Beim Klimaschutz geht es jetzt ums Geld

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüsst die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard beim gestrigen Klimagipfel in Paris. Bild: Key

Der von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ­initiierte One-Planet-Gipfel verzichtete auf eine wohlklingende Schlusserklärung und konzentrierte sich auf konkrete Ankündigungen.

von Stefan Brändle

Es ist bitterkalt auf der Insel in der Seine, die Motoren der schwarzen Limousinen mit den CD-Schildern brummen im Wartemodus. Der grösste Jeep ist jener mit der US-Flagge – obwohl die Amerikaner nur einen minderen Botschaftsvertreter an den One-Planet-Gipfel im neuen Konzertgebäude von Boulogne-Billancourt südwestlich von Paris geschickt haben.

Emmanuel Macron wollte an die Pariser Klimakonferenz COP21 von 2015 anknüpfen. Nach zwei Jahren fällt deren Bilanz dürftig aus, zumal die USA ausgestiegen sind; die CO2-Emissionen haben zugenommen, und die Hitzerekorde lösen sich seither ab. Vom grossen Ziel der COP21, die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten, ist der Planet weit entfernt, wie Weltbankvorsteher Jim Yong Kim in Boulogne erklärte. Macron meinte, die Welt steure auf über 3 Grad zu, und sagte: «Das hat nichts mit dem zu tun, was wir uns vorgenommen haben. Wir sind dabei, die Schlacht zu verlieren.» Vor allem räumte er ein, die Finanzierung der Gegenmassnahmen komme kaum vom Fleck. Die mit der UNO und der Weltbank organisierte One-Planet-Konferenz, von bösen Zungen auch «Macron-Show» genannt, war deshalb vor allem der Finanzierung gewidmet. Sie sei der neuralgische Punkt jeder Klimapolitik, erklärte der französische Präsident, der es als Ex-Banker wissen muss. Statt schöner Worte und zwischenstaatlicher Abkommen sei auf der Seine-Insel einzig Konkretes angesagt. Nicht eine bald vergessene Geberkonferenz mit staatlichen Absichtserklärungen sei gefragt, fügte ein Macron-Sherpa an, sondern Handeln – privatwirtschaftliches Handeln.

Macron selbst machte keine neuen Zusagen. Das offenbarten auch die Widersprüche der Europäer, nicht nur der Amerikaner. Kürzlich noch plädierte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire für die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die bis zu 22 Milliarden Euro für grüne Projekte mobilisieren soll.

Druck auf heimische Firmen

Macron bremste aber in Boulogne: Er will die Attraktivität des Finanzplatzes Paris erhalten und nach dem Brexit die City-Finanz an die Seine locken. Dafür machte Macron erfolgreich Druck auf heimische Firmen, sich klimaaktiver zu verhalten. Die französische Bank BNP Paribas, eine der grössten Europas, will keine fossile Projekte – inklusive Schieferöl – mehr finanzieren. Die Versicherung Axa kündigte an, sie werde das Risiko von Raffinerien, Kohlekraftwerken oder Gaspipelines nicht mehr abdecken. «Ab 4 Grad Erwärmung ist die Welt nicht mehr versicherbar», erklärte Axa-Aufsichtsratschef Henri de Castries.

Über Frankreich hinaus kündigten Stiftungen wie die von Bill Gates, Richard Branson oder Michel Bloomberg an, sie würden in Zukunft über 5 Prozent grüne Projekte fördern. Führende Fonds wie HSBC, Black Rock oder Calpers wollen bei ihren Investi-tionen neu auch Transparenz bei den Umweltrisiken herstellen. Letztere belasten, wenn offengelegt, notgedrungen die langfristigen Gewinnerwartungen der betroffenen Unternehmen. Für Umweltsünder wie Coal India, Gazprom, Exxon oder China Petroleum, aber auch für Zulieferer aus ganz anderen Branchen wird Kredit damit bedeutend teurer, was eine Dynamik hin zu den grünen Industrien auslösen soll. Auch die Weltbank will solche Konzerne nicht länger unterstützen. Heute noch investieren staatliche Entwicklungsbanken viermal mehr in fossile als in grüne Projekte, wie NGO in Boulogne kritisierten. Armelle Le Comte von Oxfam beurteilte den One-Planet-Gipfel abschliessend mit den Worten: «Einige ­interessante Initiativen, viel Aufgewärmtes und die Absenz eines starken politischen Willens.»

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