Russische Propaganda mittels Facebook

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Symbolbild

Russische Kreise intervenierten im vorigen Jahr in den US-Wahlkampf – und nutzten dabei auch die Internet-Plattform Facebook. Ob Moskau dabei auch auf die Hilfe von Amerikanern zurückgreifen konnte, ist aber immer noch ungewiss.

von Renzo Ruf

Facebook zeigt sich zerknirscht. In einem ganzseitigen Inserat in den einflussreichsten Tageszeitungen der USA versicherte Facebook gestern, künftig bei Einflussversuchen während demokratischer Wahlkämpfe früher die Alarmglocke zu läuten. So werde Facebook die Abteilung, die sich unter anderem mit der Kontrolle von politischer Werbung in den USA beschäftigt, um mehr als 1000 Personen aufstocken – damit die Inhalte verdächtiger Anzeigen genauer geprüft werden können.

Der Anlass: die russischen Beeinflussungsversuche im Wahlkampf 2016. Damals schalteten Kreise mit Verbindungen zum russischen Staat in den Jahren 2015 und 2016 auf dem sozialen Netzwerk gegen 3000 digitale politische Anzeigen, die sich an ein Publikum in den USA richteten. Damit verstiessen die Auftraggeber nicht nur explizit gegen US-Gesetze: Ausländern ist es verboten, sich finanziell in den Wahlkampf einzumischen. Sie unterliessen es auch, die politischen Werbespots als solche zu deklarieren. Stattdessen war in den digitalen Inseraten die Rede von einer angeblichen muslimischen Unterwanderung Amerikas, einem schleichenden Abbau des Rechts auf Waffenbesitz oder von «Black Lives Matter», der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Allem Anschein nach wollten russische Regierungskreise damit bereits bestehende Gräben in der US-Gesellschaft vertiefen und das Vertrauen in die amerikanische Demokratie unterwandern.

Dabei gingen die Kreml-Propagandisten recht filigran vor, wie der Nachrichtensender «CNN» berichtete. So sprachen sie mit ihren digitalen Inseraten vor allem jene Wähler in politisch umkämpften Bundesstaaten an. Bekanntlich gewann der heutige Präsident Donald Trump eine ganze Reihe dieser Staaten nur mit einem recht knappen Vorsprung. Insgesamt sollen gegen 10 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner die Inserate zu Gesicht bekommen haben.

Damit bestätigt sich die Schlussfolgerung der US-Geheimdienste, die bereits kurz nach dem Wahltag 2016 – aber vor der Amtseinsetzung von Donald Trump – verkündeten, dass der Kreml aktiv und klandestin in das Rennen um das Weisse Haus eingegriffen habe. Zuerst sei die Motivation hinter diesem Schritt gewesen, eine Präsidentschaft der Demokratin Hillary Clinton zu verhindern. Dann hätten die russischen Geheimdienste, auf Anweisung von Russlands Präsident Wladimir Putin, entschieden, dem Kandidaten der Republikaner unter die Arme zu greifen.

Kontakte unklar

Unklar bleibt allerdings, ob Berater aus dem Umfeld des heutigen Präsidenten im direkten Kontakt mit russischen Regierungskreisen standen. Politbeobachter sagen, dass es dafür zumindest Hinweise gäbe – auch mit Verweis auf das ausgeklügelte Vorgehen der Russen auf Facebook. Andere weisen dies zurück. Sie argumentieren, dass amerikanische Präsidentschaftswahlkämpfe rund um die Welt mitverfolgt würden, und es deshalb kein Geheimnis sei, dass Demokraten und Republikaner in Staaten wie Michigan um buchstäblich jede Stimme kämpften.

Die Untersuchungskommissionen, die zu Jahresbeginn im Senat und im Repräsentantenhaus ins Leben gerufen wurden, haben sich bisher nicht öffentlich zur Frage über eine mögliche Komplizenschaft zwischen dem Trump- Lager und dem russischen Staat geäussert. Senator Richard Burr, republikanischer Vorsitzender des Geheimdienstausschusses, sagte dazu gestern, noch sei es zu früh, diese Frage endgültig zu beantworten. Er hoffe aber, dass er schon bald mehr wisse.

Entschuldigung von Zuckerberg

Sowohl Burr als auch sein Kollege Mark Warner, der führende Demokrat im Geheimdienstausschuss, zeigten sich aber höchst besorgt darüber, wie einfach es Russland gefallen sei, sich über die sozialen Medien in den US-Wahlkampf einzumischen. Facebook habe «die Bedrohung nicht ernst genommen», sagte Warner. In der Tat hatte Facebook-Konzernchef Mark Zuckerberg die Idee, dass seine Internet-Plattform ausländischen Propagandisten als Werkzeug gedient haben könnte, nach dem Wahltag als «verrückt» zurückgewiesen. Für diese Stellungnahme hat er sich inzwischen entschuldigt.

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