Kein freier Markt fürs Camper-Lädeli

Mark Gasser | 
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Der Tante-Emma-Laden auf der Freizeitanlage Rheinwiese in Langwiesen passt dem Gemeinderat gar nicht: Er lässt das Camper-Lädeli wieder schliessen.

«Hallo Heinz – schön, dass du wieder hier bist», ruft eine Frau in den etwas stickigen kleinen Camper auf dem Areal der Dauercampierer in der Freizeitanlage Rheinwiese in Langwiesen. Mit «du» meint sie aber nicht nur die Person Heinz Aus der Au, die gerade einige Tage im Ausland weilte, sondern auch die Institution, die er mittlerweile repräsentiert: Sein Camper-Lädeli, seit 1. Juli meist ab 17 Uhr bis 19 oder 19.30 Uhr jeweils geöffnet, ist für viele kaum mehr wegzudenken, da es sozusagen alles anbietet, was die Grundbedürfnisse eines Campers abdeckt. Hinzu kommt, dass das Lädeli mit Vordach mittlerweile auch schon zum sozialen Treffpunkt geworden ist. «Nur die Hälfte der Leute, die hierherkam, hat tatsächlich etwas gekauft. Die andere Hälfte kam einfach so, manche nahmen ihre Klappstühle mit, fünf, sechs Leute plauderten miteinander. Man trifft sich einfach hier», sagt der 59-jährige Aus der Au.

Dann plötzlich, vor rund zwei Wochen, hing ein Zettel an der Scheibe seines Lädeli, begleitet mit dem Hinweis, dass nun der Ausverkauf anstehe: «Das Lädeli muss leider sterben.» Zwar wurde der Zettel kurz darauf anonym entfernt. Doch der Schaden war angerichtet: Viele Dauercampierer reagierten mit Unverständnis. «Ich hatte bald Angst, sie gingen protestieren. Aber ich kann doch auch nichts dafür», sagt Aus der Au. «Sie kamen in der Folge scharenweise einkaufen – viele brauchten auch gar nichts und beharrten darauf, den vollen Preis zu zahlen. Ich sei schon sonst viel zu billig», meint Aus der Au, der auch Platzwart der Freizeitanlage ist. Trotzdem habe er bis anhin nur einen Umsatz von 700 oder 800 Franken verbucht. Auf manchen Produkten habe er nur eine Marge von 10 Rappen. «Irgendwann Ende nächste Saison wäre ich vielleicht langsam in der Gewinnzone», so der Lädelibetreiber.

Schliessung schlägt hohe Wellen

Doch so weit will es der Gemeinderat – oder zumindest die drei Mitglieder der mit der Freizeitanlage beschäftigten Kommission – gar nicht kommen lassen. Diese entschied in der Abschlusssitzung vor Saisonende nämlich, das Camping-Lädeli schliessen zu lassen.

Aus der Au ist zwar nicht auf das Lädeli angewiesen, doch er ist herb enttäuscht, nach so kurzer Zeit wieder schliessen zu müssen – schliesslich habe gerade ein solcher Tante-Emma-Laden für Camper hier gefehlt. Erst recht versteht Aus der Au nicht, dass die Gemeinde offenbar erwägt, aus Platzmangel zusätzliche mobile Infrastruktur wie ein Gartenhäuschen oder einen mobilen Imbisswagen beim Betriebsgebäude für den Grossansturm einzurichten – und seinen Campingladen dagegen als störend empfindet. «Das ist doch ein ­Widerspruch», ärgert sich der Platzwart.

 

«Dann müsste ich zusehen, wie ich den Wohnwagen entsorgen kann.»

Heinz Aus der Au, Platzwart und Camping-, Lädeli-Gründer

 

Als «bünzlig» und «kleinkariert» bezeichnen zwei Dauercamper, Ernst und Marion Stehrenberger, die angeordnete Schliessung. Auch Camperin Gisela Meili kann diese nicht nachvollziehen. Wenn sie spontan etwas brauche zum Kochen, oder wenn ihre Enkel da seien, finde man immer etwas Schönes im Lädeli. Die ganze Diskussion ums Lädeli habe Ende Saison die Stimmung auf dem Platz etwas getrübt. «Wenn es beim Betriebsgebäude einen Laden hätte mit denselben Artikeln, würde ich es ja noch begreifen, wenn man interveniert. Aber es gibt dort nichts.»

Pächter sollen Lädeli integrieren

Auch das Pächterpaar ist durch Patrick Rähmi in der Kommission vertreten. Er möchte den Gemeinderatsentscheid nicht weiter kommentieren, nur so viel: «Die Dauercamper schätzen das Lädeli sehr, sie konnten dort viele kleinen Dinge für den täglichen Gebrauch einkaufen. Er wurde auch durch jene genutzt, die am Abend angekommen sind, oder durch solche, die zu Hause vergessen haben, etwas mitzubringen wie Tomatensauce oder eine Zahnbürste.» Müsste er ein solches Angebot in den bestehenden Betrieb – ins neue Hauptgebäude – integrieren, so schätzt er, müsste er es «irgendwo im Bereich der Réception unterbringen. Ich habe aber eigentlich gar keinen Platz.» Zudem sei es ein Wohnwagen – «und nicht der einzige auf dem Campingplatz». Daher scheint die Begründung, dass der Campingplatz unter anderem nicht ins Bild passe, unverständlich.

Gemeinderat: «Infrastruktur reicht»

Auf Anfrage nimmt der Gemeinderat Stellung und präzisiert. Auslöser für den Schliessungsentscheid per 2019 sei gewesen, dass alle Verkaufsgeschäfte im Hauptgebäude abgewickelt werden sollten, erklärt Gemeindepräsident Jürg Grau (SVP). Dafür sei nun schliesslich die neue Infrastruktur geschaffen worden, und bei der Planung seien auch die Pächter involviert gewesen. Man wolle den Verkauf aber nicht auslagern an einen Ort, «wo man am Ende nicht weiss, wer zuständig ist». Zwar sei der Gemeinderat auch skeptisch gewesen, ob der Laden bei Hitzetagen die Lebensmittelkriterien erfülle, lässt Grau durchblicken. «Aber es spielt keine Rolle: Die Infrastruktur für ein solches Angebot ist da, und über diese wird es auch gelöst.» Auch für Produkte des täglichen Gebrauchs gebe es im Hauptgebäude Platz, man prüfe da mehrere Szenarien.

Dass sein Laden bei einer Lebensmittelkontrolle – die notabene auf Ende Oktober erwartet wird – bestehen würde, daran zweifelt Heinz Aus der Au selbst am wenigsten: «Ich habe ja nichts Frisches in meinem Sortiment.» Pächter Patrick Rähmi ist zuversichtlich, dass man mit dem Gemeinderat immerhin nochmals reden könne.

Einige Dauercampierer wollen genau das erreichen. So haben sie zwei Schreiben an den Gemeinderat gerichtet, die sie als «Petition» verstanden wissen wollen. Eines ­davon wurde von knapp 20 Campierern ­gezeichnet: Das Lädeli sei doch «in keiner Weise eine Konkurrenz zum neuen Restaurant», steht darin, zudem sei es «eine Bereicherung und ein spezieller Farbtupfer auf dem Campingplatz». Gemeindepräsident Grau weiss noch nichts von den Briefen, daher könne er noch nichts dazu sagen. Und wie fährt Heinz Aus der Au nun fort? «Ich warte bis Saisonschluss Ende Oktober. Vielleicht kann ich ja doch noch weitermachen. Und wenn nicht, muss ich zusehen, wie ich den Wohnwagen entsorgen kann.»

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