Vom Volg ins «Hotel» zügeln

Thomas Güntert | 
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Fritz Hänseler, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Rafzerfeld, setzt sich für die Mehlschwalben ein und organisierte den Bau des Schwalbenhotels. Bild: Thomas Güntert

Die Mehlschwalbenkolonie, die an der Fassade des Dorfladens in Rafz brütet, soll in ein Schwalbenhotel umsiedeln. Denn die Vögel sorgen für mehr Kot, als dem Volg lieb ist.

Mehlschwalben sind Koloniebrüter, die ihre Nester aus feuchtem Lehm und Erde aneinanderbauen und im Jahr zweimal brüten können. Die jungen Schwalben schlüpfen nach etwa 15 Tagen aus und sind nach drei bis vier Wochen flügge. Die Kolonie mit den 18 Schwalbenpaaren an der Rafzer Volg-Fassade ist eine der grössten Mehlschwalbenkolonien im ganzen Rafzerfeld. Obwohl sich unter den Nestern Kotbretter befinden, werden Fassade, Schaufenster und insbesondere das Trottoir stark verschmutzt.

Die Volg-Geschäftsleitung beschwert sich zunehmend, dass der Schwalbenkot mit den Schuhen in den Laden gebracht wird, was gegen die Hygieneauflagen verstösst. In der Hoffnung, dass die Schwalben eine neue Kolonie gründen, wurde nun auf einem gegenüberliegenden Gemeindegrundstück im Kreuzungsbereich Märktgass/Dorfstrasse ein Schwalbenhotel aufgestellt.

Platz für 28 Paare

Das Rafzer Schwalbenhotel ist ein Gemeinschaftsprojekt von Naturschutzverein, Gemeinde und Gewerbe. Die Holzkonstruktion wurde vom Holzbaugeschäft Winzeler bereits für die letzte Rafzer Herbstmesse gebaut. Die Spenglerei Wischniewski fertigte das Blechdach an, und das Baugeschäft ­Albrecht sorgte für den geeigneten ­Sockel, damit das pilzförmige Bauwerk standhaft bleibt. Das Schwalbenhotel besteht aus 28 künstlichen Nestern, die auf Schienen angebracht sind, damit man sie mühelos entfernen und reinigen kann. «Ein solches Schwalbenhotel würde rund 10 000 Franken kosten», bemerkte Fritz Hänseler, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Rafzerfeld. Um die ausfliegenden Jungschwalben auf die geeignete Brutgelegenheit in unmittelbarer Nähe aufmerksam zu machen, werden die ruffreudigen Mehlschwalben mit einem Tonbandgezwitscher von BirdLife Zürich animiert, zu ihren angeblichen Artgenossen ins Schwalbenhotel zu ziehen.

Volg-Nester bleiben noch stehen

In zwei bis drei Jahren sollen dann die Nester am Volg-Gebäude entfernt werden, was allerdings zur Brutzeit nicht erlaubt ist. «Die Erfolgsquote liegt aber lediglich bei 50 Prozent», betont Franz Hänseler. Bei einem Misserfolg kann das mobile Schwalbenhotel an einem anderen Ort aufgestellt werden, wo die nützlichen Mehlschwalben nicht im Weg sind.

Das Verbreitungsgebiet der Mehlschwalbe erstreckt sich über den europäischen Raum bis hin nach Afrika und das aussertropische Asien. Der Zugbeginn in unseren Regionen erfolgt in der Regel im September. Eine alte Bauernweisheit besagt: «Um Mariä Geburt (8. September) fliegen die Schwalben furt, bleiben sie noch da, ist der Winter noch nicht nah.» Der beliebte Zugvogel überwintert in Afrika und Asien und kehrt im April/Mai gerne an seinen Geburtsort zurück, wo er dann brütet.

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