Staatsanwaltschaft beantragt U-Haft für Brian Keller

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Wieder in Haft: Brian Keller. Bild: Key

Jahrelang ist Brian Keller in Haft gesessen. Erst seit einem halben Jahr ist er wieder in Freiheit. Nun hat er wieder zugeschlagen. Die Staatsanwaltschaft hat Untersuchungshaft beantragt.

von Michael Graber und Reto Wattenhofer

Der bekannteste Ex-Häftling der Schweiz sitzt wieder in Haft. Brian Keller ist am Donnerstagabend von der Stadtpolizei Zürich verhaftet worden, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft am Freitag bestätigt. Er befindet sich in der vorläufigen Festnahme (Polizeihaft). Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen des Verdachts auf schwere Körperverletzung eröffnet.

Die Verhaftung steht im Zusammenhang mit einer Attacke auf einen Tiktoker mit dem Pseudonym Skorp808. Dieser erzählte während einer Live-Session auf Tiktok, dass er angegriffen worden sei. «Brian hat mich von hinten geboxt und ist dann abgehauen», sagt er. «Ich habe einen dreifachen Jochbeinbruch erlitten.» Deswegen habe er Anzeige gegen Keller erstattet. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat sich am Freitag entschieden, einen Antrag auf Untersuchungshaft zu stellen. Bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss gilt die Unschuldsvermutung.

Keine Therapie

Trotzdem hat sich Keller mit der Attacke auf seinen Kontrahenten keinen Gefallen getan. Der unter dem Pseudonym Carlos bekannt gewordene Mann war erst letzten November nach sieben Jahren Haft frei gekommen – unter Auflagen. So wird Brian seither durch einen Sozialpädagogen begleitet, der ihn bereits in Haft regelmässig besucht hatte. Teil der Auflagen ist auch ein strenger Trainingsplan.

In der Sendung «TalkTäglich» von Tele Züri sagte Keller, er wolle auf eigenen Beinen stehen, seine Boxkarriere vorantreiben, seiner Familie keine Schmerzen mehr bereiten und sich so gut als möglich von Problemen fernhalten.

Schon damals hatten Experten jedoch Zweifel am Konzept geäussert. Der Grund: Keller lehnte eine Psychotherapie stets ab. Psychiater Henning Hachtel sagte damals zu CH Media, man müsse für Keller ein «extrem intensives Setting» aufbauen. Doch intensiv sei nur das vorgesehene Boxtraining; eine Entlassung deshalb ein «grosses Experiment».

Rückfall programmiert? Kritik an Justiz

Auch der bekannte Gerichtspsychiater Frank Urbaniok zeigte sich nach Kellers Entlassung skeptisch. Man wisse nicht, «wie er sich in Freiheit verhält», warnte er. Gegenüber SRF betonte Urbaniok zudem, die Inszenierung von Keller als Medienstar erschwere es sicherlich, «sich mit den banalen Alltäglichkeiten auseinanderzusetzen». Seit seiner Freilassung füttert Keller regelmässig seine Social-Media-Kanäle und hat mehrere tausend Follower.

Für den forensischen Psychiater Andreas Frei hat sich dieser Rückfall abgezeichnet. «Weil man Brian ohne Begleitung und Perspektive von einem Tag auf den anderen auf die Strasse gesetzt hat, war ein Scheitern vorprogrammiert», sagte er gegenüber dem Onlineportal «20min.ch». Seiner Ansicht nach wäre viel früher eine stationäre therapeutische Massnahme notwendig gewesen.

Theoretisch könnte diese nun das Gericht anordnen – anstelle eines normalen Strafvollzugs. Dafür müsste jedoch eine erneute Risikoabschätzung gemacht werden. «Hat Brian seine Gewaltbereitschaft so weit im Griff, dass er in einer solchen Einrichtung überhaupt untergebracht werden kann?», formuliert es Psychiater Frei. Andernfalls könne es sein, dass nur noch das letzte Mittel bliebe: die Verwahrung.

Brian Keller war 2013 durch einen SRF-Dokfilm unter dem Pseudonym «Carlos» bekannt geworden. Der damals Siebzehnjährige war wegen verschiedener Delikte verurteilt worden. Nach der Ausstrahlung des Films geriet das teure Sondersetting, das für ihn eingerichtet wurde, in die Kritik und wurde schliesslich abgebrochen. Keller verbrachte wegen Körperverletzung und anderer Delikte siebeneinhalb Jahre im Gefängnis, ein Teil davon in Einzelhaft.

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