Prävention vor Geschlechtskrankheiten statt kindergerechtes Spielzeug?
Die Mehrheit der Jugendlichen gibt in Umfragen an, dass sie in der Schule aufgeklärt wurden. Eltern delegieren die Aufklärung gerne diskret an die Schule. Und Lehrpersonen wiederum delegieren sie weiter an externe Sexualpädagogen.
Die Mehrheit der Jugendlichen gibt in Umfragen an, dass sie in der Schule aufgeklärt wurden. Eltern delegieren die Aufklärung gerne diskret an die Schule. Und Lehrpersonen wiederum delegieren sie weiter an externe Sexualpädagogen. Diese Experten verfügen sicher über ein grosses Wissen zum Thema. Als Prävention soll die Aufklärung Kinder vor sexuellem Missbrauch, Geschlechtskrankheiten oder ungewollter Schwangerschaft schützen. Eine Frage wird dabei völlig ausgeklammert: Erzielt diese Prävention die gewünschte Wirkung?
Aus der Bindungsforschung wissen wir: Den grössten Einfluss auf Kinder haben die Menschen, die diesen am nächsten stehen. So erstaunt es nicht, dass Prävention viel wirksamer ist, wenn sie von einer engen Bezugsperson kommt. Dies sind in den meisten Fällen die Eltern. Die Sexualität ihrer Kinder prägen Eltern selbst dann, wenn in der Familie nicht darüber gesprochen wird. Auch den liebevollen und wertschätzenden Umgang zum andern Geschlecht lernen Kinder primär durch das Vorbild der Eltern. Während die Wirkung des Sexualunterrichtes in der Schule überschätzt wird, unterschätzen viele Eltern den Einfluss auf ihre Kinder. «Sexualerziehung? Familiensache!», sagt der Titel eines Buches der Präventionsfachfrau Regula Lehmann treffend.
Zwar ist eine angemessene Sexualkunde in der Schule durchaus sinnvoll. Manche Präventionsfachleute überfordern die Kinder jedoch mit zu frühen oder zu explizit sexuellen Themen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sollen Kinder bereits im ersten Jahr im Kindergarten aufgeklärt werden. «Kindergartenkinder brauchen noch keine Prävention vor Geschlechtskrankheiten, weil sie ihre Spielgefährten nicht aus Versehen schwängern werden in der Bauecke. Sie brauchen stattdessen Liebe, Behütetsein und kindergerechtes Spielzeug», kommentierte die Journalistin und vierfache Mutter Birgit Kelle diese absurde Prävention kürzlich an einem Vortrag in Zürich. Einige der Anregungen für den Sexualunterricht sind nicht einmal für Jugendliche geeignet. Im Methodenbuch «Sexualpädagogik der Vielfalt» empfehlen «Präventionsexperten», im Unterricht Sexualpraktiken als Pantomimenspiel vorzuführen oder als Übung ein Bordell einzurichten.
Wenn ein erwachsener Mann sich in der Öffentlichkeit vor einer Frau entkleidet und sie sexuell bedrängt, dann kommt es zu einer Strafanzeige. Wenn «Experten» Jugendliche und vor allem Kinder mit sexuellen Inhalten konfrontieren, die weder alters- noch bedürfnisgerecht sind, dann wird das als Bildungsauftrag der Schule verkauft. Unter dem Deckmantel der Prävention entwickelt sich der Sexualunterricht immer mehr zu einem Geschäftsmodell, bei dem externe Sexualpädagogen den Lead übernehmen. Die für die Klasse verantwortliche Lehrperson ist von diesem Unterricht in der Regel ausgeschlossen. Sie hat keine Kontrolle, was im Unterricht läuft.
Durch eine externe Fachperson – zu der die Kinder keine Beziehung haben – soll ihre Einstellung zur Sexualität mit schulischer Aufklärung nachhaltig verändert werden. Dies ist doch eine naive Vorstellung. Für Sexualaufklärung, die dem Alter und der Entwicklung der Kinder angemessen ist, brauchen Kinder keine externen Sexualpädagogen, sondern engagierte Lehrer/innen – und vor allem auch engagierte Eltern, die Sexualaufklärung in der Familie natürlich und vernünftig leben.
von Markus Döbeli-Masetto
Markus Döbeli-Masetto ist Geschäftsführer der Schweizerischen Stiftung für die Familie