Kleine Welt mit grossem Auftritt

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Chrampfe – darin ist das Gewerbe geübt. Am Wochenende mussten in Marthalen wieder einmal Überstunden geschoben werden. Für einen grossen, ja grandiosen Auftritt.

von Jörg Riser

«S Gwärb am Chrampfä»: Das Motto und die Überschrift für die Gewerbeschau Marthalen am vergangenen Wochenende waren natürlich nicht zufällig gewählt, aber wer hätte ahnen können, dass die Ärmel sozusagen bis zum Anschlag hochgekrempelt werden mussten, die Kadenz der Einsätze höchste Intensität erreichte, Küchen hochtourig erhitzten und Personal bis zum Anschlag gefordert war: Man erlebte es exemplarisch, das chrampfende Gewerbe – und es war ganz und gar selber schuld.

Letztmals hatten die Betriebe vor zehn Jahren zum grossen Auftritt in Marthalen geladen. Einige mögen sich daran erinnern, wie grossartig der Auftritt damals gelang und wie das Publikum in Strömen durchs Festgelände, beziehungsweise Gewerbegebiet, flanierte. Man musste sich ziemlich gedulden bis zur Neuauflage, aber das war offenbar gut so. Zehn Jahre, da konnten viele Ideen wachsen, sich viel Kreativität aufstauen, und vielleicht wurde auch dieser und jener Franken zur Seite gelegt. Das Resultat war jetzt zu sehen: Die kleine Welt des Marthaler und Weinländer Gewerbes wuchs über sich hinaus und produzierte einen grossen Auftritt – notabene nicht nur mit 99 Teilnehmern, sechs Vereinsbeizen mit 800 Plätzen, unzähligen Bars und gemütlichen Ecken und Nischen aus quantitativer Sicht, sondern auch aus qualitativer. Respekt.

Originelle Auftritte

Man hatte sich nicht einfach «etwas» einfallen lassen, das OK und die Unternehmer boten die Haute Couture branchenbezogener Messepräsentation, garniert mit Attraktionen, die wirklich welche waren. Wer sich vom Landi-Turm (sehr hoch) an der Seilbahn (sehr lang) in die Tiefe stürzte, wird die Erinnerung ein Leben lang mittragen und die Geburt persönlichen Heldentums feiern können. «Pumptrack» – nichts für ältere Semester –, Helikopter-Rundflüge, ein Gewerbe-Trail, die Highland Games (Bericht folgt am Dienstag); das war ja nur ein Teil der angebotenen Aktivitäten. Denn natürlich übertrafen sich die Aussteller im Bemühen, den eigenen Auftritt möglichst glanzvoll und publikumswirksam zu gestalten – bis hin zum grossen Zelt.

Marthalen hat an dieser Gewerbeschau mit wahrhaft grosser Kelle angerichtet, man kann hier nicht annähernd alle glitzernden Erscheinungen erwähnen. In den Beizen sowieso, wo sich teilweise Szenen abspielten, als hätte man den ganzen Kanton Zürich inklusive Schaffhausen verpflegen müssen. Armbrustschiessen, Kartoffelgraben, die Energie-Zukunft Marthalens, Old-timer-Taxifahrten, Musik und nochmals Musik und unzählige Gelegenheiten, selbst Hand anzulegen – und zu gewinnen. Wer an dieser Gewerbeschau an den vielen Glücksrädern und Wettbewerben nichts nach Hause gebracht hat, darf sich fortan als geprüfter diplomierter Pechvogel betrachten. Und alles summierte sich zum imposanten Spektakel.

Und zu Schönheit. Denn auch das gehörte zur Originalität, zum überraschenden Effekt: Blumen (Blumen Habitus) in der Betonhöhle (Wipf Bau AG) – eine begeisternde poetische Erfahrung. Wer hätte das gedacht?

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