist das, was sie täglich auf der Strasse direkt vor dem Bauernhof sieht. Dort gilt eigentlich Tempo 30, doch längstens nicht alle Autofahrer halten sich ans Limit. «Vor allem die Autos, die von der Stadt hinauffahren, beschleunigen oft schon weit vor dem Ende der 30er-Zone», erzählt sie.

Genau an der Stelle, wo die Autofahrer aufs Gaspedal drücken, gehen die Kinder von Barbara Hermann täglich vorbei. Es ist ihr Schulweg. «Ich sage ihnen jeden Tag, dass sie schön am Rand entlang gehen und aufmerksam sein sollen.»

«Lieber länger warten»

Ein Trottoir gibt es dort nicht und auch keine Fussgängerstreifen. Wenn die Kindergärtner die Strasse zum Nachbarhof überqueren wollen, um ihre Freunde abzuholen, müssen sie be­sonders gut aufpassen. «Ich sage ihnen, dass sie lieber einmal etwas länger warten sollen, als die Strasse zu früh zu betreten», erzählt Hermann.

Die Kinder machen das ganz gut, auch dank des Verkehrskundeunterrichts. Trotzdem ist Hermann verunsichert. «Es gibt mehr Einwohner als früher – und auch mehr Autos, und somit auch mehr Verkehr.»

Als sie noch im Kantonsrat war – Hermann sass bis Ende 2016 für die JSVP im Parlament –, reichte sie ein Postulat ein. Die Regierung solle prüfen, ob es nicht möglich wäre, dass die Polizei mehr Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen rund um Kindergärten und Schulen durchführen könne. Hermann betont, dass es ihr dabei nicht nur um ihre eigenen Kinder gehe. Der viele Verkehr sei ein generelles Problem. Behandelt worden ist der im Juni 2016 eingereichte Vorstoss bis heute nicht, er ist aber immerhin auf Platz 9 der Traktandenliste vorgerückt. Er dürfte also noch dieses Jahr an die Reihe kommen.

Elterntaxi «keine Lösung»

Es gibt Eltern, die haben vor der Blechlawine kapituliert. Sie lassen ihre Kinder nicht mehr in die Schule gehen, sondern packen sie ins Auto und fahren sie hin – und verschärfen so das Problem weiter. Hermann würde das Elterntaxi nie in den Sinn kommen, sagt sie. «Der Schulweg ist wichtig für die Kinder.»

Genau gleicher Meinung sind die Behörden. Erziehungsdirektor Christian Amsler hat im letzten Oktober einen Brief an die Eltern von Kindergarten- und Primarschulkindern verfasst. «Wird Ihr Kind mit dem Auto in die Schule gefahren, dann fehlen ihm wichtige Erfahrungen», schrieb er. «Der Schulweg fördert die Entwicklung und das Lernen Ihres Kindes.» Schon seit mehreren Jahren gibt es eine gemeinsame Kampagne der Verkehrsverbände und der Schaffhauser Polizei, welche die Eltern dazu auffordert, ihr Kind zu Fuss oder mit dem Velo in die Schule zu schicken.

Trotz aller Briefe und Kampagnen wiederholt sich vor vielen Schulen und Kindergärten aber täglich das gleiche Bild: Kurz vor Unterrichtsbeginn gibt es ein Verkehrschaos.

In gewissen Gemeinden wurde es so schlimm, dass Strassen vor Schulen gesperrt werden mussten. Genützt hat es nicht immer. In Münchwilen im Kanton Thurgau liessen sich Eltern vom Fahrverbot nicht beeindrucken. Jetzt wird gebüsst. Wer das Verbot missachtet, muss 100 Franken auf den Tisch ­legen, wie die «Thurgauer Zeitung» ­berichtet hat.

Es gibt aber auch sanftere Methoden, die Schüler aus den Elterntaxis zu holen. Die Stadt Rapperswil-Jona zum Beispiel hat ein Pilotprojekt mit zwei Kindergärten gestartet: Der Schulweg soll zu einem Erlebnispfad werden, etwa mit Spielen und Fernrohren, und damit schlicht spannender sein als das Auto der Eltern.

Sogar Kirche ist gegen Elterntaxi

Auch im Ausland macht man sich zum Elterntaxi Gedanken. Wie die «Rhein-Main-Presse» letzte Woche berichtete, sollen Schüler im deutschen Bundesland Hessen für einen Euro pro Tag sämtliche Verkehrsmittel nutzen können. Öffentliche Mobilität zum Dumpingpreis als Gegengift zu Chauffeuse Mama. Selbst die Kirche hat sich eingeschaltet: Der Diözesanrat der Katholiken im Raum Aachen in Deutschland hat ein «Autofasten» ins Leben gerufen. Seit dem 1. März und noch bis zum 16. April sollen die Leute im Bistum möglichst aufs Auto verzichten, und dies gilt auch für das ­Elterntaxi.

Barbara Hermann wiederum hofft auf weltlichen Beistand für ihr An­liegen. Ihr Postulat muss von der Mehrheit des Kantonsrats überwiesen ­werden, um für die Regierung zum Auftrag zu werden. Grosse Hoffnungen macht Hermann sich nicht. Ihr sei bereits gesagt worden, dass der Polizei für mehr Kontrollen das Personal und das Geld fehlten.

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