Die AHV-Reform: Ein Rettungsanker – oder doch nicht?

Schaffhauser Nachrichten | 
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Mit der Sanierung habe das Parlament auch gleich wieder Mehrausgaben beschlossen, sagt der Schaffhauser SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Das geschnürte Paket blende die Fakten der Zukunft völlig aus. Bild: Key

Eine der wichtigsten Vorlagen der gestern zu Ende gegangenen Frühlingssession ist mit Sicherheit die AHV- Revision. Dank einem Zufallsmehr von nur gerade einer Stimme konnte die Schuldenbremse gelöst werden, und die Vorlage wird nun vom Volk beurteilt werden.

von Thomas Hurter

Leider ist die Rentenreformvorlage kein grosser Wurf. Vor über drei Jahren wurde sie in Angriff genommen. Während rund eines ­Jahres gab es Kommissionssitzungen und parlamentarische Beratungen dazu. Bis zum Schluss waren die Dif­ferenzen so gross, dass es eine ­Einigungskonferenz brauchte. Normalerweise sind in den Einigungskonferenzen nur zwei oder drei Differenzen zu beraten. Bei dieser Vorlage waren es weit mehr, und das zeigt, dass es in den Vorberatungen nicht gelungen ist, sich auf das Wesentliche zu einigen.

Dabei ist die Ausgangslage mehr als klar. Unser hervorragendes Sozialwerk, die AHV, wird ohne Massnahmen 2030 praktisch pleite sein. Dies ist unter anderem die Folge des Umlageverfahrens, das darauf basiert, dass die arbeitende Bevölkerung der pen­sionierten Bevölkerung die Beiträge ­bezahlt und in 10 bis 15 Jahren die ­bevölkerungsstarken Jahrgänge in Pension gehen werden. Wir haben heute ein Defizit von rund einer Milliarde, das sich bis 2030 auf 40 Milliarden Franken ­anhäufen wird. Der AHV-Fonds wäre dann praktisch aufgebraucht. Sollte dieser wieder geäufnet werden, bräuchte man zusätzlich noch einmal 53 Milliarden Franken. Dies zu finanzieren wird unmöglich sein.

Leider wurde verpasst, wesentliche Elemente, die von unserer Bevölkerung mit Sicherheit getragen würden, wie zum Beispiel die Angleichung des Rentenalters der Frau auf 65 (bringt in etwa 1,3 Milliarden Franken) und die Senkung des Umwandlungssatzes von utopischen 6,8 Prozent auf immer noch utopische 6 Prozent bei den Pensionskassen, separat zu behandeln. Am Schluss war das Paket so überladen, dass es zu viele Gegner gegeben hat. Man beschloss sogar noch ein Zückerchen von 70 Franken für Neurentner, sodass neben einer AHV-Zweiklassengesellschaft auch gleich noch massive Mehrausgaben entstehen.

Somit hat das Parlament mit der Sanierung gleich wieder Mehraus­gaben beschlossen, die ab 2030 unsere AHV aufs Massivste gefährden werden. Man könnte sogar sagen, dass das Parlament ein Paket geschnürt hat, das die Fakten der Zukunft völlig ­ausblendet. Es ist ein Schildbürgerstreich, zu sanieren und gleichzeitig Mehrausgaben zu beschliessen.

Egal wie schlussendlich das Stimmvolk entscheiden wird, eine zweite ­Revision wird unumgänglich sein, und zwar in beiden Fällen relativ schnell. Bei einem Nein müsste man ver­suchen, die am wenigsten umstrittenen Punkte (Angleichung Rentenalter, Senkung Umwandlungssatz) wieder aufs Tapet zu bringen. Bei einem Ja hätte sich das Parlament bereits in den kommenden Jahren mit der AHV nach 2030 zu befassen, ansonsten wird unser Jahrhundertsozialwerk der Vergangenheit angehören.

Die sehr knappe Abstimmung im Parlament lässt darauf schliessen, dass auch die Bevölkerung in dieser Frage geteilt sein wird. Schlussendlich wird vermutlich jede Stimm­bürgerin und jeder Stimmbürger seine eigene Situation beurteilen, ­obschon die AHV ein Generationenwerk ist und von der Solidarität der jungen und der ­älteren Bevölkerung ­sowie der Frauen und der Männer lebt. Es ist daher angebracht, dass wir uns un­abhängig vom Abstimmungsausgang Gedanken machen, wie wir dieses einmalige Sozialsystem auch für unsere jüngere Generation aufrecht­erhalten können.

Thomas Hurter ist Schaffhauser SVP-Nationalrat.

Kommentare (1)

staatskanzlei@ktsh.ch Di 28.03.2017 - 03:05

Mit allem Respekt werter Herr Hurter, aber wenn Sie aus einem knappen Abstimmungsresultat im Parlament daraus schliessen, dass die Vorlage auch bei der Volksabstimmung knapp wird, dann sind Sie einfach nicht nah genug beim Volch. Vielleicht sollten Sie wirklich einmal dem Volk auf den Zahn fühlen und sich umhören, und das nicht nur am SVP Stammtisch. Sie werden überrascht sein vom Resultat.

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