Das versunkene Geheimnis Ägyptens

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«Der menschlichste aller Götter»: Osiris als Bronzestatuette neben einem Teil einer Barke auf dem Grund der Bucht von Abukir. Bild: zvg/Museum Rietberg

Das Museum Rietberg in Zürich zeigt mit «Osiris – Das versunkene Geheimnis Ägyptens» seine bislang teuerste Ausstellung. Sie führt ins Alte Ägypten, in zwei versunkene Handelsstädte.

Ein Zufall machte diese aufsehenerregende Ausstellung möglich: 1984 wurde der französische Archäologe Franck Goddio eingeladen, das Wrack der «Orient», das Flaggschiff der Flotte Napoleons, zu bergen. Admiral Nelson hatte das Schiff in der Bucht von Abukir nordöstlich der ägyptischen Stadt Alexandria versenkt.

Goddio tauchte und stiess in dieser Region mit geringer Wassertiefe auf Monumente und Überreste der zwei Handelsstädte Thonis-Herakleion und Kanopus, die hier im 8. Jahrhundert n. Chr. versunken waren. So sollte es möglich werden, die Geheimnisse dieser Städte zu enthüllen, wie der Archäologe anlässlich der Medienführung erzählte.

1985 gründete Goddio das Europäische Institut für Unterwasserarchäologie (IEASM). Dieses Institut machte es sich ab 1992 zur Aufgabe, in Kooperation mit ägyptischen Behörden die entdeckten archäologischen Stätten auszugraben, die Funde zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wie der Gang durch die Ausstellung zeigt, hat das Projekt seither zu einmaligen Ergebnissen geführt. Goddio präsentiert 300 Werke, die meisten stammen aus den Unterwassergrabungen des IEASM. 40 Meisterwerke haben ägyptische Sammlungen beigetragen. Um die Unterscheidung für die Besucher klarzumachen, sind die ausgegrabenen Exponate vor blauem, die Sammlungswerke vor rotem Hintergrund platziert.

Gezeigt wurde die Schau bisher im Institut du monde arabe in Paris und im British Museum in London. Im deutschsprachigen Raum exklusiv und letztmals in Europa ist sie im Museum Rietberg zu sehen. Sie erzählt mit kleinsten bis wuchtig-grossen Exponaten, mit Texten auf Deutsch und Englisch und mit Filmen über die Ausgrabungen 1500 Jahre ägyptische Geschichte. Insbesondere der Transport der drei tonnenschweren Skulpturen war anspruchsvoll. Der Schaffhauser Jürgen Busch war für die Logistik zuständig (vgl. SN vom 1. 2.).

Goddio entdeckte Tempelfundamente sowie zahlreiche Artefakte, Statuen und liturgische Objekte. Die ältesten Stücke stammen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. und führen in die Spätzeit des Alten Ägypten (664–322 v. Chr.).

Von besonderem Interesse sind auch die liturgischen Objekte, zum Beispiel eine goldene Opferschale über Votivbarken aus Blei bis hin zum Totenbett des Osiris. Sie sind verbunden mit dem Gott dieses Namens und den jährlichen Zeremonien, die ihm zu Ehren stattfanden: den «Osiris-Mysterien».

Osiris – der menschlichste Gott

Diese Mysterien wurden spätestens seit dem Mittleren Reich (1850 v. Chr.) in ganz Ägypten gefeiert. Dabei wurde eine Gründungslegende des Landes zum Leben erweckt, erneuert und verewigt: die Legende der göttlichen Triade von Osiris, Isis und Horus. Osiris ist der menschlichste der ägyptischen Götter. Der Legende nach war Osiris der Sohn der Himmelsgöttin Nut und des Erdgottes Geb und erbte von seinen Eltern das irdische Königtum. Er brachte den Menschen den Ackerbau, gab ihnen Gesetze, lehrte sie die Ehrfurcht vor den Göttern und brachte ihnen die Zivilisation. Er selbst, ein Wohltäter, wurde von seinem Bruder Seth verraten und fand den Tod. Sein Leichnam wurde in viele Teile zerstückelt und in ganz Ägypten verteilt. Osiris’ Schwester und Gattin Isis suchte alle Teile des Leichnams und setzte den Körper ihres Mannes wieder zusammen. So kam die Menschheit zur Verheissung des ewigen Lebens.

Aus der Verbindung von Isis und Osiris nach dessen Tod ging Horus hervor. Dieser besiegte die Feinde des Landes und war das göttliche Vorbild des Pharaos. Jeder Herrscher wollte und musste sich mit ihm identifizieren. Über diesen Mythos berichtete im 2. Jahrhundert der antike griechische Dichter Plutarch und machte ihn zu einer durchgehenden Erzählung. 


«Osiris – Das versunkene Geheimnis Ägyptens», vom 10. Februar bis 16. Juli im Museum Rietberg.

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