Ihm ist kein Auftrag zu aussergewöhnlich
Simon Leu betreibt in Stein am Rhein traditionelles Bootsbau-Handwerk. Über Wasser halten ihn Aufträge, die grösseren Betrieben zu aufwendig oder zu zeitintensiv wären. Jetzt hat er gar seinen ehemaligen Lehrmeister mit an Bord geholt.
von Lia Pescatore
An Arbeit und Ideen fehlt es Simon Leu nicht. Er habe schon lange kein Wochenende mehr freigehabt, sagt der Bootsbauer aus Stein am Rhein. Doch stören tue ihn das nicht. Vor zwei Jahren hat er sich in einer ehemaligen Stuhlfabrik zusammen mit einer anderen Bootsfirma einquartiert, zuerst nur zu persönlichen Zwecken. Seit Anfang Jahr führt er hier nun eine eigene Bootsbau-Firma.
«Am Handwerk des Bootsbauers hat sich in den letzten hundert Jahren nicht viel verändert.»
Simon Leu, Bootsbauer in Stein am Rhein
Von der rund 2000 Quadratmeter grossen Halle beansprucht er aber nur den kleineren Teil. Da steht ein Unterstand, in dem sich die Werkstatt befindet und auf deren Dach Schiffe vorübergehend gelagert werden. Daneben ist eine Spritzkammer eingerichtet, wo Boote lackiert werden können. Noch ist vieles im Aufbau. Im hinteren Teil der Halle ist schon eine Holzbox für das künftige Büro aufgebaut, gleich daneben soll die Vorhalle verglast werden, um dann als offizieller Eingang zu dienen.
Seit 1. Juli arbeitet Simon Leu nicht mehr allein. Simon Rüegg, sein ehemaliger Lehrmeister, ging ihm schon vorher zur Hand und stieg jetzt vollständig ein. Rüegg hatte zum Betontrennfachmann umgesattelt. Doch es habe sich sehr schnell gezeigt, dass dieser Beruf nicht seine Baustelle sei, meint er.
Neben dem Vornamen und dem Beruf teilen die beiden die Leidenschaft, auch aussergewöhnliche Kundenwünsche erfüllen zu wollen. «Wir machen alles», sagt Leu. Aktuell funktionieren sie gerade die zwei Längshälften eines Bootes in ein Bücherregal und eine Sitzlounge um. Die Kunden kämen auch häufig wegen Detailarbeiten vorbei, der Verzierung einer Sitzbank zum Beispiel.
Warten auf den «Kaling»
Mit ihrer Firma konnten Leu und Rüegg in der Region eine Lücke schliessen. Vielen Werften wären die Aufträge, die sie annehmen, zu aufwendig und zu zeitintensiv. Zurzeit seien sie mit zehn Aufträgen beschäftigt, sagt Leu. Später sollte noch ein Kunde vorbeikommen, der sich zehn kleine Weidlinge wünscht, um einen Verleih aufzubauen. Leu sucht auch immer wieder das Neue. So arbeitet er zurzeit an einem Prototyp eines «Kalings», einer Mischform aus Kanu und Weidling, die es so noch nicht gibt.
Leu zeichnet noch alles von Hand. Von der ersten Skizze, wie das Boot etwa von der Seite aussehen soll, bis zu den finalen Bauplänen. «Das Zeichnen gibt mir Zeit, um zu überlegen, wie ich das Boot genau bauen will», sagt er. Am Computer ginge ihm das fast zu schnell, meint er lachend. Überhaupt sei der Bootsbauerberuf einer der wenigen, in denen noch nicht viele Maschinen Einzug gefunden hätten. «An der Arbeit hat sich in den letzten hundert Jahren nicht viel verändert», sagt Leu. Natürlich hätten sich die Formen und die Technik entwickelt, das Handwerk sei aber noch immer dasselbe.
Die Arbeit sei sehr vielfältig. «Man darf sich aber auch für gewisse Arbeiten nicht zu schade sein», meint Leu. So sei es normal, im Frühjahr für drei Monate Jachten zu polieren. Den Unterhalt der Boote übernimmt Leu meistens auch, zudem hilft er beim Einwässern und Ausladen der Boote. «Der Kauf des Bootes ist eigentlich noch das Billigste», sagt Leu. Für einen Weidling zahle man zwischen 9000 und 16 000 Franken, schätzt er. Besonders freut es ihn, dass viele seiner Kunden trotz höherer Kosten auf Holz setzen. «Ein Holzboot wirkt sinnlich», sagt Leu. Mit solch einem Boot sei man eben der Chef auf dem See
