Verkehrsberuhigung «light» nach Antragsflut

Mark Gasser | 
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An dieser Stelle soll eine Fussgängerüberführung über die Truttiker Hauptstrasse für 107 000 Franken entstehen. Es ist neben flächendeckendem Tempo 30 im Wohngebiet die einzige übrig gebliebene Massnahme aus den Vorabklärungen.Bild Mark Gasser

Viel blieb nicht übrig nach der hitzigen Debatte über Verkehrsmassnahmen in Truttikon: Tempo 30 und ein neuer Fussgängerstreifen sind das Resultat einer Initiative zur Verkehrsberuhigung.

Es sei nun hoffentlich das letzte Mal, dass er für einen Rekord an einer Gemeindeversammlung sorge, hatte einleitend der Initiant Martin Breitenstein (FDP) bemerkt. Mit 142 Stimmberechtigten besuchten die Versammlung – diesmal in der Turnhalle – tatsächlich imposante 40 Prozent aller Stimmbürger der Gemeinde. Der Jurist hatte Anfang Dezember 2015 bereits für einen rekordverdächtigen Aufmarsch gesorgt, als seine zweiteilige Verkehrsberuhigungs-Initiative angenommen wurde. Diese sieht vor, dass die Gemeinde ein Projekt «Tempo 30» für die Quartierstrassen erarbeitet und – mit dem Kanton – auch die Verkehrsberuhigung der Hauptstrasse anpackt.

Der Gemeinderat selber war gegen die erarbeiteten und am Dienstagabend vorgestellten Massnahmen, welche total 435 900 Franken und für Truttikon 349 450 Franken hätten kosten sollen. ­Davon allein 113 000 Franken für die flächendeckende Einführung von Tempo 30 und am südöstlichen Dorfeingang ein bremsendes Eingangstor mit Mittelinsel für 150 000 Franken. Als Grund für seine Ablehnung argumentierte der Gemeinderat mit Zahlen – mit finanziellen einerseits, mit Geschwindigkeiten anderseits: Rund 3100 Fahrzeuge erreichten einen sogenannten «V85-Wert» von 48 beziehungsweise 53 km/h an den beiden Ortseingängen – also 85 Prozent der Fahrzeuge liegen in diesem Bereich. Und zum «kritischen» Bereich: «Die Geschwindigkeit zwischen Ortstafel und Dickihofstrasse wird grundsätzlich gut eingehalten.» In den Quartierstrassen, wo Tempo 50 gelte, werde ohnehin langsamer gefahren.

Auf Umwegen zur Verkehrslösung

Gut zweieinhalb Stunden und mehrere Anträge und Abstimmungen später fiel die Entscheidung: Es setzte sich eine abgespeckte Variante einer bereits abgespeckten Variante durch. Doch von vorn: Zuerst hatte die Rechnungsprüfungskommission (RPK) empfohlen, auf die Trottoirüberführungen sowie aufs teure Eingangstor mit «Beruhigungsinsel» zu verzichten. Hingegen als sinnvoll bezeichnete die RPK die Fussgängerüberführung über die Hauptstrasse im Bereich der Dickihofstrasse auf dem Schulweg vieler Kinder. Mit Mittelinsel (ohne die der Kanton keine Zebrastreifen mehr realisiert) soll diese 106 900 Franken kosten, davon müsste Truttikon 83 450 Franken tragen. Sogar Initiant Martin Breitenstein empfahl, diese Variante zu unterstützen.

Spätestens dann übernahm die Versammlung das Zepter, zerpflückte die Vorlage in ihre Einzelteile und veranstaltete zeitweise ein Wunschkonzert, ein Stimmbürger intervenierte vergeblich und schimpfte es ein «Jekami»: Die Wünsche reichten vom Aufstellen eines Blechpolizisten bis über Anpassungen am vorliegenden Projekt. Einige befürchteten mehr Lärm (wegen der Berliner Kissen), andere höhere Steuern, wiederum andere nervten sich am Lamento wegen hausgemachter Probleme. Gleich mehrere Anstösser der Schulstrasse kritisierten die Brems­kissen. «Eines davon wäre genau bei meinem Haus», meinte ein Votant. Da nützte es auch nichts, dass Einwohner der Langenmooserstrasse, wo temporäre Kissen den Verkehr bremsen, die Angst als unbegründet bezeichneten.

So beantragte eine Anwohnerin der Schulstrasse eine «Light-Version» des RPK-Vorschlags: Es sei auf die Kissen in der Schulhausstrasse zu verzichten. Nach einiger Verwirrung über die Reihenfolge der Abstimmungen setzte sich dieser Antrag, der in geringeren Ausgaben für Tempo 30 als die vorgesehenen 113 000 Franken resultieren wird, mit 67 zu 49 Stimmen gegen den RPK-­Antrag durch. Und die eingangs erwähnte Maximalvariante ging den Truttikern am Ende zu wenig weit. Auch eine Urnenabstimmung wurde klar abgelehnt, ebenso ein Antrag für eine Expertise zu «flächendeckend Tempo 40».

Der Gemeinderat schien gut mit dem Kompromiss leben zu können, der je nach Budgetierung bereits 2018 umgesetzt werden könnte. Auch RPK-Präsident Thomas Schär fand nicht, dass dem RPK-Vorschlag der Zahn – die Berliner Kissen in der Schulstrasse – gezogen worden war. «Das Projekt war ja Sache des Gemeinderats. Wir nahmen nach Abklärung mit dem Gemeindeamt nur Stellung zu den einzelnen Massnahmen.» Ob Tempo 30 dann auch in der Schulstrasse eingehalten wird, müsse nach einem Jahr kontrolliert werden, erklärte der Ingenieur vor Ort.

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