Stinkefinger oder Mahnung? Plakat gegen Elterntaxis sorgt für Empörung

Ralph Denzel | 
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«Es ist nicht sinnvoll, dass man Kindern auf so eine vulgäre Art und Weise etwas beibringt», so eine Mutter. Bild: zvg

Seit einigen Wochen werben Plakate an Schulen und Kindergärten dafür, dass man seine Kinder nicht mit dem Auto bringen soll. Einige Eltern fühlen sich durch das Plakat jedoch beleidigt.

Zugegeben, glücklich sehen die Kinder auf dem Bild oben nicht aus. Sogar eher richtig wütend. Aber zeigt ein Mädchen darauf wirklich den Mittelfinger?

Das sieht zumindest Martina Kirchner so, der das Plakat, welches an Schulen und Kindergärten in Schaffhausen auf die Elterntaxi-Problematik aufmerksam machen soll, ein Dorn im Auge ist. «Es ist nicht sinnvoll, dass man Kindern auf so eine vulgäre Art und Weise etwas beibringt.»

Das Plakat des Anstosses hängt beim Kindergarten Herblingen, wo Kirchner regelmässig ihr Kind hinbringt. Initiiert wurde es von der Schaffhauser Polizei und der Gruppe «Zukunft Mobilität Schaffhausen» (Zumos). Deren Leiter, Simon Furter, versteht die Aufregung allerdings nicht: «Das Kind zeigt keinen Mittelfinger, da es ja nur vier Finger hat. Das ist ein mahnender Finger.» Es stimme zwar, dass die Kinder ziemlich wütend aussehen würden, aber das sei auch so gewollt: «Die Kinder auf dem Bild sind auch wütend, denn man nimmt ihnen nicht nur einen wichtigen Entwicklungsschritt, wenn man sie zum Kindergarten oder zur Schule fährt, sondern gefährdet sie auch.»

Gewollte Provokation

Dass er damit provoziert, sei laut ihm gewollt. «In diesem Jahr wollten wir etwas mehr auffallen, da es auf unsere Plakate meistens nur sehr wenig Resonanz gab.»

Die Schaffhauser Polizei, Mitinitiant der Aktion, sieht ebenfalls nichts Negatives an dem Plakat. «Die gemalten Kinder haben nur vier Finger und daher handelt es sich beim ausgestreckten Finger nicht um den Mittelfinger sondern um den Zeigefinger im Sine eines Mahnfingers», so Patrick Caprez, Mediensprecher der Schaffhauser Polizei.

Das Schaffhauser Schulamt verwies auf Anfrage ebenfalls auf die Aussage von Simon Furter - sieht demnach also auch nichts 

Trotzdem stört sich Martina Krichner weiterhin daran – und steht laut ihrer Aussage nicht alleine mit der Kritik da: «Ich habe schon mit mehreren Eltern gesprochen, die dieses Plakat ebenfalls unpassend finden.» Sie speziell fühle sich auch angegriffen, da sie keine andere Wahl habe als die Kinder mit dem Auto zum Kindergarten zu bringen: «Ich bin berufstätig. Der Kindergarten startet um 8.20 Uhr und ich muss um 8.30 Uhr in Neuhausen bei der Arbeit sein.» Würde sie mit den Kindern den Weg laufen, hätte sie keine Chance «ihr Kind rechtzeitig abzuliefern und dann noch pünktlich bei der Arbeit zu sein».

Gleichzeitig habe sie auch keine Grosseltern oder Bekannte, die die Aufgabe übernehmen könnten. Das lässt Simon Furter nicht gelten: «Wer sein Kind nicht fahren will, der findet auch eine Lösung.» Trotzdem freut er sich auch über die Kritik von Martina Kirchner: « Sie reflektiert so ihr Verhalten und findet hoffentlich einen für das Kind besseren Ansatz, zum Beispiel ein Begleitung zu Fuss durch andere Eltern, die ihre Kinder noch nicht alleine gehen lassen wollen», sagt er. Das sei schliesslich eines der Hauptanliegen, welches er erreichen wolle, dass Eltern umdenken.

«Das ist es wert»

Umdenken wolle und müsse sie aber nicht, sagt Martina Kirchner: «Prinzipiell bin ich sehr dafür, dass Kinder den Weg zur Schule oder zum Kindergarten selbst laufen, aber es gibt eben auch Eltern, die keine Möglichkeit haben, den Kindern das zu ermöglichen.» Wann immer es ginge, würde sie auch mit ihrem Kind laufen. «Das Anliegen, auch dass man auf Sicherheit dort hinweist, finde ich sehr gut und wichtig. Aber ich möchte dabei nicht beleidigt werden.»

Simon Furter bleibt jedoch dabei, dass die Kampagne richtig ist: «Eine der grössten Gefahren beim Schulweg ist direkt vor der Schule durch Elterntaxis. Wenn wir es so schaffen, dass weniger Eltern ihr Kind zur Schule fahren und so Kinder schützen können, dann ist es das wert.»

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