FCS wird vom Aufsteiger böse abgefertigt

Tobias Erlemann | 
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Der Rapperswiler Captain und Spielmacher Mychell Chagas lässt den Schaffhauser Imran Bunjaku (8) auflaufen. Bild: Roger Albrecht

Gleich mit 0:5 kommt der FCS in Rapperswil-Jona unter die Räder. Die Niederlage hat Spuren hinterlassen, der Ärger bei Spielern und Verantwortlichen ist nach der Schmach gross.

In den kommenden Tagen wird Boris Smiljanic sein Haus wohl nur verlassen, wenn es unbedingt nötig ist. Denn einem speziellen Nachbarn wird er derzeit wohl eher weniger fröhlich über den Weg laufen: Rapperswil-Jona-Coach Urs Meier. Die beiden Trainer wohnen fast Tür an Tür im aargauischen Baden. Die desaströse 0:5-Klatsche beim Aufsteiger würde der FCS-Coach wohl am liebsten aus seinem Gedächtnis verdrängen. Meier zeigt sich immerhin als fairer Sieger. Selbst im Überschwang der Gala-Vorstellung hat er tröstende Worte für sein Gegenüber. «Ich kenne Boris schon lange, er ist ein guter Trainer und wird auch aus diesem Spiel gestärkt hervorgehen», erklärt der 56-Jährige.

Spieler nicht parat

Dieses 0:5 hat Spuren hinterlassen, auch wenn der FC Schaffhausen weiter Tabellenführer ist. Wie ein angeschlagener Boxer tigerte Smiljanic während der Partie durch die Coaching-Zone und versuchte lautstark, seine Spieler zu dirigieren. So sah er sich gezwungen, teilweise die einfachsten Grundregeln des Spiels seinen Profis zu vermitteln. «Cici (Cicek) Rückraum», «Jetzt angreifen Danilo (Del Toro)», «Spiel den Ball Paulinho». Aber seine Akteure wollten an diesem Abend einfach nicht zuhören. «Wir waren alle nicht parat», offenbart Tunahan Cicek. «Wenn wir nicht immer 100 Prozent geben, dann haben wir selbst gegen Rappi keine Chance.» Dabei warnte Smiljanic im Vorfeld eindrücklich vor dem Aufsteiger. Der 6:0-Sieg aus dem Heimspiel sei nicht mehr aktuell, der Gegner nun wesentlich gefestigter, predigte der 41-Jährige seinen Spielern. Haben die Profis also einfach nicht zugehört? «Zugehört haben wir schon», sagt Cicek. «Aber die Vorgaben zu keiner Zeit umgesetzt.» Ähnlich sieht es Flügelspieler Yassin Mikari, der im Zuge aller auch unterging und in der Halbzeit sogar ausgewechselt wurde. «So können wir nicht weitermachen. Auch meine Leistung war enttäuschend», übt der 34-Jährige Selbstkritik – und fordert ein schnelles Umdenken. «Wie zuletzt geht es einfach nicht, wir müssen endlich wieder Gas geben und anfangen zu kämpfen.»

Nur zwei Monate sind vergangen, seit der FCS den Aufsteiger zum Saisonstart mit einem halben Dutzend Gegentoren nach Hause schickte. Die Bilanz ist nach der Kanterniederlage nun (fast) ausgeglichen. Wie der Heimsieg zustande kam? «Wir haben den FCS mit seinen eigenen Waffen geschlagen», sagt FCRJ-Coach Meier mit einem Augenzwinkern. Vor allem in der ersten Halbzeit war diese Taktik eindrücklich. Hinten sicher stehen, um dann mit einem schnellen Umschaltspiel vor dem gegnerischen Tor Gefahr erzeugen. Symbolisch das 1:0 für das Heimteam: Ein schneller Konter landet bei Spielmacher Mychell Chagas. Dieser legt per Hacke fein ab auf Kim Jaggy, welcher sich im Strafraum mit einer einfach Körpertäuschung in Schussposition bringt und per Schlenzer zur Führung abschliesst. «Ein tolles Tor, perfekt herausgespielt», analysiert Jaggy seinen Treffer. Verwundert zeigt er sich aber gleichzeitig um das zögerliche Auftreten des vermeintlichen Favoriten. «Manchmal habe ich gestaunt, wie viel Platz wir über die Aussenbahnen hatten.»

Damit spricht er genau das Grundproblem des Katastrophen-Auftritts des FCS an. Die Profis wirkten lethargisch, teilweise mutlos, ab und an überfordert. «Ich bin von der Mannschaft enttäuscht. Sie zeigte keine Gegenwehr, um die Niederlage irgendwie abzuwenden», ist Geschäftsführer und Sportchef Marco Truckenbrod Fontana verärgert. «Die Spieler waren gedanklich nicht auf der Höhe, da müssen wir in den kommenden Tagen Tacheles sprechen.»

Immer einen Schritt zu spät

Nicht nur gedanklich waren die FCS-Profis nicht auf der Höhe. Auch die Reaktionsschnelligkeit war desaströs. So kann Keeper Nikolic den Penalty von Chagas zwar parieren. Aber kein Mitspieler fühlt sich gemüssigt, dem abgewehrten Ball wirklich schnell hinterherzugehen, wodurch Egzon Shabani im Nachschuss das 2:0 markieren kann. Analog dazu das 3:0 und 4:0 durch Chagas. Erst wehrt Nikolic einen Schuss von Manuel Kubli unglücklich nach vorne ab. Doch der FCRJ-Angreifer ist schneller als Jean-Pierre Rhyner. Und danach dreht Chagas erst so richtig auf. Nach einem Lattenschuss von Schwizer reagiert der 28-Jährige am schnellsten und spediert den Ball per Seitfallzieher in die Maschen. Das Sahnehäubchen dann in der 77. Minute: Flanken Schwizer, wieder ein spektakulärer Seitfallzieher von Chagas – das 5:0 ist die endgültige Blamage für den FCS. Und die Schaffhauser selbst? Ein paar Chancen hatten die Munotstädter auch, aber sowohl Cicek als auch Rhyner und Marko Dangubic fehlte die letzte Konsequenz im Abschluss. Seine Spieler seien einfach gieriger gewesen, hat Meier erkannt. «Wir wollten zeigen, dass wir aus dem Hinspiel einiges gelernt haben. Das ist uns eindrücklich gelungen», zeigt sich der FCRJ-Coach hocherfreut.

Jetzt eine zweiwöchige Pause

Für den FCS heisst es jetzt Wunden lecken, die zweiwöchige Nationalmannschaftspause soll genutzt werden, um Fehler aufzuarbeiten und bis zum Spiel gegen Wohlen (Samstag, 14. Oktober, 19 Uhr Lipo-Park) wieder in einer besseren Verfassung zu sein. Offensivmann Cicek ist vom eigenen Können jedenfalls überzeugt, so sehr die 0:5-Klatsche auch schmerzt. «Wir können es besser, das haben wir in dieser Saison oft genug bewiesen.» Und sollte dieser Turnaround in den nächsten Spielen gelingen, wird auch Coach Smiljanic vermutlich etwas gelassener sein Haus verlassen und Nachbar Meier gerne wieder über den Weg laufen. Im direkten Duell auf dem Platz zeigte sich dieser wenig spendabel. Im «normalen» Leben ist der 56-Jährige dann doch etwas grosszügiger. «Wenn ich Boris die Tage mal beim Bäcker treffe, spendiere ich ihm einen Kaffee und wir analysieren das Spiel.»

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