Ein Buch bringt Donald Trump in Rage

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Vor einem Jahr herrschte noch Frieden: US-Präsident Donald Trump und sein Ex-Chefberater Steve Bannon (r.). Bild: Key

Der Bruch zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Ex-Berater Steve Bannon hält Washington in Atem. Trump will die Publikation eines Buchs verhindern, während sich das republikanische Establishment ins Fäustchen lacht.

von Renzo Ruf

Eine knackige Verteidigungsstrategie sieht anders aus. Als am Mittwoch erste Auszüge eines Buches des Journalisten Michael Wolff publik wurden, in dem ein unvorteilhaftes Bild von Donald Trump gezeichnet wird, zweifelte die Präsidentensprecherin die Integrität des Autors an. Das Buch, das den passenden Originaltitel «Fire and Fury» trägt, enthalte «eine Menge Dinge», sagte Sarah Huckabee Sanders, «die komplett falsch» seien.

Auch gab sie bekannt, dass «nahezu 95 Prozent» der Interviews, die Wolff im Weissen Haus geführt hatte, auf Ersuchen von Steve Bannon, dem ehemaligen präsidialen Chefstrategen, stattgefunden hätten. Dazu passte, dass Trump zuvor mit seinem Weggefährten gebrochen hatte, in einer äus­serst scharf formulierten schriftlichen Stellungnahme. Bannon habe nach seiner Entlassung im Spätsommer 2017 «den Verstand verloren», behauptete Trump – und Bannons Gehabe sei nicht sehr hilfreich.

Präsident ergreift Rechtsmittel

Wenn dies aber der Wahrheit entspricht – wenn ein umtriebiger und kontroverser Journalist sich also von Steve Bannon hatte einspannen lassen, um an der Legende des selbst ernannten Kriegers zu stricken –, dann hätte Trump auf den nächsten Schritt verzichten können. Stattdessen ergriff der Präsident Rechtsmittel gegen Bannon, Wolff und den Verlag Henry Holt, der Teil der deutschen Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck ist. So forderte Medienanwalt Charles Harder den Verlag gestern auf, von der Publikation des Buches abzusehen. Denn «Fire and Fury» enthalte «verleumderische» und «unvollständige» Aussagen über Trump. Bannon wurde zudem durch den Anwalt an die Vertraulichkeitsvereinbarung erinnert, die er bei seinem Eintritt in den Wahlkampfstab Trumps im August 2016 unterzeichnet hatte.

«Bannon hat den Verstand verloren.»

Donald Trump, US-Präsident

Wer sich die Auszüge von «Fire and Fury» anschaut, die gestern im verschneiten Washington kursierten, der kann nachvollziehen, warum der Präsident im Weissen Haus vor Wut kochte. Trump, wie er von Michael Wolff beschrieben wird, ist der schusselige Hauptdarsteller einer Seifenoper, in der sich diverse Clans bis aufs Messer bekämpfen, niemand aber den nötigen Respekt vor dem Familienpatriarchen zeigt. Selbst Ivanka Trump, die ältere Tochter des Präsidenten, mache sich regelmässig über die sonderbare Frisur des angeblich mächtigsten Mannes der Welt lustig, schreibt Wolff.

Andere Berater beklagten sich über die Unfähigkeit Trumps, sich zu konzentrieren, seine Essgewohnheiten oder das Chaos im Weissen Haus. Angeblich nahm Wolff diese Gespräche auf. Wolffs Schlussfolgerung, die er gestern in einem Beitrag für das Branchenblatt «Hollywood Reporter» publik machte: Sämtliche Berater des Präsidenten, «100 Prozent», seien im ersten Jahr von Trumps Regierungszeit unabhängig voneinander zum Schluss gekommen, dass der Präsident «unfähig ist, in seinem Job zu funktionieren».

Dies hänge auch damit zusammen, schrieb Wolff, dass sich Trumps geistige Gesundheit rapide verschlechtert habe. So habe er während der Silvester-Feierlichkeiten in seinem Anwesen in Palm Beach (Florida) «eine ganze Reihe alter Freunde nicht mehr erkannt». Vielleicht hat sich der Präsident aber auch bereits daran gewöhnt, dass selbst alte Vertraute hinter vorgehaltener Hand sagen, er sei nicht nur «dumm, sondern auch durchgeknallt», wie es der Multi-Milliardär Thomas Barrack angeblich formuliert habe. Schwerwiegender könnte die Aussage Steve Bannons sein, dass die Nähe des Präsidenten und seiner Familie zu russischen Offiziellen ein Verrat am ganzen Land sei. Demnach kritisierte Bannon, dass sich der Trump-Sohn Donald junior zusammen mit Schwiegersohn Jared Kushner und dem damaligen Wahlkampf-Vorsitzenden Paul Manafort im Juni 2016 mit einer russischen Anwältin im Trump Tower in New York getroffen habe, die «Dreck» über die Demokratin Hillary Clinton in Aussicht gestellt hatte. Diese Unterredung sei in seinen Augen «verräterisch» und «unpatriotisch» gewesen.

Auch kritisierte Bannon das Geschäftsgebaren Kushners in heftigen Worten; insbesondere seine Beziehung mit der Deutschen Bank, einem wichtigen Geldgeber von Kushners Immobilienfirma. Und schliesslich beschreibt Wolff auch die Bemühungen des Präsidenten, im Juli 2017, die Medienberichterstattung über das Treffen seines Sohns mit der Russin zu beeinflussen. Ein Berater des Präsidenten sagte dem Journalisten später, mit diesen Anstrengungen habe Trump den Tatbestand der Justizbehinderung erfüllt.

Keine weitere Kritik von Bannon

Bannon seinerseits zog es vor, Trump nicht weiter zu kritisieren. «Der Präsident ist ein grossartiger Mann. Ich unterstütze ihn, tagein, tagaus», sagte der Rechtsausleger in seiner täglichen Radiosendung stattdessen. Das Wahlkampfteam von Mitch McConnell, dem Fraktionsvorsitzenden der Republikaner im Senat, verbreitete derweil ein Filmchen, das den altgedienten Parlamentarier lächelnd zeigte.

Wer mit der Persönlichkeit von Mitch McConnell vertraut ist, der weiss, dass ihm dies nicht leichtgefallen sein kann. In der Tat zeigt das Filmchen eher eine Grimasse denn ein entspanntes Grinsen. Die Botschaft aber ist allen klar: Vom Streit zwischen Trump und Bannon, den bisherigen Aushängeschildern des rebellischen Flügels der Republikanischen Partei, profitiert in erster Linie das Parteiestablishment in Washington.

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